von Archiv | 13.04.2007
Komponist, Dirigent
1864-1949
1864
11. Juni: Richard Strauss wird als Sohn des Musikers Franz Strauss und dessen Frau Josephine (geb. Pschorr) in München geboren.
ab 1882
Er studiert einige Semester Philosophie, Kunstgeschichte und Ästhetik an der Münchener Universität.
Erste Kompositionen entstehen.
1885
Herzoglicher Hofkapellmeister in Meiningen.
1886
Strauss wird als dritter Kapellmeister an die Münchner Hofoper berufen.
ab 1889
Hofkapellmeister in Weimar.
Die symphonische Dichtung „Don Juan“ macht ihn zum wichtigsten jungen Komponisten in Deutschland.
1894
Auf einer Reise nach Ägypten komponiert Strauss seine erste Oper „Guntram“ mit eigenem Libretto.
Heirat mit der Sängerin Paulina de Ahna.
Rückkehr nach München als Erster Hofkapellmeister.
1895-1898
Die Vertonungen „Till Eulenspiegel“, „Also sprach Zarathustra“, „Don Quixote“ und „Ein Heldenleben“ entstehen.
Europäische Konzertreisen als Dirigent.
1898
Berufung als Kapellmeister an die Berliner Hofoper.
Strauss organisiert die „Genossenschaft deutscher Tonsetzer“.
1900
Bekanntschaft mit dem österreichischen Dichter Hugo von Hofmannsthal.
1905
Die Uraufführung seines bedeutendsten Bühnenwerkes, der Oper „Salomé“, in Dresden löst einen Skandal aus, da es vom Publikum für zu modern gehalten wird.
ab 1906
In Zusammenarbeit mit Hofmannsthal als Librettisten entstehen zahlreiche Opern.
1908
Generalmusikdirektor in Berlin und Leiter der Konzerte der Hofkapelle.
Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Musikvereins.
1909
25. Januar: Uraufführung der Tragödie „Elektra“.
1911
26. Januar: Uraufführung der Komödie „Der Rosenkavalier“ unter Max Reinhardts Regie in Dresden.
1912
25. Oktober: Uraufführung von „Ariadne auf Naxos“ in Stuttgart. Die Oper ist als gemeinsamer Dank von Komponist und Dichter an Reinhardt gedacht.
1917
Strauss und Hofmannsthal sind mit Reinhardt und Franz Schalk (1863-1931) an der Gründung der Salzburger Festspiele beteiligt.
1919
Strauss wird gemeinsam mit Schalk Direktor der Wiener Staatsoper.
1924
Er überläßt Schalk die Direktion der Wiener Oper und lebt als freischaffender Komponist und Dirigent teils in Wien, teils in Garmisch-Partenkirchen.
1929
Nach dem Tod von Hofmannsthal hat Strauss Schwierigkeiten, einen passenden Textdichter zu finden.
1933
Unter den Nationalsozialisten wird er Präsident der Reichsmusikkammer.
1934
Sein Eintreten für den jüdischen Schriftsteller Stefan Zweig, mit dem er eine Zusammenarbeit plant, bringt ihn in Schwierigkeiten mit den Machthabern. Er tritt von der Präsidentschaft der Reichsmusikkammer zurück.
1934-1945
Strauss ist als Gastdirigent an verschiedenen internationalen Opernbühnen engagiert. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet er in erster Linie als Dirigent in Bayreuth.
1935
Die Komische Oper „Die schweigsame Frau“ mit einem Libretto von Stefan Zweig entsteht.
1945
Nach Ende des Kriegs siedelt er in die Schweiz über.
1949
8. September: Richard Strauss stirbt in Garmisch-Patenkirchen.
Geschrieben von Uwe Roßner
von Archiv | 13.04.2007
„Die Oberläche“ feiert Uraufführung
Wenn alle den Mund öffnen und reden, scheinbar einander zuhören, viel eher Monologe vor sich her sagen, dann ist die Verändigung gestört. Das Gehör funktioniert einwandfrei, doch der Kopf ist nicht in der Lage aus seiner subjektiven Weltsicht herauszutreten und sich im Umgang mit anderen Menschen Mühe zu geben. Das richtige Gespräch will halt gelernt sein. Viel schlimmer aber, wenn verlernt wurde sich an die Vorraussetzungen gelungener Kommunikation zu halten.
Vom Zustand auszugehen, das die Figuren im Stück „Die Oberfläche“ noch nie funktionierende Konversation betrieben ganz zu schweigen. Die Personen, durchnumeriert, weil nicht benannt, stehen symbolisch für die gesamte gesellschaftlichen fehlerhafte Kommunikation. In Zeiten immer neuerer technischer Spielereien der Übermittlung von Gedanken, Interessen und Wünschen stellt der polnische Autor Szymon Wróblewski in seinem Schauspiel eine Familie in den Vordergrund, die aufgrund vom falschen Zuhören, Hineininterpretieren in die Aussagen anderer zu Grunde geht. Vater und Mutter unterbrechen sich regelmäßig. Inhaltlich interessieren sich beide ebenfalls nicht für einander. Die Tochter steht zwischen den Stühlen. Einmal von der Mutter falsch verstanden, fällt sogleich das Beil des Henkers über den Vater. Der Vorwurf lautet Missbrauch der eigenen Tochter. Dem Beobachter ist nicht klar, ob das nicht gesehene, sondern nur von den Figuren ausgesproche wahr ist. Vielleicht fehlt es einem selbst an der Fähigkeit zuhören, besser verstehen zu können. Dies ist durch den Autoren beabsichtigt. Ein Blick in den alltäglichen Spiegel der menschlichen Monologe scheint „Die Oberfläche“ zu sein. Nur das Timing der Darstellenden auf der Bühne lässt sich außerhalb der Bühne nicht finden. Um zu wissen, wann der Einsatz des eigenen Selbstgesprächs trotz Zuhörender beginnt und endet, dazwischengesprochen werden kann, ist nicht einfach auswendig lernbar. Die einzelnen Rollen müssen verkörpert werden. Und sind.
Geschrieben von Björn Buß
von Archiv | 13.04.2007
„Polarkreis 18“ von Polarkreis 18 (Motor)
Das Beeindruckende dieser Musik ist ihre Frische. Ein Bündel aus Klängen treibt den Hörer in genau eine Richtung: vorwärts. Perlende Gitarren, giftige Synthesizerfragmente und entgiftende E-Pianos, melodramatisch ausgeführte Streicherpassagen und brilliante Pop-Rhythmen. Unverwechselbarkeit entsteht jedoch vor allem durch das Phänomen der Polarkreis-18-Stimme Felix Räuber, denn da kommt man ins Rätselraten: Ist’s Mann, Frau, Kind oder einprogrammierte Vokalhysterie?
Das Songwriting und eine teilweise unkonventionelle Spurabmischung machen sich diese große Wandelbarkeit zunutze, setzten freundliche und träumerische Melodien gegen Passagen des emotionalen Ausbruchs. Eine stellenweise kindliche Aggressivität tritt in den Vordergrund, als gäbe es keine Grenze zwischen Unterbewusstsein und Kehlkopf, zwischen Bestürzung und Trotz. Und prompt überdeckt das dichte Netz kluger Arrangements die wieder in Traum gesunkene Stimme – alles muss vorwärts. Die zehn eigenständigen Songs geben erst nach und nach das Geheimnis preis, wo sie zusammengeräubert wurden. Mars Volta, Björk, Radiohead. Alles richtig, alles falsch. Entstanden ist diese Musik in Dresden in den letzten vier Jahren – und deshalb sei es erst am Ende verraten – in einer „Nachwuchsband“ starrsinniger Anfang-20Jähriger, die ihr Ding durchgezogen haben. Das Ding selbst produzierten. Das Ding zu einem Deal machten. Das Konzentrat des Albums lässt befürchten, dass das Ding jetzt ausgequetscht ist. Seine schöpferische Qualität lässt hoffen, dass es vorwärts geht.
Geschrieben von Robert Tremmel
von Archiv | 13.04.2007
„Pocket Symphony“ von AIR (Virgin France)
Voilà! AIR liefern mit ihrem vierten Studioalbum „Pocket Symphony“ die Sinfonie zum Mitnehmen. Nein, hier lauert nicht der Klassik-Pop. Hier lauert überhaupt sehr wenig. Denn die Maître des naiv-romantischen Softporno-Pop, Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel, dirigieren den elektronischen Taktstock ein weiteres Mal über ihr Apperaten-Orchester, das einsetzt, designvollendete und warme Klangräume zu ummauern, die serienmäßig über dem Grundriss eines minimalistischen Klavier- oder Gitarrenmotivs entstehen.
Das war es dann schon – grundöde Architektur des Nobelsounds. Von Sinfonie ist in den zwölf Nummern wenig zu hören. Vielleicht nur drei der Songs geben dem Wettstreit der musikalischen Einfälle Raum zur Entfaltung, wo Ideen das Grundschema erweitern, Zwischenwände eingezogen und Teile des Vorgegebenen abgerissen werden. Ein Titel wie „Left Bank“ liegt der melancholischen Spannung des Vermissens auf der Lauer, wenn männlicher und weiblicher Gesang getrennt und zusammen intonieren. „Waking and Sleeping“, der andere Höhepunkt, setzt die karge Stimme von Gastsänger Neil Hannon (The Divine Comedy) in Kontrast zur satten Klangsynthesewelt. Fast der ganze Rest ist orchestrale Auffüllung, Begleitmusik als belangloser Leitgedanke. Manchmal noch gewitzt, wenn mittels klanglicher Anspielung, wohlbekannte Synthesizersounds und Basslinien der „Moon Safari“ erneut erlegt werden. Lässt aber auch erkennen, dass AIR nur im Zusammentreffen von Klangvollendung und echten Song-Ideen im Ohr bleiben und insofern vielleicht sinfonisch sind.
Geschrieben von Robert Tremmel
von Archiv | 13.04.2007
„Solaris“ von S. Lem (DVA)
Nach längerer Krankheit starb Stamislaw Lem (1921 – 2006) am 27. März in Krakau an Herzversagen. Der Sohn einer polnisch-jüdischen Arztfamilie erwarb dank seiner utopischen Werke auf dem Gebiet der Science-Fiction-Literatur weltweiten Ruhm. Solaris (1961) steht dabei in einer Reihe von Werken dieser literarischen Gattung, die mit „Mensch vom Mars“ 1946 begann und bis hin zu „Fiasko“ (1987) führte. Dennoch ist die Verengung Lems auf einen Genreautor nicht angebracht. Ob als Philosoph oder Essayist begleitete er seine Zeit und die Wissenschaft kritisch. Viele zeitnahe Nachrufe auf den 84-jährigen stellten in Deutschland Solaris als literarisches Erzeugnis seines in 57 Sprachen übersetzten Oeuvres aus. Dessen gleichnamige Verfilmung durch Andrej Tarkowski (1971) und Steven Soderberg (2002) gefielen Lem nicht. Tarkowski zog er noch eher der Hollywood-Produktion mit George Clooney vor.
Innerhalb der Tonträger fehlte bisher eine Hörspielbearbeitung des Entwicklungsromans. Die „Robotermärchen“, die „Sterntagebücher“, „Test“ oder „Die lyphatersche Formel“ lagen bisher vor. Diese Lücken schließt erstmalig der Deutsche Audio Verlag (DAV). In der Produktion des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) trifft die Besatzung der Forschungsstation Solaris auf den rätselhaften Planeten. Fragen nach intelligentem Leben im All, den Grenzen technischen Fortschritts und der zufälligen Existenz des Menschen im Universum leuchten innerhalb von 125 Minuten durch 20 Tracks hindurch auf. Mario Schneiders sphärisch-rhythmischen Klänge rahmen die zielführende Regie Peter Rothins. Auch das Sprecherensemble ist gut ausgesucht. Oliver Stokowski („Der Ermittler“) schlüpft in die Rolle Kelvins, Maria Simon („Luther“) in Hareys Zerstreutheiten und Hans Peter Hallwachs („So weit die Füße tragen“) in die des forschungsfanatischen Satorius. Erstmals erhält der Science-Fiction-Klassiker damit eine stimmgewaltige Fassung und bereichert als Ohrenschmaus auf zwei Silberscheiben.
Geschrieben von Uwe Roßner