Die Redaktion des moritz-Magazins hat in der aktuellen Ausgabe bereits zum zweiten Mal eine Anzeige der Bundeswehr auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckt. Der Abdruck der ersten Anzeige dieser Art im Februar hatte bereits heftige Kritik hervorgerufen, die sich exemplarisch auf dem privaten Blog von webMoritz-Mitarbeiter Oliver Wunder nachvollziehen lässt. Offenbar als Zeichen des Protests wurde damals ein größerer Posten ausgerissener Heft-Rückseiten im Redaktionsbriefkasten deponiert.

Dieses Beispiel für vollendete Diskussionskultur wiederholte sich, nachdem das aktuelle Heft erschienen ist: Nachdem in den vergangenen Tagen bereits massenweise Hefte ohne Rückseite aufgetaucht waren, wurden die fehlenden Rückseiten in der Nacht zum Donnerstag in der moritz-Redaktion „abgeliefert“.

Darf es sich ein Studentenmagazin erlauben, eine Nachwuchs-Anzeige der Bundeswehr abzudrucken? Diese Frage wurde auch in der webMoritz-Redaktion kontrovers diskutiert, weshalb wir sie mit zwei verschiedenen Positionen beantworten.

Pro

Contra

Ein Kommentar von Gabriel Kords
Ein Kommentar von Oliver Wunder
Möbelhaus, privates Wohnheim, Reisebüro, Bücherflohmarkt – das sind die typischen Anzeigenkunden des moritz-Magazins. Und jetzt plötzlich: Die Bundeswehr. Vollformatig auf der vorletzten Heftseite, natürlich hochglänzend und in Farbe. Und das schon zum zweiten Mal. Dürfen die das? Darf die Bundeswehr in einem Studentenmagazin für ihre Homepage werben? Respektive: Darf so ein Magazin eine solche Anzeige abdrucken?

Ohne die empörten Aufschreie der letzten Monate wäre der Autor dieser Zeilen nicht einmal auf die Idee gekommen, sich die Frage zu stellen. Denn natürlich darf das moritz-Magazin die Anzeige abdrucken. Die Bundeswehr ist ein legitimes staatliches Organ, ebenso legitim ist sein Interesse an Nachwuchs. Das heißt keineswegs, dass Zweck und Handeln der Bundeswehr nicht fundamental hinterfragt werden dürfen, ändert aber nichts daran, dass es weder um Kriminelle noch um Staatsfeinde geht. Und mehr noch: Gerade die deutsche Bundeswehr ist gesellschaftsfähig, sie darf (und muss) am politischen Diskurs teilnehmen. Diesen Weg sollte man ihr nicht noch versperren wollen.

Wer vom moritz-Magazin fordert, auf den Abdruck der Anzeige zu verzichten, legt ihm die moralische Verpflichtung auf, seine Leser von Werbung für die Bundeswehr abzuschirmen. Doch das ist keineswegs die Aufgabe des Magazins: Dessen Leser werden ohnehin selbst entscheiden wollen, wie ihre wehrpolitische Position aussieht und ihre Argumente dafür nicht gerade in einer lokalen Studentenzeitschrift suchen.

Zudem wird gerade beim moritz-Magazin niemand ernsthaft behaupten, dass es ausschließlich von militärbesessenen Ex-Soldaten gemacht wird. Allein, dass auf der Seite neben der Anzeige der politisch alles andere als korrekte „Tapir“-Comic abgedruckt wird, sollte ein Beweis dafür sein, dass das Blatt nicht gerade politisch verklemmt ist.

Schämen muss man sich beim moritz-Magazin also nicht für die Anzeige, auch wenn man gut daran täte, den Leser den Abdruck zumindest auf Nachfrage etwas ausführlicher zu begründen als mit anderthalb Sätzen.

Bei der Bundeswehr sollte man sich indes ernsthaft fragen, ob die dortige PR-Abteilung sich wirklich sicher ist, mit der Anzeige im moritz-Magazin die richtige Zielgruppe zu erriechen.

Es ist keine Frage des rechtlichen Dürfens. Es ist eine Frage des Gewissens und der Ethik. Darf die Bundeswehr im Moritz Magazin ihre Jugendseite treff.bundeswehr.de bewerben?

Zwar bewirbt die Bundeswehr “nur” ihre Jugendseite, die über die Bundeswehr informiert und auch eine Community – eine Art BundiVZ – bereitstellt. Doch geht es klar darum, hier Menschen für den Dienst an der Waffe anzuwerben.

Krieg als Lösung von Konflikten wird seit den 1990ern in Deutschland salonfähig. Die Hemmschwelle, Waffen zur Konfliktlösung einzusetzen, sinkt, militärische Interventionen werden ein immer öfter benutztes und akzeptiertes Mittel. Das zeigt auch daran, dass in einem Studierendenmagazin für die Bundeswehr geworben werden kann.

Gewalt ist niemals das Mittel zur Lösung eines Konfliktes. Die Gewalt, die eine Armee einsetzen muss, hat zwangsläufig das Töten von Menschen zur Folge. Das ist vehement abzulehnen, denn das Leben eines Menschen ist das höchste Gut. Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan hat uns in den letzten Monaten deutlich gezeigt, dass die Bundeswehr Gewalt einsetzt und dabei auch unschuldige Zivilisten tötet. Die umstrittene Bombardierung von zwei entführten Tanklastern in der Nähe von Kunduz demonstriert, wie unsere “Verteidigungsarmee” inzwischen handelt. Bei den Einsätzen kommt es in der Folge auch zu Opfern unter der Bundeswehr. Deutschland ist im Krieg, die Politiker wollen das aber nur recht zögerlich zugeben.

Die Anwendung von Gewalt führt immer nur zu noch größerer Gegengewalt. Es entsteht ein Teufelskreis, der zur Folge hat, dass ein Konflikt selten gelöst wird und er ständig neue Opfer fordert. Ein dauerhafter Friede kann nur dann erreicht werden, wenn Konflikte rücksichtsvoll im gegenseitigen Dialog gelöst werden.

Also auf den Punkt gebracht: Die Bundeswehr setzt Gewalt zwangsläufig ein. Es geht um die Rekrutierung junger Menschen, die auch in einen Kampfeinsatz geschickt werden können. Als Studierendenmagazin eine Institution zu bewerben, die zwangsläufig Menschenleben bewusst gefährdet und vernichtet, ist ethisch nicht zu rechtfertigen.

Update 8.4., 20 Uhr: moritz-Magazin lädt zum Gespräch ein

Die Redaktion des moritz-Magazins will sich mit den Kritikern des Anzeigen-Abdrucks auseinandersetzen. Wie uns die Chefredaktion des Magazins mitteilte, ist jeder eingeladen, am kommenden Dienstag, dem 13. April, um 20 Uhr in der Redaktion  mit Redakteuren des Magazins zu diskutieren.

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