Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Greifswald und die Gruppe „Ernst in Bewegung“ luden am heutigen Dienstag, den 10. Dezember, eigentlich nur zu einem gemütlichen Laternenumzug vom Rubenowplatz zur SPD-Geschäftsstelle am Mühlentor ein. Doch die geschätzten 500 Teilnehmer, die auch größtenteils der Mobilisierung von „Ernst“ zu verdanken waren, entschieden sich spontan nach offizieller Beendigung der Demonstration dazu, die Europakreuzung zu sperren.
Um 16 Uhr trafen sich die Teilnehmer am vorher von „Ernst“ eingenähten Rubenowdenkmal, wo der AStA fleißig Lampions verteilte. Dort sprachen erst die AStA-Vorsitzende Johanna Ehlers und dann der Kanzler der Universität Dr. Wolfgang Flieger. Johanna wies noch einmal eindringlich auf die Risiken einer nicht ausfinanzierten Universität hin. Flieger bedankte sich bei den Studenten für ihr „kreatives Engagement“ und zeigte sich nicht gerade optimistisch bezüglich der morgigen Landtagssitzung in Schwerin, auf der der Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre beschlossen werden soll. Er erklärte aber auch, dass die Entscheidung morgen noch nicht das Ende sei und er auf weitere studentische Aktionen hoffe.
Nachdem Benjamin Schwarz, AStA-Referent für Hochschulpolitik, die Demonstration als beendet erklärte, stürmte die Menge die Europakreuzung und blockierte diese für circa 15 Minuten. Während des Marsches über den Wall zum Mühlentor wurden Zettel an die Demonstranten verteilt, auf denen dazu aufgefordert wurde. Auf der Kreuzung skandierten sie „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut.“ Die anwesende Polizei sprach mehrere Platzverweise gegen die Menge und einen gegen den Präsident des Studierendenparlamentes Milos Rodatos persönlich aus. Diesen sahen ihn als verantwortlich für die Blockade und drohten mit einer Strafanzeige. Der AStA und Milos distanzierten sich gegenüber dem webMoritz von der Sperrung der Europakreuzung. Diese habe erst nach dem Ende der Demonstration begonnen.
„Ernst in Bewegung“ hatte schon am Montag auf sich aufmerksam gemacht, in dem sie die Institute mit Absperrband versehen hatten und ein Netz aus Wollfäden vom Rubenowdenkmal aus gesponnen hatten. Die neugegründete Gruppe traf sich letzten Mittwoch erstmals auf der Sitzung der Arbeitsgruppe Demonstration, bei dem verschiedene Vertreter der studentischen Kulturträger anwesend waren. Die Gruppe konnte mehr Studenten dazu bewegen, an Aktionen teilzunehmen, als es der AStA in der letzten Zeit vermocht hatte.
Fotos: Simon Voigt, ju ju via Flickr (Zettel am Wollfaden)
Euch ist schon klar, dass hier genüsslich etwas beschrieben wird, dass sich zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat bewegt und eine ernsthafte persönliche Gefährdung der Beteiligten darstellt. Insbesondere da man mit vorheriger Anmeldung diese Aktionsform auch legal und ohne Gefährdungspotenzial durchführen hätte können?
Ob die Darstellung nun wirklich genüsslich ist, sei dahingestellt. Auch wenn davon nichts im Artikel steht, haben wir uns um eine Einschätzung der Polizei bemüht, allerdings war man dort entweder schon im Feierabend oder hatte "jetzt echt wichtigeres zu tun, als sich mit dieser Frage zu beschäftigen."
" die Demonstration als beendet erklärte, stürmte die Menge die Europakreuzung und blockierte diese für circa 15 Minuten." – Wo liest Du hier eine "genüssliche Beschreibung" heraus? Das Wort "Stürmen" ist zwar vielleicht symbolhaft überspitzt, allerdings lockert es den Text auf und macht ihn interessanter. Schließlich verfasst der webMoritz keine Rechtsakten und Polizeiberichte (btw. selbst PMs der Polizei sind bisweilen sehr unterhaltsam geschrieben, wenn es sich beispielsweise um eine in die Müritz entlaufene Kuh handelt.).
Und: Hätte Deiner Meinung nach noch ein dicker Kommentar darunter gemusst, warum die Besetzung der Europakreuzung überhaupt nicht in Ordnung ist?!
Eine solche Aktion – Besetzung der Europakreuzung – kannst Du nicht anmelden, weil Du für eine Totalsperrung keine behördliche Genehmigung bekommen würdest. Und dass man damit eine Ordnungswidrigkeit begeht, ist bei dieser Aktion einfach das Risiko, das eingegangen wird. War bei dem Flashmob vor ein paar Jahren auch so; zum Bildungsstreik (Aktion Bildungsstau).
Zunächst mal würde ich in Frage stellen, ob die Besetzung, zumal kurzzeitig, nicht in Ordnung ist. Christoph behauptet ja nur, es sei eine Aktion zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat. Letzteres ist jedenfalls reichlich weit her geholt :).
Ich finde der kleine Haufen fiel gar nicht auf, auf der Kreuzung. Und als Protestform geht das für mich auch klar. Sogar die Cops waren ziemlich entspannt. Trotzdem ist es ein Eingriff, der gar nicht mal so ungefährlich ist.
§ 315b
Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr
(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er
1.Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.Hindernisse bereitet oder
3.einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ich habe meine Zweifel, dass (1) Punkt 2 so ausgelegt wird.
Vermutlich werden aber eh andere Reche (Rechtsgüter?) höher gehängt, wie du es ja auch bereits durchblicken lässt.
Wenn alle "Fußgänger" gemeinsam die Kreuzung queren wollten, scheidet sogar §315b aus. Und das wollten sie ja, hat aufgrund ungeklärter Ursachen nur etwas länger gedauert.
In meinen Augen ist die Besetzung ein legitimes Mittel im Bereich dessen, was als "ziviler Ungehorsam" bezeichnet wird. Und wenn man hierbei an andere Aktionen des zivilen Ungehorsams denkt, ist diese völlig harmlos.
Ganz ehrlich. Was sind schon 70 gestrichene Jobs an der Uni, wenn dort 3000 Menschen arbeiten. Insbesondere die Verwaltung sollte verschlankt werden, so wie es auch in der Wirtschaft Alltag ist. Auch eine Uni muss sich den wirtschaftlichen Anforderungen stellen und wenn das Land ihr "Geldgeber" ist, muss man diese Entscheidung akzeptieren.
Viel mehr ist man an der Uni zu sehr verwöhnt worden.
Diese Meinung wirst du sicherlich überdenken, sobald sich das erste Seminar das du für eine in deiner Studienplanung dringend anstehende Leistung brauchst sich in das nächste Semester verschlankt hat und selbst dann noch zu wenig Plätze angeboten werden können.
Es geht hier nicht um die Verschlankung des Verwaltungsapparates, sondern um den akademischen Mittelbau. Zahlreiche PostDocs auf befristeten Stellen, gegängelt vom Hochschulrahmengesetz machen neben der Forschung Praktika und Vorlesungen. Genau hier sollen die ohnehin schon schlechten Bedingungen weiter verschlechtert werden. Kein Personal, kein Praktikum, kein Schein. So wird das aussehen.
Ich würde am besten beim Prüfungsamt kürzen. Braucht doch sowieso keiner; das verbliebene Personal kann ja Überstunden machen! Am Besten sollte deren Arbeitszeit auf 45 Stunden hochgesetzt werden, damit sie nicht zu viele Überstunden machen müssen.
Beim Bafög-Amt kann auch weggekürzt werden, die paar Studierenden, die darauf angewiesen sind, können schließlich auch mal warten, wir sind ja kein Sozialamt!
Wir sind an der Uni alle viel zu sehr verwöhnt worden.
… Nee mal ehrlich, wenn mir so nen Marzipangebäck vorgelegt wird – und ich liebe eigentlich Marzipangebäck – dann möchte ich bereits kotzen, bevor es mir überhaupt vor die Nase gesetzt worden ist!
Richtig bemerkt wurde bereits, dass es ja vor allem Leute aus Forschung und Lehre trifft.
Ich sehe hier einen Lehrstuhl, der künftig 25% weniger Personal hat. Das bedeutet z.B., dass die Betreuung von Abschlussarbeiten sich auf die verbliebenen 75% aufteilt. Die Zahl der Abschlussarbeiten bleibt konstant. Wie soll das funktionieren?
a) einfach mehr arbeiten…unbezahlt und so
b) einfach die Qualität der Betreuung herabsetzen
c) weniger andere Dinge machen, z.B. Drittmittel einwerben.
Ich glaube, weil a nicht mehr geht (Belastungsgrenze) und b herzlos ist, wird c passieren und das ist letztlich ein Schuss ins Knie :).