(Un)sicherheitsbehörden – Rechtsradikale in der Polizei und ihr Folgen

(Un)sicherheitsbehörden – Rechtsradikale in der Polizei und ihr Folgen

Zu diesem Thema luden vorgestern, am 06.02., der AkJ, LOBBI und das Bündnis ,,Greifswald für alle‘‘ zur Podiumsdiskussion ins St. Spiritus ein. Als Gäste auf dem Podium saßen Gunnar Mächler (leitender Polizeidirektor aus Greifswald), zwei betroffene Menschen aus Rostock und Greifswald und die TAZ-Journalistin Christina Schmidt, welche zu Nordkreuz recherchiert hat. Moderiert wurde die Veranstaltung durch Kristin Zimmermann vom Radio LOHRO.

Nach ein paar kurzen einleitenden Worten von LOBBI fing die Diskussion an. Im Zentrum der Thematik standen dabei aber nicht die Täter*innen und ihr Weg von der Arbeit als Beamt*innen der Exekutive bis zum Teil einer rechtsextremen Terrorgruppe, sondern die Betroffenen.

Zwei Personen erzählten von unterschiedlichen Vorfällen, die sie zum Opfer von rechten Polizist*innen machen. Person A arbeitet im sozialen Bereich und war jahrelang parteipolitisch aktiv in der Kommunalpolitik. Er erfuhr Monate nach dem Bekanntwerden der rechtsterroristischen Nordkreuzgruppe per Schreiben durch das Landeskriminalamt, dass er auf der Liste der Personen steht, die bei einem Zerfall der politischen Ordnung (gemeint ist hiermit das rein subjektive Empfinden der Nordkreuzmitglieder, welche an Verschwörungstheorien wie die des „großen Bevölkerungsaustauschs“ glauben) mit Löschkalk und Leichensäcken beseitigt werden sollten. Person B aus Greifswald wurde durch die Veröffentlichung ihrer bisher unveröffentlichten personenbezogenen Daten durch Rechte in einer Facebook-Gruppe hellhörig. Sie stellte einen Antrag zur Überprüfung ihrer abgefragten Daten und wurde dabei auf dem Namen eines AfD-nahen Polizisten aufmerksam. Dieser Fall geht seit einigen Tagen auch durch die Presse.

Über das Thema Nordkreuz alleine kann man schon ein Buch schreiben, deswegen wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Schilderung verzichtet. Was auch nach der Podiumsdiskussion bleibt ist die Gewissheit, dass der Staat hilflos erscheint im Kampf gegen Rechte innerhalb und außerhalb staatlicher Institutionen. Und es bleibt die Angst der Betroffenen. Derer, die informiert wurden durch das Landeskriminalamt, aber auch von jenen, welche nicht informiert wurden, weil Verantwortliche wie Lorenz Caffier seit Jahren massiv die Gefahr von Rechts unterschätzen und dadurch indirekt Unterstützung leisten, dass sich rechte Strukturen stärken.

Interessant waren auch die teilnehmenden Gäste der Veranstaltung. Neben einigen Polizist*innen, war auch ein Mitglied einer AfD-nahen Studentenverbindung anwesend, welcher auch mit Nikolaus Kramer (ehemaliger Polizist, MdL und Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag) zu Besuch bei der Landtagsfraktion war und natürlich regelmäßig mit den hiesigen rechtsextremen Burschenschaften verkehrt.

Wer mehr zum Thema (Un)sicherheitsbehörden erfahren möchte, dem sei das Buch ,,Extreme Sicherheit – Rechtsradikale in Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz‘‘ von Matthias Meisner ans Herz gelegt.  

Beitragsbild: Flyer LOBBI

We’re not gonna take it – Gemeinsam gegen rechte Gewalt und in Solidarität mit dem Jugendzentrum Klex

We’re not gonna take it – Gemeinsam gegen rechte Gewalt und in Solidarität mit dem Jugendzentrum Klex

Das neue Jahr ist gerade einmal einen Monat alt und schon kam es vermehrt in Greifswald und Umgebung zu rechten Straftaten. Trauriger Höhepunkt in Greifswald war der Molotowanschlag auf das Jugendzentrum Klex währenddessen sich noch Menschen im Haus befanden. Wenige Tage später kam es ebenfalls vorm Klex zu einer ,,volks“-verhetzenden Straftat, bei der ein Mann antisemitische Parolen rief. Daraufhin fand heute eine Solidaritätsdemo statt. Hier ein Bericht.

Gegen 14 Uhr versammelten sich laut Polizeibericht rund 300 Personen auf dem Greifswalder Marktplatz. Anders als bei den Demos für Arndt war hier von kleinen Kindern bis älteren Menschen alles vertreten. Unterschiedliche Menschen verschiedener Initiativen, Politiker*innen, ein Teil des AStAs, Hochschulmitarbeiter*innen, verschiedene andere Gruppen und die Zivilgesellschaft setzten ein Zeichen gegen rechte Gewalt.

In den Reden kam die Angst vor einer Rückkehr der Zuständen der sogenannten #Baseballschlägerjahre (bei Twitter findest du unter dem Hashtag mehrere Beiträge zu dem Thema) zum Ausdruck, aber auch die Zuversicht, dass den Nazis hier vor Ort eine starke solidarische Community etwas entgegengesetzt wird. Von Seiten der Polizei kann man bis auf den üblichen ambivalenten Schutz bei Demos keinen Schutz erwarten. Selbst wenn die Polizei den inneren Drang verspüren würde, Menschen, die vor Nazis zur Zielscheibe erklärt werden, adäquat schützen zu wollen, so fehlt der Polizei dafür das Personal.

Und gerade weil das so ist, kommt es auf die Gesellschaft an. Ja, vielleicht genau auf dich. Denn vielleicht gehörst du ja zu den Personen, die zwar politisch interessiert sind, aber nicht auf Demos gehen. Aber vielleicht braucht es, damit du auf Demos gehst, erst einen Kipppunkt, der dich persönlich betrifft. Vielleicht erkennst du aber auch, dass mit Anschlägen auf Jugendzentren, kulturellen Begegnungsstätten und Menschen, die für eine progressive Gesellschaft kämpfen, nicht alleine sie gemeint sind, sondern wir. Und vielleicht führt dich diese Erkenntnis dazu, dass du bei der nächsten Demo auch mit dabei bist und zusammen mit den anwesenden Menschen sagst ,,We’re not gonna take it!“

Fotos: Ole Kracht

Ravensbrück. Ein Konzentrationslager für Frauen.

Ravensbrück. Ein Konzentrationslager für Frauen.

Wenn du zu einer Mahn- und Gedenkstätte fährst, dann ist das kein gewöhnlicher Wochenendausflug. Du machst es bewusst. Du fährst in dem Bewusstsein, dass nach so einem Tag immer etwas zurückbleibt. Vielleicht bricht ein Teil in dir und vielleicht gewinnst du einen Teil dazu. Wirklich beeinflussen kannst du es nicht. Heute jedenfalls möchte ich dir von meiner Exkursion zur Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück erzählen.

Ravensbrück ist nicht die erste Mahn- und Gedenkstätte, welche ich besuche. Als in der achten Klasse das Thema ,,Nationalsozialismus“ behandelt wurde, fuhren wir zur Gedenkstätte Bergen-Belsen. Wer das Tagebuch von Anne Frank gelesen hat, weiß, dass in diesem Konzentrationslager neben vielen anderen bekannten Häftlingen auch Anne und ihre Schwester Margot Frank inhaftiert waren und ihren Tod fanden. Wer das Tagebuch noch nicht gelesen hat, sollte dies unbedingt tun!

Damals wie heute ist der Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers für mich jedes Mal eine neue Erschütterung. Ja, das Wort ,,Erschütterung“ trifft es sehr gut. Lange habe ich ein passendes Wort gesucht, um dieses Gefühl ausdrücken zu können. Das Wort ,,Schock“ empfand ich als ziemlich unpassend. Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftige ich mich mit dem Thema ,,Nationalsozialismus“, habe unzählige Bücher gelesen, ungefähr jede Doku gesehen und studiere mittlerweile Geschichte. Abgestumpft hat mich das alles nicht. Jede Gedenkstätte ist anders. Jede Gedenkstätte macht diese Verbrechen an der Menschheit fassbarer als jedes Buch und jede Doku.

Letztes Jahr war ich auf Exkursion in Prag. Auch hier besuchten wir eine Gedenkstätte: die Gedenkstätte Theresienstadt. Bergen-Belsen und Theresienstadt könnten nicht unterschiedlicher sein – es ist schwierig zu beschreiben. Wenn ihr die Chance habt, einmal eine Mahn- und Gedenkstätte eines ehemaligen Konzentrationslagers zu besuchen, dann macht es!

Ravensbrück ist nochmal ganz anders als Theresienstadt und Bergen-Belsen. Vieles ist in Ravensbrück nicht mehr erhalten. Zu DDR-Zeiten war nur ein kleiner Teil begehbar. Erst seit ein paar Jahren wird versucht, die Gedenkstätte wieder aufzubereiten. Wirklich gut erhalten sind jedoch die Häuser der Aufseher. Heute befinden sich darin Schlafmöglichkeiten und eine Kantine. Kannst du dir vorstellen da zu schlafen und zu essen, wo bis vor ein paar Jahrzehnten Nazis geschlafen und gegessen haben? In meiner Vorstellung ist das sehr makaber …

Ich hatte das Glück mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Frau Bärbel Schindler-Saefkow dort zu sein. Frau Schindler-Saefkow ist nicht nur Historikerin, sondern auch eine Zeitzeugin. Ihr Vater Anton Saefkow war Kommunist und baute eine große Arbeiterwiderstandsgruppe auf. Er wurde durch die Nationalsozialisten hingerichtet. Ihre Mutter Aenne Saefkow war ab 1944 in Ravensbrück interveniert. Die Schilderungen von Frau Schindler-Saefkow stammen also aus erster Hand. Ich kann es schlecht anders beschreiben, aber eine Führung mit Zeitzeugen ist immer etwas ganz Besonderes. Du kannst dir sicherlich vorstellen, was ich damit sagen will.

Skulptur ,,Tragende“ von Willi Lammert (Bildquelle: Ada Berg)

Diese Skulptur steht auf einem hohen Sockel und ragt über dem Schwedtsee auf. Auch die Menschen im Konzentrationslager konnten über den Schwedtsee Fürstenberg erblicken – die Kleinstadt, die direkt an das Konzentrationslager angrenzt. Die Bewohner*innen von Fürstenberg haben die Menschen auf dem Weg zu Arbeitseinsätzen durch die Stadt gehen sehen. In Schilderungen berichten die Bewohner*innen, dass sie von ,,nichts gewusst hätten“ … Interessant an der Skulptur ist die Geschichte dahinter. Bei einer Art ,,Appell“ mussten die Frauen lange stehen und verharren. Dies zerrte natürlich an den Kräften der Frauen, sodass sie nicht selten aus Erschöpfung zusammenbrachen. Das Zusammenbrechen war das sichere Todesurteil. Eine Frau jedoch zeigte Solidarität und trug die entkräftete Frau auf Händen. Aber es half nichts. Am Ende wurden beide Frauen getötet.

(Bildquelle: Ada Berg)

Stufen ragen in den Schwedtsee hinein. Auch in Ravensbrück wurden Menschen vergast. Da die Nazis nicht wussten wohin mit der Menge an Asche, wurde sie in den Schwedtsee gekippt. Um dem zu gedenken, legten wir Blumen auf die Wasseroberfläche nieder während Schwäne ihre Kreise zogen.

(Bildquelle: Ada Berg)

Unter einem großen Rosenbeet liegen weitere unzählige Frauen und Kinder in Asche begraben. Jedes einzelne Land, aus dem die getöteten Menschen stammten, züchtete eine eigene Art von Rose, um sie in Ravensbrück zu pflanzen. Nur in Ravensbrück gibt es diese speziellen Rosen. An der dahinterliegenden Mauer stehen in einzelnen Abschnitten die Namen der über 40 Länder. Ungefähr 28.000 Menschen wurden in Ravensbrück ermordet.

Da wir wieder in düsteren Zeiten leben, verzeihe mir folgende Abschlussbemerkung: Ja, Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht, dennoch ist ein erneuter Holocaust möglich. Wer daran nicht glaubt, vergisst die alltäglichen Unmenschlichkeiten auf der Welt. Siehe nicht weg! Siehe hin und sage entschlossen: ,,Nein!“.

Beitragsbild: Ada Berg