Im letzten Jahr wurde überlagert vom Streit um die Lehrerbildung auch über ein neues Landeshochschulgesetz verhandelt und dieses zum Jahresende beschlossen. Im fertigen Gesetz finden sich auch Forderungen von Studierenden wieder.

Im letzten Mai rief der moritz euch an dieser Stelle auf, für eine studienfreundliche Ausgestaltung des neuen Landeshochschulgesetzes (LHG) Mecklenburg-Vorpommerns zu demonstrieren. Auch wenn es im letzten Jahr nur eine Demonstration für den Erhalt des Lehramts gab, so hat diese wohl ausreichende Erinnerungen an den Bildungsstreik 2009 hervorgerufen. Die Mitte Dezember beschlossene Änderung des LHG ist für die Studierenden insgesamt erfreulich. Mathias Brodkorb, Sprecher für Hochschulpolitik der SPD-Landtagsfraktion , äußerte sich sehr positiv über die Rolle der Greifswalder Studierendenschaft im Gesetzgebungsverfahren: „Übrigens dürfen sich die Greifswalder Studierenden einen deutlichen Teil des Erfolgs auch selbst anrechnen. Erik von Malottki (Präsident des Studierendenparlamtes) hat gerade in der Bologna-Debatte mit viel Geschick und klugen Argumenten großen Einfluss auf die Gesetzesformulierungen genommen.“

Eine der Hauptforderungen der Proteste in den letzten Jahren war es den Master als Regelstudienabschluss einzurichten. Das steht zwar nicht im neuen LHG, aber drei der Änderungen gehen in diese Richtung. So freut es den hochschulpolitischen Referenten des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Franz Küntzel besonders, dass die „Masterhürde“ im neuen LHG ausdrücklich verboten ist. Als Hürde wurde die pauschale Mindestnote von 2,5 für die Aufnahme eines Masterstudiums gekennnzeichnet. Angesichts schwach besuchter Masterstudiengängen und 86 Prozent der Bachelorabsolventen, die eine Abschlussnote von 2,5 oder besser erreichten, ist eine andere Änderung in der Praxis wohl deutlich wichtiger.

Künftig können Bachelorabsolventen bis zum Ende des Semesters, in dem sie ihren Abschluss erwerben, an den Hochschulen immatrikuliert bleiben. Bisher erfolgte mit der Ausgabe des Zeugnisses automatisch die Exmatrikulation. Der so erzielte lückenfreie Übergang zum Masterstudium mag unwichtig klingen, hat aber massive Vorteile. Insbesondere die Krankenversicherung ist für Studierende viel billiger als für die restliche Bevölkerung, lästiges Wechseln des Versichertenstatus fällt weg. Auch bleibt der für die Rentenversicherung wichtige Gang zur ARGE (ehemals Arbeitsamt) erspart. Ebenfalls für den problemlosen Übergang soll die Regelung sorgen, dass man sich künftig vorläufig in (zulassungsfreie) Masterstudiengänge einschreiben kann, wenn man kurz vor dem Bachelorabschluss steht. Die Umsetzung der letzten Regelung hängt allerdings von jeder einzelnen Hochschule ab, die sich dieser Richtlinie auch verweigern können.

Der am meisten kritisierte Punkt an den modularisierten Studiengängen war die enorme Zahl der Prüfungen, die alle in die Abschlussnote einfließen. Um diesen Punkt zu beseitigen sieht das neue LHG explizit vor, dass nicht mehr alle Prüfungen benotet werden und auch nicht alle Noten in die Abschlussnote einfließen müssen. Franz Küntzel befürwortet diese Änderung und fordert nun eine rasche Umsetzung durch die Universität. In den im Dezember vom Senat beschlossenen Bologna-Richtlinien findet sich schon die Abschaffung des Freiversuches (Möglichkeit des Wiederholens von bestandenen Prüfungen zur Notenverbesserung).

Ebenfalls direkt die Studien- und Prüfungssituation beeinflussen zwei weitere Änderungen. Ein (erstes) freiwilliges Auslandssemester wird in Zukunft in keinem Fall auf die Regelstudienstudienzeit angerechnet. Zukünftig wird im Rahmen der Abschlussarbeit eine mündliche Prüfung abzulegen sein, gerade die Professoren in Massenfächern werden von dieser Neuregelung vermutlich nur mäßig begeistert sein.

Eine andere Änderung kann nur als Kuriosum bezeichnet werden: Künftig können Hochschulen beantragen, dass in Masterstudiengängen (oder in achtsemestrigen Bachelorstudiengängen an Fachhochschulen), die einem Diplom gleichwertig sind, auch Diplomtitel ausgestellt werden können. Allerdings nur auf Antrag des jeweiligen Absolventen und im Nachhinein auch wieder in einen Master umtauschbar. Franz Küntzel lehnt diesen Etikettenschwindel ab, da er den Studierenden keinen Vorteil bringe und nur Verwirrung stifte. Auf die Frage, welchen Vorteil diese Regelung für die Studierenden hätten, antwortete Johanna Hermann, Pressereferentin des Bildungsministeriums, folgendermaßen: „Nach den kontroversen Diskussionen der letzten Woche um die Sinnhaftigkeit dieser Regelung, wird nunmehr die Praxis zeigen, ob die Hochschulen von dieser Option Gebrauch machen. Entscheidend ist also zunächst, ob die Hochschulen an einen ‘Erfolg‘ der neuen Abschlussbezeichnung glauben.“

Trotz der Änderungen bleiben die aktuellen Prüfungsordnungen für eingeschriebene Studierende weiterhin gültig, niemand muss sich Sorgen darüber machen, dass sich die Modalitäten seines Studiums plötzlich ändern.

Der Rektor der Greifswalder Universität Rainer Westermann, konnte sich mit seiner Forderung durchsetzen, den Kanzler (Chef der Hochschulverwaltung) zukünftig unbefristet einzustellen, bisher wurde dieser für eine Dauer von 8 Jahren gewählt. Nicht erfüllt wurde hingegen der Wunsch Westermanns den Universitätsrat (ein beratendes Gremium, das aus sechs hochschulexternen Persönlichkeiten wie beispielsweise Jürgen Hahn, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Vorpommern, besteht) mit zusätzlichen Mitspracherechten auszustatten. Stattdessen wird dieser zukünftig nicht mehr bei der Einrichtung und Änderung von Studiengängen gehört und berät die Universität zukünftig nur noch in strategischen Entscheidungen, wie Konzepten zur Hochschulentwicklung und zur Profilbildung der Universität. Seine Einrichtung ist künftig auch nicht mehr vorgeschrieben, sondern optional. Westermann hat die Beratungen mit dem Universitätsrat immer sehr geschätzt und möchte diesen erhalten. Franz Küntzel hält den Hochschulrat hingegen für verzichtbar.

Gestärkt wird die Position des Rektors sowohl innerhalb des Rektorates, in dem er künftig Einzelfallentscheidungen auch entgegen der Meinung des Verantwortlichen treffen darf, als auch gegenüber der Studierendenschaft. So hat er zukünftig ein erweitertes Vetorecht gegen den Haushaltsplan der Studierendenschaft. Bisher war das Vetorecht des Rektors nur anwendbar, wenn die Studierendenschaft Geld entgegen ihrer Aufgaben im Landeshochschulgesetz ausgeben wollte, diese Einschränkung wurde jedoch gestrichen. Rainer Westermann will aber auch zukünftig den Haushalt der Studierendenschaft nur auf Verstöße gegen Rechtsordnungen prüfen. Im Rektorat will er weiterhin zusammen mit den Prorektoren und dem Kanzler kollegial die Universität leiten und andere nur in extremen Konfliktsituationen überstimmen. Auch für die Leitungsebene unterhalb des Rektorates gibt es Änderungen im LHG. Dekane und Prodekane können künftig vom Fakulätsrat abgewählt werden.

Insgesamt kann die aktuelle Änderung des Landeshochschulgesetzes aus Studierendensicht also eine Wendung zum Positiven verzeichnen. Gerade auf die Nöte von Bachelorstudierenden und Forderungen des Bildungsstreiks wurde in weiten Teilen Rücksicht genommen.

Ein Bericht von Florian Bonn mit einem Foto von Casrten Schönebeck