knäckebröd-TitelbildDas könnte Ilse Aigner sicher auch gern: Immer wenn es brenzlig wird, reibt sich der kleine Wickie an seiner Nase – schon hat er eine pfiffige Lösung. Ein bisschen Pferdefleisch im Essen hätte ihn aber im Gegensatz zur deutschen Verbraucherschutzministerin kaum gestört. Doch auch für die meisten Schweden ist der Genuss von Pferdefleisch heute ein Tabu.

Das wiederum hat man Wickies Vater Halvar und seinen starken Männern zu verdanken. Keineswegs waren sie so friedlich, wie es uns das öffentlich-rechtliche Fernsehen vermitteln möchte. Ihre Götter Odin, Frey und Thor versuchten sie mit blutrünstigen Opferfesten milde zu stimmen. Alle neun Jahre kamen deshalb die Stämme Schwedens in „Gamla Uppsala“ (Alt-Uppsala) zusammen, um von neun lebenden Arten je ein männliches Exemplar zu opfern. So zumindest beschreibt es die Chronik des Bischofs Adam von Bremen anno 1070.

Wickie – hat er sein Pferd „zum Fressen gern“?

Wickie – hat er sein Pferd „zum Fressen gern“?

Im heiligen Hain baumelten dann die Köpfe der Opfer im Wind, während in einem rauschenden Fest deren Fleisch verspeist wurde. Odin höchstpersönlich hatte es so vorgemacht, als er sich am „Weltenbaum“ zugunsten der Menschen erhängte hatte –  nordgermanische Mythologie nennt man das heute.

Freudig geopfert wurde aber auch zu kleineren Anlässen. Besonders beliebt dafür: das Pferd. Von den Wikingern ob seiner Stärke und Vielseitigkeit in Ehren gehalten, konnte ein stolzer Gaul wohl auch eher mal die Götter umstimmen als ein mickriger Hase. Wenn es Seuchen oder Niederlagen abzuwehren galt, musste übrigens auch mancher Wikingerkönig den Kopf hinhalten. Wie dem auch sei, irgendwo in dem ganzen Spektakel wäre dann sicherlich der kleine Wickie unterwegs gewesen und hätte sein Pferdesteak genossen. Verfilmt ist diese Szene bisher freilich nicht.

Im 12. Jahrhundert machte die Christianisierung den blutigen Ritualen bald den Garaus. Schon 732 hatte Papst Gregor III. ein Verbot für Pferdefleisch erlassen, um die germanischen Riten endgültig zu unterdrücken. In Schweden kam das etwas später an, hat sich dafür aber als Norm bis heute gehalten.

Gamla Uppsala

Grabhügel mit nebulöser Vergangenheit in „Gamla Uppsala“.

Auch Gamla Uppsala gibt es übrigens noch. Stattliche Hügelgräber aus dem achten Jahrhundert zeugen vom einstigen kulturellen und politischen Zentrum Mittelschwedens. Nachdem dort allerdings ein erster Dom abgebrannt war, verlegte man den Neubau ein paar Kilometer weiter zum Fluss, das heutige Uppsala entstand.

Während nun also halb Europa weiter Tiefkühllasagnen seziert, rettet Wickie ungestört seine bunte Welt mit Sterne sprühenden Ideen. Wer sich den Helden seiner KiKa-Kindheit aber lieber ohne Pferdesteak vorstellen möchte, sei entwarnt: ein richtig echter Wikinger ist Wickie sowieso nicht – diese nämlich hatten keine Hörner an ihren Helmen.

 

Fotos/ Grafik: Anton Walsch; Wickie: YouTube-Screenshot (User: Kinderkino) ohne CC-Lizenz

knäcke1Diese Kolumne ist Teil der Reihe “Biss ins knäckebröd”. Weil jeder ein bisschen Schweden abbekommen sollte, schreibt Anton seit dem 28. Januar jeden Montag über sein Auslandssemester an der Universität Uppsala. Hier kommst du zu den bisher erschienen Kolumnen.