Ein Beitrag von Lena Küting

Eine Mischung aus begeistertem und höflichem Applaus von einem in Abendkostümierung geworfenen Publikum. So klingt es also, wenn der Förderpreis „Für Verdienste um die deutsch-polnische Zusammenarbeit“ verliehen wird und die Stadtkasse Vorpommern damit zeigt, dass sie sich „für ihre Region engagiert“. Die zwölfte Ausgabe ging dieses Jahr am 22. November zum ersten Mal an zwei Personen. Nämlich Joanna Judkowiak, Doktorandin am Germanischen Institut der Universität Szczecin, und Philipp Dreesen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Greifswald.

Aber bis die Zwei überhaupt den Preis in Empfang nehmen durften, mussten sie ein steifes Programm über sich ergehen lassen, bei dem sich nicht nur Professor Rainer Westermann, der Rektor der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, zu Wort meldete. Auch Uwe Seinwill, der Vorsitzende des Vorstandes der Sparkasse Vorpommern ließ es sich nicht nehmen, ein Begrüßungswort zu sprechen und seinen Sinn für Humor in der Anekdote zum Ausdruck zu bringen: Er werde sich erst nach dem Vortrag der beiden zukünftigen Preisträger entschließen, ob die Beiden den Förderpreis überhaupt ausgehändigt bekämen.

Obwohl sich seine Nachredner teilweise auf diesen Punkt bezogen und ihn somit zum „Witz des Abends“ machten, war das vorherrschende Thema doch die Entwicklung des polenmARkTs und weniger die eigentliche Arbeit von Dreesen und Judkowiak. Deren „Verdienst“ war nämlich ein dreißigseitiger Aufsatz über die Inhalte von polnischen und deutschen Schulbüchern in Hinblick auf die gemeinsame Geschichte. In der Vorstellung ihrer Arbeit, die den Höhepunkt der Veranstaltung darstellte, nannten sie diese Divergenz „Die Ordnung des Wissens über die Nachbarn.“ oder „Was wissen polnische und deutsche Schüler nach der Schullektüre?“.

„Es gibt noch immer Kommunikationsprobleme“

Der Vortrag von Joanna Judkowiak und Philipp Dreesen

Der Vortrag von Joanna Judkowiak und Philipp Dreesen

„Es gibt noch immer Kommunikationsprobleme und daraus resultierende Missverständnisse“, so Dreesen. Als Beispiel für diese Feststellung nennt er den Bau der Ostsee-Pipeline, von der sich Polen als Staat zwischen Russland und Deutschland übergangen fühlte. Ebenfalls nannte er Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), die mit ihren Äußerungen in Polen bis heute deutlich populärer wurde, als sie es in Deutschland ist. „Schulbücher sind die Basis für kanonisches Wissen“, erzählte Dreesen weiter. Darum wäre es auffällig, dass in den deutschen Schulbüchern nur ein größeres deutsch-polnisches Thema aufgezeigt würde, der Kniefall Willy Brandts, der hingegen in den polnischen Büchern kaum Aufmerksamkeit bekäme. Diese hätten jedoch einen größeren Schwerpunkt auf deutsch-polnische Geschichte gelegt. Was sich allein daran zeige, dass diese über mehr als fünfmal so viele grafische Darstellungen deutsch-polnischer Geschichte verfügten als ihr deutsches Pendant. „In deutschen Schulbüchern ist Polen eigentlich immer passiv. Es wird mit ihm etwas getan. Es reagiert, wenn überhaupt, eigentlich nur auf Deutschland.“, meinte Dreesen.  Nach ihrem Vortrag verwiesen sie auf die deutsch-polnische Schulbuchkommission, die 1972 gegründet wurde. Diese arbeite daran, dass „deutsch polnische Verhältnis besser zu verstehen“. Ein Wunsch, den auch Judkowiak und Dreesen teilen. Ihr Engagement wurde am Ende mit dem Förderpreis belohnt.

 

 

 

Fotos: Raphael Scheibler