Ein Kommentar

Es kommt ja immer darauf an, wie man’s verpackt: Wer sagt, dass die Wahlbeteiligung um fünf Prozentpunkte gestiegen ist, löst damit keine Jubelstürme aus. Wer indes sagt, dass sie um rund 50 Prozent stieg, dürfte ein anderes Echo erzeugen. Doch beides stimmt und zusammen zeigt beides auch das Dilemma dieser Wahlen: Ja, dieses Jahr gingen deutlich mehr Kommilitonen zur Wahl. Aber eine Trendwende ist das trotzdem nicht. Knapp 15 Prozent sind einfach zu wenig.

Einen Vorwurf machen muss man den Nichtwählern aber höchstens moralisch. Wer aber allein deswegen das Nichtwählen verurteilt, macht es sich zu leicht. Dass die Demokratie in Sachen Gremienwahlen auf dem absteigenden Ast ist, lag nicht an den Wählern, sondern an den Kandidaten. Denn inhaltlich gab es gute Gründe, zu Hause zu bleiben. Um nicht zu sagen: Die Wahlen waren überflüssig. Wenn 27 Mandate an 32 Kandidaten zu vergeben sind, ist das per se eher langweilig. Dass die Forderungen der Kandidaten kaum voneinander abwichen, verstärkt diesen Eindruck noch. Hinzu kommt die absehbar hohe Fluktuation im StuPa, weshalb der Verfasser die Prognose wagt: Spätestens im Sommer zieht auch der Letztplatzierte, Timo Neder, ins Parlament ein. Man hätte es also auch gleich lassen können.

Und sonst? Von statistischer Seite hat der webMoritz das Wahlergebnis bereits beleuchtet. Bezeichnend für die Sinnlosigkeit der Wahlen sind die beiden Erstplatzierten: Jasmin Dinter glänzte mit einer knappen, aber gleichsam inhaltsleeren Wahlbewerbung. Daraus auch nur einen einzigen inhaltlichen Schwerpunkt abzuleiten (was offenbar immerhin 539 Wählern gelang), fällt schwer. Noch kurioser ist die Zweitplatzierte Henrike Förster: Sie nannte Ziele, stahl sich dann aber aus der Verantwortung, weil sie auch ein Senatsmandat errang (sogar als Gesamtsiegerin) und sich nun auf dieses konzentrieren will. Das klingt nach einem hehren Vorhaben und ist doch trotzdem verwerflich: Gerade in der Doppelfunktion hätte sie beiden Gremien nutzen können. (Dem StuPa gehört sie als Senatorin ohnehin an – wenn auch jetzt ohne Stimmberechtigung.) Bleibt festzuhalten: Beides keine Glanzlichter!

Etwas flach: Die Wahlbewerbung war eher infantil als geistreich.

So spiegeln die Wahlen insgesamt eine eher traurige Bestandsaufnahme der studentischen Hochschulpolitik an der Uni Greifswald wider. Es mangelt an Personen, es mangelt an Kontroversen und es mangelt offensichtlich an Selbstbewusstsein: Niemand hat in den vergangenen Wochen versucht, die Notwendigkeit der Wahlen über Stellenwert und Berechtigung der Greifswalder Hochschulpolitik zu legitimeren – von ein paar polemischen Plattitüden nach der Wahl mal abgesehen. Nötig wäre, dass die Gremienvertreter aufzeigen können, was sie im letzten Jahr geleistet haben. Doch da ist wenig, was in Erinnerung bleibt. So wirkt das Ganze wie der kontinuierliche Abdrift in die Bedeutungslosikgeit.

Wenn es den Gremien der verfassten Studierendenschaft also gelingen soll, sich selbst am Leben zu erhalten, bedarf es neuer Ideen, um die Aufmerksamkeit der Studierenden zu gewinnen. Es bedarf kontroverser und zugespitzter Diskussionen – die Themen liegen auf dem Tisch: Die Zukunft dieser Universität dürfte wohl das größte sein. Gerade hier muss es gelingen, dass alle an einem Strang ziehen und trotzdem vorher kritisch diskutieren, welcher Weg der beste ist. So einfältig das klingen mag: Ohne Kontroverse keine Aufmerksamkeit, ohne Aufmerksamkeit kein Zulauf.

Bleibt zu hoffen, dass den Neuen im Parlament (es sind nicht wenige) hier eine Neuausrichtung gelingt. Auch die studentischen Medien werden sich stärker einbringen müssen: Auch dort müssten die sachlichen Debatten ein bisschen kontroverser geführt werden und nicht nur jene um Befindlichkeiten der Gremienvertreter. Ansonsten wird ausgerechnet der destruktive Vorschlag Eric Makswitats (Jusos), den ganzen studentischen Selbstverwaltungskrempel abzuschaffen, schneller als gedacht zur bitteren Realität.

Bilder: User „sebastian2“ via Jugendofotos.de (Wahlzettel), AStA (Pac-Man-Grafik)