In die Aufarbeitung der Kostensteigerung beim Technischen Rathaus kommt Bewegung. Oberbürgermeister Dr. Arthur König informierte heute die Bürgerschaft darüber, dass im Zuge von Recherchen in der Verwaltung ein Dokument aufgetaucht ist, das offenbar gefälscht ist.
Nach Angaben aus einer Pressemitteilung der Stadt, die am späten Montagabend versendet wurde, handelt es sich bei dem nun gefundenen Dokument um „die Kopie eines Auftragsschreibens an die BauBeCon Sanierungsträger GmbH“. Auf dem Papier sei „die eingescannte Unterschrift des Oberbürgermeisters unberechtigt verwendet“ worden.
Nähere Angaben zu dem Dokument liegen derzeit nicht vor, etwa, ob es nur einbgescannt existiert und wie sich nachweisen lässt, dass die Unterschrift eingescannt wurde. Für die Stadtverwaltung scheint der Fall aber festzustehen: Sie hat Anzeige gegen unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Stralsund erstattet.
Lange Zeit nur Vorwürfe, keine Indizien für „Filz“ und „Korruption“
Die BauBeCon Sanierungsträger GmbH ist exklusiver Partner der Stadtverwaltung für die Stadtentwicklung. Unter ihrer Regie wird auch das „Technische Rathaus“, das ehemalige Postamt am Markt, gebaut. Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass sich die Baukosten von 8 auf über 13 Millionen Euro erhöhen.
Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet dabei neben der BauBeCon der ehemalige städtische Baudezernent Reinhard Arenskrieger, der im März zum Landesrechnungshof gewechselt war. Auch Oberbürgermeister Arthur König hatte sich schnell von ihm distanziert und erklärt, über die genauen Vorgänge in Arenskriegers Ressort nicht en detail informiert gewesen zu sein. Die Zuständigkeit für das Bauvorhaben habe bei Arenskrieger gelegen.
Die Angaben über die Gründe für die Kostensteigerung hatten die Bürgerschaftsmitglieder nicht zufrieden gestellt; zudem war bereits kurz nach Bekanntwerden der Kostensteigerung über „Filz“ und „Korruption“ spekuliert worden, ohne dass dafür Beweise vorgelegen hätten. Das hat sich nun offenbar geändert. Zudem war ein Untersuchungsausschuss eingerichtet worden.
Insbesondere die Greifswalder Grünen fordern im Internet seit Wochen Aufklärung über die Vorgänge rund um das Technische Rathaus. Auf ihrem Blog sind zahlreiche Artikel dazu erschienen. Auch alle anderen Parteien hatten sich für eine Aufklärung eingesetzt, auch wenn es Streitigkeiten über Formalia wie die Entschädigung der Ausschussmitglieder gab.
*Update* Mitarbeiter der BauBeCon hat Unterschrift gefälscht
von Marco Wagner
Auf einer heute vom Oberbürgermeister anberaumten Sondersitzung wurden nun weitere Details um die gefälschte Unterschrift Preis gegeben. Inhalt des betroffenen Dokuments sei die Festhaltung der Bauabschnitte sechs bis acht gewesen. Dieses Schriftstück war bislang weder dem Oberbürgermeister, noch der Stadtverwaltung bekannt.
Daraus wurde geschlussfolgert, dass die Unterschrift von einem Mitarbeiter der BauBeCon eingescannt worden sein muss. Zudem handele es sich bei der Unterschrift um jene, die König für offizielle Pressemitteilungen, nicht jedoch für Dokumente wie diese, verwendet. Abgesehen davon hätte neben ihm noch der damalige Baudezernent Reinhard Ahrenskrieger das Schriftstück unterzeichnen müssen. Zudem fehle das Ratssiegel, welches für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung zwingend notwendig sei.
Auf Basis dieser gefälschten Baugenehmigung hat die BauBeCon der Stadt Greifswald gegenüber Leistungen in Höhe von 417.000 Euro in Rechnung gestellt. Obwohl die Existenz eines solchen Dokumentes innerhalb der Stadtverwaltung unbekannt war, wurde der Rechnungsbetrag an die BauBeCon überwiesen. Die Rechtmäßigkeit der in Rechnung gestellten Verträge hätte von Ahrenskrieger überprüft werden müssen.
Zwar wurden die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht, allerdings haben weder der Bürgermeister, noch die Stadtverwaltung die Erbringung dieser Leistungen genehmigt. Aus diesem Grund will die Stadt Greifswald nun die 417.000 Euro von der BauBeCon wieder zurück fordern.
Fotos:
Frederike Kühnel (OB König), Carsten Schönebeck (Alte Post), Thorsten Heil (Modell Technisches Rathaus/ Aufmacherbild)
Man kann hodffen, dass nun endlich der ganze Filz aus Korruption im Greifswalder Rathaus aufgeklärt wird. In diesem Zusammenhang sollte auch ermottelt werden, wie z.B. Egbert Liskow zu seiner Immobilie in der Bachstraße gekommen ist. Das Objekt wurde ihn ohne Ausschreibung zuerkannt.
Mir stellt sich hier die Frage wieviele Projekte der Stadt mit der Baubecon im Moment abgewickelt werden…
Und ich vermute, dass es keinen Grund gibt diese Zusammenarbeit in Zukunft zu versagen…
Ein "Schuldiger" wird schnell gefunden und alles wird gut 😉
Die BauBeCon ist seit 1990 unangefochtener Monopol-Sanierungsträger in Greifswald.
Wer die Geschichte und Argumente für diese Monopolstellung in den Dokumenten der Bürgerschaft verfolgt, bekommt den Eindruck, dass man hier den Begriff der „Legalen Korruption“ einführen könnte. Das wäre mal etwas was die Verwaltung Greifswalds gemeinsam mit dem jahrelang politisch herrschenden Teil der Bürgerschaft zum „Gebrauchsmuster“ anmelden könnte.
Die Grünen haben hier einmal Zahlen des Projektumfanges für die Gegenwart und Zukunft genannt. http://blog.gruene-greifswald.de/2010/05/29/bundn…
Es mutet für mich unverständlich an, dass dieses Unternehmen nicht einmal in Greifswald ansässig ist…
Welchen Grund gab es denn einen einen privaten "Bauherren" zwischenzuschalten..?
Am 20.07.1990 wurde noch ziemlich knapp die Notwendigkeit der Beauftragung der BauBeCon (damals BIC-GmbH) begründet::
„ … Die BIC-GmbH ist ein zugelassener Sanierungsträger in Schleswig- Holstein und verfügt über große Erfahrungen im Umgang mit dem Städtebauförderungsfonds. Der Endtermin der Antragsfrist drängt uns, kurzfristig einen qualifizierten Antrag vorzulegen, zu dessen Ausarbeitung unser Bauplanungsamt wegen Mitarbeitermangel … nicht in der Lage ist.“
In der Folgezeit wird mit immer wiederkehrenden Versatzstücken die Qualität der Arbeit der BauBeCon verbunden mit der Unausweichlichkeit der Beauftragung beschrieben.
Folgt Teil 2, da das Kommentarsystem wieder einmal das Volumen beschränkt!
Teil 2:
In einem Beschluss der Bürgerschaft vom 22.09.2003 (Städtebauförderprogramm … Anpassung der Verträge mit der BauBeCon) liest man u. a.:
„ … Die bei mehreren Sanierungsträgern anzustrebende inhaltliche Verknüpfung der Fördergebiete würde aus Sicht der Verwaltung zu zusätzlichen Doppelarbeiten bei der Koordinierung und Abstimmung führen, d.h. eventuellen Einsparungen … steht ein Mehraufwand der Verwaltung gegenüber.
… , die Erfahrung in der Abwicklung der komplexen Aufgaben führten zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit von Sanierungsträger, Wohnungsunternehmen und Stadtverwaltung.
Eine mögliche europaweite Ausschreibung der Aufgaben eines Sanierungsträgers würde zu erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben führen. Die Beauftragung mehrerer Sanierungsträger würde zusätzliche Kapazitäten der Verwaltung, der Politik und der Wohnungsunternehmen binden. Insoweit scheint es aus funktionaler Sicht und im Hinblick auf eine effiziente Aufgabenerfüllung sinnvoll und richtig zu sein, auf eine Ausschreibung zu verzichten und die Verträge mit dem Sanierungsträger zu ergänzen.