Rathaus_Aussenansicht_November-Simon Voigt

Die Jugendförderung kann aufatmen: Während mit 35 Ja-Stimmen bei vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen der Haushalt 2014 beschlossen wurde, sind darin auch unverändert 200.000 Euro dafür enthalten. Damit können Jugendhäuser wie das Klex fortgeführt werden. Insgesamt umfasst der Haushalt ein Gesamtvolumen von 107,9 Millionen Euro, allerdings bei einem Defizit von 7,2 Millionen Euro. Auch die Mitarbeiter der städtischen Kitas können sich freuen. Für die Kitas favorisierte die Bürgerschaft einen Eigenbetrieb.

Empfang von Protesten

Vor dem Rathauseingang wurden die Bürgerschaftsmitglieder von lautstarken Protesten und Pfeifen empfangen. Eltern und Mitarbeiter demonstrierten gegen eine Abgabe der Kindertagesstätten in freie Trägerschaft und für den Verbleib bei der Stadt. Bereits vor zwei Wochen gab es bei der Sitzung des Finanzausschusses Proteste, um die Zuschüsse für die Jugendarbeit beizubehalten, wofür sich der Ausschuss auch aussprach. Dafür wurden in der Bürgerschaftssitzung auch 100 Briefe von Schülern an die Verwaltung übergeben, in denen der Erhalt der Schulsozialarbeiter gefordert wird. Diese Themen bewegten die Menschen. Entsprechend waren nicht nur alle Zuschauerplätze besetzt, sondern die Betroffenen standen auch in den Gängen und im Rathausfoyer.

Überraschender Millionen-Überschuss

Gute Nachrichten: Das Klex kann seinen Betrieb fortsetzen.

Gute Nachrichten: Das Klex kann seinen Betrieb fortsetzen.

Von einem wahrscheinlichen Haushaltsüberschuss für 2013 von drei Millionen Euro sprach Kämmerer Dietger Wille, während er im Gespräch mit dem webMoritz noch von einer schwarzen Null ausging und der verabschiedete Haushalt 2013 noch ein Defizit von 6,6 Millionen Euro vorsah. Diese zusätzlichen Einnahmen, welche die Bürgerschaft überraschte, reduzieren den künftigen Konsolidierungsbedarf. Dadurch können auch weiterhin 200.000 Euro unverändert für Jugend- und Schulsozialarbeit geleistet werden. Die Schulsozialarbeiter können ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen, beispielsweise Jugendhäuser wie das Klex oder das Labyrinth.

Weniger Geld für Stadtbibliothek und St. Spiritus

Das mit verabschiedete Haushaltssicherungskonzept (HSK) sieht allerdings auch Kürzungen vor. So muss die Stadtbibliothek jährlich auf 25.000 Euro und das St. Spiritus auf 10.000 bis 20.000 Euro verzichten. Dagegen gibt es mehr Mittel für den Kultur- und Sozialpass. An der Kreuzung Stralsunder Straße/Ladebower Chaussee entsteht ein Kreisverkehr. Das HSK wurde nicht voll ausgeschöpft. Daher sieht Wille noch Einsparpotential, wenn sich die Einnahmen verschlechtern. Vor der Abstimmung nannte Oberbürgermeister Dr. Arthur König (CDU) den Haushaltsentwurf einen „Haushalt der finanzpolitischen Vernunft“. Er kritisierte, dass die Kreisumlage, Zahlungen der Kommunen an den Landkreis, immer höher werde. Hingegen lobte er den Investitionsumfang von 18,5 Millionen Euro.

Theaterkürzungen abgewendet

Vor anderthalb Wochen haben sich die Fraktionen auf einen Kompromiss zum Haushalt verständigt. Ursprünglich wollte die CDU noch die Zuschüsse für die Jugend- und Sozialarbeit streichen, nahm davon mit dem Kompromiss aber Abstand, wie CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Hochschild äußerte. Er hob ferner hervor, dass es keine Steuererhöhungen gebe. Laut SPD-Fraktionschef Andreas Kerath passe der Haushalt in die Zeit. Er kritisierte den Landkreis, da diesem der Flughafen Heringsdorf wichtiger sei als die Jugendhilfe. Der Kreis zahlt 5,11 Euro pro Jugendlichen statt ursprünglich 12,50 Euro. Aus der Linke-Fraktion kamen die Gegenstimmen und Enthaltungen gegen den Haushalt, weil es Kürzungen im Sozialbereich gibt. Peter Multhauf (Linke) vermisste auch Steuererhöhungen. Ein FDP-Antrag, dem Theater 68.000 Euro zu streichen, scheiterte kläglich, nachdem Sozialsenator Ulf Dembski vor dem „Tod der Stadthalle“ warnte.

Für die vielen Jugendlichen und Mitarbeiter der städtischen Kitas reichten die Zuschauerplätze nicht aus, sodass sie auch in den Gängen und im Rathausfoyer standen.

Für die vielen Jugendlichen und Mitarbeiter der städtischen Kitas reichten die Zuschauerplätze nicht aus, sodass sie auch in den Gängen und im Rathausfoyer standen.

 

Bürgerschaft favorisiert Eigenbetrieb für städtische Kitas

Bei den städtischen Kindertagesstätten ergab sich 2012 ein Fehlbetrag von 867.000 Euro, anstatt der geplanten 210.000 Euro. Dadurch geriet Sozialsenator Dembski im Sommer 2013 unter Druck. Sparmaßnahmen mussten her, weil die Kosten der städtischen Kitas über denen der freien Kita-Träger liegen. Der Grund liegt auch in der unterschiedlichen Bezahlung. So erhalten die Mitarbeiter der städtischen Kitas ein höheres Gehalt als bei den freien Trägern, teilweise bedingt durch ein höheres Alter (je älter, desto höher der Lohn) und den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), den freie Träger nicht unbedingt anwenden. Um die Personalkosten zu reduzieren als auch den Haushalt zu konsolidieren, wollte die Stadt-Spitze die kommunalen Kitas in die freie Trägerschaft abgeben. Die Mitarbeiter, die auch bei der Bürgerschaftssitzung protestierten, fürchteten daher eine Verschlechterung ihrer Bezahlung und Arbeitsbedingungen.

„Ermöglichen Sie den Mitarbeitern die Gründung eines Eigenbetriebes und damit die Absicherung der Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst!“, forderte Birgit Wanke (Personalratsvorsitzende der städtischen Kita-Mitarbeiter) die Bürgerschaft auf. Sie freute sich daher auch über den interfraktionellen Antrag von SPD, Linke, Grünen und FDP, der mit 26 Ja-Stimmen und 16 Gegenstimmen von der Bürgerschaft beschlossen wurde. Zwar wird danach der Regiebetrieb von Kitas und Horten aufgelöst, aber ein Besitzunternehmen soll in Eigenregie die Einrichtungen führen. Streit gab es auch über die Rechtsform des Besitzunternehmens, wobei eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Anstalt öffentlichen Rechts möglich wären. Darüber wurde noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Jedoch sieht der Bürgerschaftsbeschluss einen Verbleib im TVöD vor. Dies sei Grundbedingung, beruhigte Linke-Fraktionsvorsitzender Gerhard Bartels wie auch Professor Frank Hardtke (fraktionslos), auch wenn es zu einer anderen Rechtsform als dem Eigenbetrieb komme.

Tarifvertrag für Mitarbeiter bleibt erhalten

Zu Beginn der Diskussion sprach Dembski schon von einer emotionalen Debatte im Laufe des Jahres, sah aber auch keine Mehrheit mehr für seinen Vorschlag einer Ausgliederung. Dembski sprach sich auch für einen Verkauf einiger Kitas ohne Personalübergang aus. So lautete auch ein Antrag der Bürgerliste Greifswald, der bei 16 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt wurde. Die Bürgerliste sprach sich übrigens für eine gemeinnützige GmbH aus. Diese sorge für mehr Transparenz , da das Defizit 2012 erst später aufgedeckt wurde. Applaus bekam Kerath (SPD) von den Mitarbeitern hingegen für seine Forderung gegen eine Ausgliederung an freie Träger. Im beschlossenen Haushalt und Haushaltssicherungskonzept sind für 2014 keine Einsparungen im Kita-Bereich vorgesehen, in den Folgejahren aber durch eine Änderung der Rechtsform von insgesamt 1,2 Millionen Euro für die Jahre 2015 bis 2017. Ob es daran noch Änderungen geben wird, ist offen. Die Bürgerschaft muss nächstes Jahr über die Rechtsform des Besitzunternehmens entscheiden.

Fotos: Simon Voigt (Archiv), David Vössing (Klex Archiv)