Unter der Kampagne „Kein Ort für Neonazis“ fand ein erstes Netzwerktreffen am Donnerstagabend statt, die den Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag verhindern will. Die Netzwerker brachten sich auf  den aktuellen Stand der NPD-Vorbereitungen für die Landtagswahl im September 2011 und diskutierten Gegenaktivitäten. Eine Gruppe engagierter Schauspielstudenten verarbeitete in ihrem Stück die Verharmlosung des Rechtsextremismus.

Rechtsextreme Gewalt gegen Andersdenkende

Rechtsextreme Gewalt gegen die Menschlichkeit

Irgendwo auf dem Land. Ein Mädel trägt ein bauchfreies T-Shirt und passt so gar nicht zum ländlichen Leben. Sie steht mehreren jungen Neonazis in Kapuzenpullovern gegenüber, auf denen Ruhedorf steht. Sie verprügeln das Mädel krankenhausreif und zeigen so ihre Menschenfeindlichkeit. So fängt ein Theaterstück von sechs engagierten Schauspielstudenten an, die Stellung gegen Rechtsextremismus beziehen wollen. Eindrucksvoll zeigen die Schauspieler, wie gewaltbereit Neonazis sein können. Dies wird auch am Ende des Stückes deutlich: Die Neonazis haben eine Überraschung vor. Ein ausländisches Mädchen, das sich mit einem der Neonazis angefreundet hat, kommt mit. Auf einem Hügel grölen sie und rufen rassistische Sprüche. Sie wollen ein Haus, in dem Ausländer wohnen, anzünden. Das ausländische Mädchen, dass dort auch wohnt, schreit laut und verzweifelt: „Nein, nein, nein!“ Abrupt endet die Szene und der Zuschauer kann sich bei dem offenen Ende Gedanken machen, wie es wohl weitergeht.

Alternativlosigkeit als eine Ursache

Ein Mitläufer der rechtsextremen Szene hat Mitleid mit dem verprügelten Mädchen.

Es wird im Theaterstück aber nicht nur Verharmlosung und Gewalt der Rechtsextremen thematisiert, sondern auch auf mögliche Ursachen eingegangen: Ein ausländisches Mädchen ist zugezogen und hat eine Freundin gefunden. Die Freundin hatte ihr das alte Schwimmbad gezeigt und das alte Kino, mehr gibt es in Ruhedorf nicht. Alternativlosigkeit wird als Ursache des Rechtsextremismus deutlich. Sie hören rechtsextreme Musik, wodurch das ausländische Mädchen verstört reagiert: „Was ist das für Musik?“ Sie trinken beide ein Bier und die Freundin wird von ihrem Bruder angemacht: „Das war das letzte Bier, du …“ Beleidigungen folgen. Das ausländische Mädchen findet einen Zettel, auf dem der Name der NPD zu lesen ist. Sie fragt ihre Freundin, was sie davon hält. „Die NPD ist eine normale Partei. Sie spricht aus, was andere denken“, verharmlost die Freundin die vom Verfassungsschutz beobachten Nationaldemokraten.

Nicht nur Alternativlosigkeit wurde als Ursache für den Rechtsextremismus in der Aufführung gesehen, sondern auch, dass manche Menschen anfällig für eine rechtsextreme Gesinnung mit ihren plakativen Botschaften sind. Einer der rechtsextremen Mitläufer hat eine Dokumentation gesehen: Eine U-Bahn fährt durch die Großstadt. Menschen mit dunkler Haut sitzen neben einem deutschen Rentner. Was dort völlig normal scheint, fasziniert diesen Mitläufer. Es geht ihm nicht mehr aus dem Kopf, weil es für ihn unmöglich erscheint und den rechtsextremen Parolen zuwider läuft. So schnell die rechtsextreme Gesinnung gekommen ist, kann sie anscheinend auch wieder verschwinden.

„Misch dich ein! Sag nein!“

Das eindrucksvolle Theaterstück erntete viel Applaus am Donnerstagabend im IKuWo. Hier fand ein erstes Netzwerktreffen im Rahmen der Kampagne „Kein Ort für Neonazis“ statt. Vor allem sollen zivilgesellschaftliche Initiativen und vor allem Jugendliche motiviert werden, „sich gegen den Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag zu engagieren“, so Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio-Stiftung, die sich gegen die rechtsextreme Alltagsgewalt wendet und die Kampagne „Kein Ort für Neonazis“ leitet. Ein Vortrag des Regionalzentrums für demokratische Kultur in Anklam brachte die Nazi-Gegner auf den aktuellen Stand der Vorbereitungen der NPD für den Wahlkampf. „Die NPD wird auf Aufreißerthemen setzen“, nannte Reinfrank ein Beispiel, womit die NPD in den Wahlkampf ziehen will.

Timo Reinfrank: Wiedereinzug der NPD in den Landtag verhindern!

Nach dem Vortrag wurden verschiedene Gegenaktivitäten diskutiert. So wurde eine klare Positionierung von Stadt und Universität zum Thema Rechtsextremismus gefordert. An Schulen soll der Rechtsextremismus durch Konzerte bekämpft werden. Kritisiert wurden Ermüdungserscheinungen bei den demokratischen Parteien, von denen man sich mehr Unterstützung wünscht. Ferner sollen Studenten aktiviert werden. Neben Spenden für Fonds, die sich um die Opfer rechtsextremer Gewalt kümmern, sind auch Touren geplant, die Neonazis zum Ausstieg aus der Szene bewegen sollen. Beim Kampf gegen die NPD will sich das Netzwerk aber nicht nur auf die Städte konzentrieren, sondern sich auch um das Umland kümmern und die Nazi-Gegner vor Ort stärken. Das Netzwerk will sich demnächst regelmäßig treffen und Aktionen gegen die NPD koordinieren. Das Theaterstück endete übrigens mit dem mehrmaligen Aufruf: „Misch dich ein! Sag nein!“

Fotos: David Vössing