Greifswald befindet sich im Wahlkampf. Und das macht sich langsam bemerkbar – nicht nur durch Plakate und Stände. Vor allem SPD und Grüne setzen auf Politikprominenz.
Vor ein paar Wochen kam einer der beiden Bundesvorsitzenden der Grünen Cem Özdemir nach Greifswald (wir berichteten) und stand Rede und Antwort zu kommunalen, bundespolitischen und europapolitischen Themen. Schließlich sind in Greifswald bald genau diese Wahlen. Zunächst die Wahl zum Europaparlament und zur Greifswalder Bürgerschaft – beide am 7. Juni. Und dann natürlich die Bundestagswahl im September.
Doch Cem Özdemir ist nicht genug. Nun legen die Grünen mit weiterer politischer Bundesprominenz nach. Im Rahmen einer „Energietour“ kommt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen und ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin am Dienstag, den 12.Mai nach Greifswald. Um 18.30 Uhr findet im St.Spiritus eine Diskussionsrunde zum Thema „Kohlekraftwerk in Lubmin“ statt. Neben Trittin nehmen Stefan Fassbinder vom Kreisverband Bündnis 90 die Grünen Greifswald-Peeneland, der Projektleiter Kraftwerk Greifswald Peter Gedbjerg (hier ein MoritzTV-Interview mit ihm) und Professor der Universität Greifswald Prof. Michael Rodi teil.
Hinter diesem Aufgebot an grüner Prominenz möchte die SPD nicht zurückbleiben. Sie bietet nun gleich eine ganze Themenwoche namens „Soziales Europa“ an. Hier soll es um die Bedeutung Europas für unser tägliches Leben gehen. Wohl nicht zufällig findet diese Themenwoche kurz vor der Wahl zum Europäischen Parlament am 7. Juni statt.
Die erste Veranstaltung findet kurz vor der Diskussionsrunde der Grünen, auch am 12.Mai, um 11.00 Uhr statt – ebenfalls im St.Spiritus. Und auch hier wird mit Prominenz geworben. Die Teilnehmer können mit dem Spitzenkandidaten der SPD zur Europawahl Martin Schulz über das Thema „Soziales Europa – aber wie?“ diskutieren und streiten.
Am Dienstag Abend hat man dann die Wahl zwischen dem Programm der Grünen und einer Diskussionsrunde über die Europäische Wirtschaftspolitik. Diese wird um 19 Uhr im Marimar am Marktplatz von der SPD angeboten. Hierzu sind Erik Gurgsdies, Leiter des Landesbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung und Karl-Dieter Schmidt, ehemaliger ver.di-Sekretär in Greifswald eingeladen.
Und so geht es weiter mit Diskussionsrunden, am Mittwoch 19.00 Uhr im Marimar wird über die Agrar- und Entwicklungspolitik der EU und ihre Bedeutung für den afrikanischen Kontinent gestritten und am Donnerstag um 20.00 in der Jugendherberge Greifswald über die deutsch-polnische Zusammenarbeit in unserer Region. Den Abschluss der Themenwoche bildet dann am Samstag Abend die „Eurovision Song Contest Party“ im „CoMix“.
Hinter diesem Programm bleiben die anderen Parteien bisher zurück. Am Wochenende will die CDU in einer gemeinsamen Aktion ihre Plakate in der Stadt aufhängen und außerdem Bürgernähe durch Parteistände suchen.
Der Wahlkampf zur Europawahl, Bundestagswahl, sowie Kommunalwahl in Greifswald findet also nicht nur auf großer Bühne in den Hauptstädten statt. Die Zahl der Wähler, die dann tatsächlich den Weg zur Urne findet, wird dann über den Erfolg des Wahlkampfes entscheiden.
*Update*
Die Veranstaltung mit Martin Schulz fällt laut Angaben der Jusos leider aus.
*Update 2*
Statt mit Martin Schulz über Europa zu diskutieren, konnte man dafür gestern, am Samstag, mit der Sozialministerin Manuela Schwesig rund um den Ryck radeln. Mit der Tour wollten die Sozialdemokraten ihr Ziel unterstreichen, in den kommenden Jahren mehr für den Ausbau der Fuß- und Radwege in Greifswald zu tun…
*Update 3* (10.5., 20:55)
Unser(e) Leser(in) „tine“ weist in den Kommentaren darauf hin, dass auch die CDU eine hochkarätige Rednerin nach Greifswald holen wird: Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihren Bundestags-Wahklreis in Stralsund hat, wird am Pfingstmontag bei einer Kundgebung in Greifswald sprechen. Derzeit geht dies nur aus einer Website der CDU M-V hervor, Pressemitteilungen oder andere Verlautbarungen der CDU liegen uns bisher noch nicht vor.
Fotos:
- Angela Merkel – user „א“ via wikimedia
- Jürgen Trittin: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen via wikipedia
- Martin Schulz: nrwspd_foto via Flickr
— 7 Absätze zu den Grünen und zur SPD
— 2.5 Zeilen zur CDU. Keine Zeile zu FDP, Linkspartei oder NPD.
Das nenne ich mal unausgeglichenen Journalismus.
Stimmt, wenn FDP, Linkspartei und die andere zur Zeit keine Veranstaltungen abhalten (oder zumindest bewerben) hätte sich die Autorin ja ruhig etwas aus den Fingern saugen können…
*Ironie*
Mir scheint du hast den Artikel nicht wirklich verstanden… Geht es hier nicht genau darum, dass CDU und Co. bisher wenig aktiv am Wahlkampf teilnehmen?! Wenn nunmal SPD und GRÜNE mehr tun wird auch zwangsläufig mehr darüber berichtet. Oder sollte man deiner Meinung nach auf Berichterstattung verzichten, bis sich auch die CDU dazu bequemt sich einzuschalten?
Grüße
Lukas
Faszinierend, keine Zeile zur NPD, aber Moment, geht es nicht auch um Kommunal- und Europawahlen. Und war es nicht so, dass die NPD in Greifswald bei den Kommunalwahlen nicht antritt, bei den Europawahlen generell nicht?
Und geht es in dem Artikel nicht explizit um Wahlkampf mit "Politikprominenz". Aber darüber steht in den andren beiden Antworten ja schon genug.
Völlig richtig. Und die NPD ist verfassungsfeindlich, obwohl das staatliche Stellen aufgrund menschlichen Versagens bisher nicht rechtlich wirksam feststellen konnten. Wie dem auch sei….verfassungsfeindliche Tendenzen hat (derzeit) bemerkenswerter oder vielmehr auch natürlicherweise (?!) auch die.Linke, wenn man einschlägige Veröffentlichungen der Basis verfolgt.
Aber schade, dass nieman daran denkt, die beiden großen Elemente in der Mitte – SPD und CDU – etwas mehr zusammenzubringen. Im Gegenteil: gewöhnlich werden sie als die extremsten Gegensätze dargestellt, obwohl sie es per sé heutzutage nicht mehr sind. Beide sind schließlich die Volksparteien, die immer noch die Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren.
Den Kontrast der politischen Landschaft zu verstärken, ist dort sinnvoll, wo es zuwenig Unterschiede gibt. Also in einer Zweiparteienlandschaft wie den USA. Aber warum verstärkt man ihn in der Mitte der Gesellschaft mit einem vielfältigeren Spektrum wie in Deutschland und treibt die Mitte damit auseinander? Warum gibt es keine stärkere Kontrastrierung der extremen Wahlprogramme? Und sowenig Konsens in den beiden eigentlichen Volksparteien in bezug auf ihre zentrale Stellung?
Ich denke, viele Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker hängen zu sehr längst überholten Vorstellungen an und schärfen ihr Profil zu gern zuungunsten ihrer gemeinsamen Ideale und Ausgangspunkte. Die Wähler folgen diesem Schwarzweißdenken nur zu gern, sind sie doch von ihrer durch Hollywoodfilme geprägten Denkweise nichts anderes gewohnt.
Und Politik zieht zwangsläufig entweder Kompromisse oder salomonische Schlüsse nach sich. Da letztere heutzutage kaum mehr zu haben sind, sollte der vernünftige Kompromiss endlich von der Mehrheit der politisch organisierten Gruppen anerkannt anstatt zerfetzt werden. Man muss auch die guten Argumente des Gegners anerkennen, wenn man für seine guten Argumente Anerkennung erwartet. Tatsache ist, dass es keinen Respekt mehr für die guten – also abseits parteipolitischer Profilierung stehenden – Argumente gibt. Und daher auch kaum noch gute Argumente, deren Erscheinung eher dem Zufall oder Glück als einer vorhersehbaren Strategie folgt.
Ich reg mich ja höchst ungern über dich auf. Aber diese Gleichsetzungsversuche von NPD und Die.Linke. Wo die Naturgegebenheit von dem Grundgesetz widerstrebenden Tendenzen ist, ist mir nicht ganz klar, aber das ist zweifelsohne auch unwichtig. Entscheidener ist, dass ich – in Kenntnis beider Parteiprogramme – nicht feststellen kann, wo sich Die.Linke gegen das Grundgesetz und die FDGO stellt – im Gegensatz zur NPD, die sich offen gegen den Parlamentarismus aussprechen. Und wenn jenseits des Programms geblickt wird, laufen oder liefen gegen Funktionsträger_innen von Die.Linke weder Verfahren eindeutig politischer Straftaten (Verwendung Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) noch wegen schwerer Gewaltverbrechen. Beides findet und fand bei NPD-Funktionär_innen regelmäßig statt. Ebenfalls belegen sich von zahlreichen ihrer Funktionär_innen eindeutig die Demokratie, die Menschenrechte etc. ablehnende Aussagen.
Der Verfassungsschutz stuft kleine Teile von Die.Linke als verfassungsfeindliche ein, aber selbst er kommt nicht zu so einer abstrusen Aussage wie du, die meiner Meinung nach nur dazu dienen kann, die NPD und mit ihr rassistische, antisemitische, neofaschistische, sozialdarwinistische und sexistische Positionen zu verharmlosen.
die NPD ist rassistisch und antidemokratisch, die Linkspartei ist "klassistisch" und antidemokratisch
Beide sind antidemokratische und menschenfeindliche Extremisten.
will damit sagen: Die Linkspartei teilt Menschen in verschiedene Klassen ein und diskriminiert dann bestimmte Klassen um andere zu bevorteilen. Gleiches Prinzip, nur ne andere Kohorte.
Echt, die Linkspartei macht das?! – Und ich dachte schon, die gesellschaftliche Teile der Arbeit und das private Eigentum an Produktionsmitteln wären für die Herausbildung von Klassen verantwortlich.
Wahnsinn, wie lange es die Linkspartei dann wohl schon geben muß!! Schließlich ist der Übergang von der Gentil- zur Klassengesellschaft (zumindest in Europa) doch schon mal gut zweieinhalbtausend Jahre her. 😉 (In der europäischen Antike läßt sich diese Entwicklung beispielhaft anhand der Veränderungen des (Zivil-)Rechts und der staatlichen Verwaltungsstruktur in Rom und Athen sehr gut nachvollziehen. Siehe z.B. Stephan Meder: Rechtsgeschichte. Eine Einführung, 2. Aufl. 2005 oder Detlef Liebs: Römisches Recht. Ein Studienbuch, 5. Aufl. 1999)
Friedrich Engels veröffentlichte dazu (in Anlehnung an die anthropologischen Forschungen von Lewis H. Morgan) schon 1884 unter dem Titel "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats", online hier zu finden: http://www.mlwerke.de/me/me21/me21_025.htm – Immer noch sehr lesenswert.
genauer lesen.
Ich hab genau gelesen. Du schriebst: "Die Linkspartei teilt Menschen in verschiedene Klassen ein und diskriminiert dann bestimmte Klassen um andere zu bevorteilen."
Nun, 1. hat die Linkspartei (leider) keine marxistische Klassenanalyse im Parteiprogramm und 2. wird eine solche Klassenanalyse immer nur die gesellschaftlichen Verhältnisse aufzeigen und generiert sie nicht selber. Generiert werden sie durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Vielleicht solltest Du wirklich mal in den o.a. Text von Engels schauen.
Tut mir leid, aber ich werde keine Texte kommunistischer Menschenfänger lesen. Die Einteilung in Klassen, ob sie nun bereits "gegeben" sind oder erst duruch die Linkspartei definiert werden, werden zur Diskriminierung von Bevölkerungsteilen benutzt. Das ist Fakt.
Ich bezog mich auf _einige_ Veröffentlichungen der _Basis_. Gregor Gysi selbst hat im letzten Spiegel geäußert, dass er in der Partei rund 10 Prozent "Irre" sieht. Und nicht nur die Linke strebt sozialistische Wirtschaftsverhältnisse an, die aber nicht im GG angelegt sind, bspw.
Auch die NPD bringt hier und da Wahlprogramme zustande, die auf den ersten Blick nicht gegen die FDGO gerichtet sind. Was aber den Rest betrifft, weißt du selber Bescheid. Dass es natürlich bei der Linken längst nicht so ausgeprägt wie bei den Nazis ist, ist auch klar.
Wichtiger noch: Während ich über die NPD schrieb, dass sie verfassungsfeindlich IST, schrieb ich einigen Teilen der Linken verfassungsfeindliche Tendenzen zu. Hier gibt es eine Differenzierung, die nicht ohne Grund gewählt wurde.
Und wie die Erwähnung verfassungsfeindlicher Tendenzen in Teilen der Linken die NPD verharmlosen soll ist mir schlicht schleierhaft.
Vielleicht hilft ein Blick auf die Entstehung und den politischen Zweck der sog. "Extremismustheorie" – die übrigens weitaus jünger ist als das hiesige Grundgesetz (das btw auch keine spezielle Wirtschaftsform vorschreibt – anders als der auf Eis gelegte Lissabon-Vertrag der EU).
Der Begriff "Extremismus" und die dazugehörige "Extremismusforschung" ist eine in den 1970er Jahren eingeführte normative (also selbst Norm setzen wollende) Begriffsverwendung, deren bekannteste Protagonisten heutzutage Uwe Backes und Eckard Jessen sind. Der Extremismusbegriff entspringt dabei aber keiner historisch-wissenschaftlichen Analyse, sondern ist vielmehr rein politisch motiviert: Abwehr von grundlegender Staats- und Gesellschaftskritik. Wie der Berliner Historiker Wolfgang Wippermann zu recht anmerkt: "Der Extremismusbegriff ist allein vom Verfassungsschutz und einigen seiner offiziellen und inoffiziellen Mitarbeiter in die Debatte eingeführt worden. Zusammen mit einigen anderen Politologen begründeten sie eine neue Sparte der Politikwissenschaft – die Extremismusforschung."
Die zu kritisierenden gesellschaftlichen Phänomene wie Rassismus, Antisemitismus, Nationalchauvinismus und Autoritarismus kommen doch, das zeigen die sozialwissenschaftlichen Forschungen der letzten Jahrzehnte, nicht primär von irgendwelchen "extremistischen Rändern", sondern sind gesamtgesellschaftliche Probleme, die aus den vorherrschenden ökonomischen und politischen Verhältnissen herrühren. Vgl. z.B. eine Studie der Uni Leipzig aus dem Jahre 2005 (abgefragt wurden Einstellungen zu Autoritärismus, Ausländerfeindlichkeit, Nationalchauvinismus, Sozialdarwinismus und NS-Verharmlosung): http://www.uni-leipzig.de/%7Emedpsy/pdf/rechtsext…
Die Einführung von "Extremismusthesen" dient letztlich auch immer dazu, progressive Kritik von links mit rechtsextremen Positionen formal gleichzusetzen (z.B. antifaschistisches Handeln mit rechtsextremen Aktivitäten auf eine politisch-moralische Stufe stellend, völlig vom jeweiligen inhaltlichen Hintergrund abstrahierend). Netter Nebeneffekt: Die bürgerliche Rechte erscheint in einem solchen Hufeisenmodell dann plötzlich als ruhender Pol der Mitte – und kann als solche dann völlig unverkrampft "Unterschriftenlisten gegen Ausländer" (wie die CDU Hessen vor einigen Jahren im Wahlkampf) anbieten oder rassistische Sondergesetze (z.B. Residenzpflicht) beschließen.
laut der von dir genannten Studie sind je nach Thema 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung Deutschlands rechtsextrem, 26% der westdeutschen SPD-Wähler ausländerfeindlich
Fakt ist, dass die "progressive Kritik von links" meistens extreme Inhalte hat. Insofern ist das eine zurecht eine Gleichsetzung der zwei Extreme. Die bürgerlich-demokratischen Parteien (CDU, CSU, FDP, SPD; Teile der Grünen) sind in der Tat der ruhende Pol.
Lies doch mal genau! Es wird nicht festgestellt, die seien alle rechtsextrem, sondern daß x% ein ausländerfeindliches Weltbild haben, x% nationalchauvinistische Positionen vertreten, x% eine sozialdarwinistische Weltsicht haben, x% pflegen antisemitische Verschwörungstheorien etc.
Das sind auch keine Einzelstudien, sondern seit den 1980ern werden regelmäßig derartige großangelegte Umfragen durchgeführt, die in der Tendenz immer das gleiche Bild zeichnen. Die entsprechenden Prozentsätze sind in der Bevölkerung relativ stabil und variieren seit Jahren nur marginal.
Es zeigt aber auch, daß ein rechtsextremes Weltbild (also wenn mehrere dieser Faktoren zusammenfallen) nicht unbedingt dazu führt, daß die (ich würd glatt sagen) "Betroffenen" auch offen rechtsextreme Parteien wählen. Die Gewerkschaften z.B. haben vor etlichen Jahren ihre Bildungsarbeit neu konzipiert, als sie sahen, daß Gewerkschaftsmitglieder im Schnitt rassistischer und nationalistischer eingestellt sind als der Bevölkerungsdurchschnitt. Seitdem gibt es verstärkt anti- bzw. nichtrassistische Bildungsarbeit unter Auszubildenden, SchülerInnen sowie ArbeiterInnen und Angestellten.
Apropo SPD: Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat unter http://library.fes.de/pdf-files/do/05864.pdf vor kurzem eine Studie herausgegeben unter dem Titel "Bewegung in der Mitte. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2008, mit einem Vergleich von 2002 bis 2008 und der Bundesländer". Dort kann bei Interesse das ganze auch noch mal anhand der einzelnen Fragestellungen nachgeprüft werden.
Lies doch mal genau! Es wird nicht festgestellt, die seien alle rechtsextrem, sondern daß x Prozent ein ausländerfeindliches Weltbild haben, x Prozent nationalchauvinistische Positionen vertreten, x Prozent eine sozialdarwinistische Weltsicht haben, x Prozent pflegen antisemitische Verschwörungstheorien etc.
Das sind auch keine Einzelstudien, sondern seit den 1980ern werden regelmäßig derartige großangelegte Umfragen durchgeführt, die in der Tendenz immer das gleiche Bild zeichnen. Die entsprechenden Prozentsätze sind in der Bevölkerung relativ stabil und variieren seit Jahren nur marginal.
Es zeigt aber auch, daß ein rechtsextremes Weltbild (also wenn mehrere dieser Faktoren zusammenfallen) nicht unbedingt dazu führt, daß die (ich würd glatt sagen) "Betroffenen" auch offen rechtsextreme Parteien wählen. Die Gewerkschaften z.B. haben vor etlichen Jahren ihre Bildungsarbeit neu konzipiert, als sie sahen, daß Gewerkschaftsmitglieder im Schnitt rassistischer und nationalistischer eingestellt sind als der Bevölkerungsdurchschnitt. Seitdem gibt es verstärkt anti- bzw. nichtrassistische Bildungsarbeit unter Auszubildenden, SchülerInnen sowie ArbeiterInnen und Angestellten.
Apropo SPD: Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat unter http://library.fes.de/pdf-files/do/05864.pdf vor kurzem eine Studie herausgegeben unter dem Titel "Bewegung in der Mitte. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2008, mit einem Vergleich von 2002 bis 2008 und der Bundesländer". Dort kann bei Interesse das ganze auch noch mal anhand der einzelnen Fragestellungen nachgeprüft werden.
Da die "Unterschriftenliste gegen Ausländer" der CDU (siehe auch dazu: http://www.zeit.de/campus/2009/02/interview?page=… und auch die Residenzpflicht eher an Fragen der Staatsangehörigkeit und nicht an Fragen der Rasse anknüpft (und auch nicht dort anknüpfen kann, da auch auch in anderen Staaten Menschen unterschiedlichster Herkunft die gleiche Staatsangehörigkeit haben), fällt mir bei dieser ansonsten interessanten Argumentation die Frage ein: Wieso wird hier der Begriff "rassistisch" verwendet?
Deine Herstellung einer Verbindung des Begriffs "Rassismus" mit an Staatsangehörigkeit anknüpfende (und durchaus streitbare) politische oder juristische Zustände erscheint mir hier doch als ein vor allem rethorischer Kniff.
Ein zweiter findet sich in der bildhaften Anwendung des "Hufeisenmodells". Weil das politische Spektrum nicht auf solch einer zweidimensionalen Ebene dargestellt werden kann, da wirst du mir sicher zustimmen. Zumindestens konnten mir die (mehrheitlich eher "linken") Menschen bisher auch nie auf so einer zweidimensionalen Ebene ihre politische Position erklären. Ich meine, das benutzte Modell muss wesentlich komplexer sein – ein "Hufeisen" reicht nicht.
Das im gesamten gesellschaftlichen Spektrum extremistische Haltungen vertreten sind, stimmt.
Deine Ausführungen sind für mich ansonsten so zu verstehen: Der Extremismusbegriff wurde geschaffen, um linksextreme mit rechtsextremen Positionen gleichsetzen zu können und durch eine Überbetonung der politischen Randerscheinungen die ansonsten genauso extreme bürgerliche Rechte als gemäßigten Pol in der Mitte dastehen zu lassen.
Das erscheint mir doch eher in einem gewissen Sinne ausgeleigt und ist für mich nicht ohne weiteres nachvollziehbar.
P.S.: Mit der Eigentumsgarantie und dem Sozialstaatsprinzip wird eine soziale Marktwirtschaft (im Gegensatz zu einer liberalen Marktwirtschaft) meines Wissens nach relativ fest im GG verankert, auch wenn zumindestens Art. 14 nicht von der Ewigkeitsgarantie erfasst wird. Man kann nicht behaupten, dass unsere derzeitige Verfassung einen bspw. rein kapitalistischen oder sozialistischen Staat vorsieht oder ohne weiteres ermöglichen würde.
Kurz zum Grundgesetz und zu Sozialisierungsoptionen:
Wenn ich mich recht erinnere, waren das Ahlener Programm der CDU ("Verstaatlichung der Schlüsselindustrien") sowie die Montanmitbestimmung und die recht weite Mitbestimmungsregelung bei VW auch mit dem GG vereinbar. Und heute will der Staat z.B. private Banken verstaatlichen, und das unter einer regierenden CDU! (Deren öffentlich aufgesetztes Murren und Knurren ist ja v.a. dem Umstand geschuldet, daß sie weiterhin Stimmen an die neoliberale FDP verlieren.).
Es wäre auch kein Problem im Sinne des GG z.B. die Telekommunikation, die Bahn, Energieversorgung, Bergbau und bestimmte Industriezweige, das Kranken- und Sozialsystem vollständig zu verstaatlichen. (Einige davon waren ja übrigens auch über Jahrzehnte verstaatlicht.) Das Grundgesetz gibt selbst keine bestimmte wirtschaftliche Ausrichtung vor.
Zum Rassismus kurz: Koch und Co. haben die Kampagne ja explizit gegen die doppelte Staatsbürgerschaft im Wahlkampf aufgetischt, um so bewußt ein rassistisches Klima zu schaffen (ähnlich wie 1993 Volker Rühe mit der CDU-Kampagne für die faktische Abschaffung des Asylrechts). Ich erinnere mich noch sehr gut an die Fernsehberichte von den CDU-Ständen, wo die Leute fragten "Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben?". Und Ausländer im Sinne der damaligen Kampagne sollten ja auch gerade diejenigen sein, die seit ihrer Kindheit hier in der BRD leben und denen die CDU eine deutsche Staatsbürgerschaft (und damit formale Gleichberechtigung) verweigern wollte. (Rot-Grün hat sich ja leider auch nicht zu einer wirklichen doppelten Staatsbürgerschaft durchringen können, also einem modernen Staatsbürgerschaftsrecht. Wer jetzt immer noch zwei Staatsbürgerschaften hat, dem/der kann die deutsche relativ simpel entzogen werden – und das betrifft zehntausende türkische und kurdische Menschen in diesem Land.)
Solch eine Kampagne gegen migrantische Kids würde ich schon als rassistisch bezeichnen. Bei der NPD heißt das dann übrigens "Heimat statt Einwanderungsland – Multikulti Nein Danke!". Die einen argumentieren ein bißchen mehr mit "christlich-abendländischer Kultur", die anderen mit "deutscher Volksgemeinschaft", die Kernaussage ist aber die gleiche: "Ausländer Raus!"
Am signifikantesten sind übrigens die Überschneidungen bei CDU und NPD, wenn es um "kriminelle Ausländer" geht – kannst ja mal spaßeshalber die Passagen in aktuellen CDU-Papieren und NPD-Flyern gegenlesen.
Also rassistisch wäre eigentlich jede Maßnahme, die an Rassemerkmale anknüpft. Auch die sog. "christlich-abendländische" Kultur korreliert nicht mit bestimmten Rassemerkmalen, auch wenn mancher Nazi das gern so sehen würde.
Die von dir genannte Politik bezieht sich auf Fragen der Staatsbürgerschaft und meinetwegen auch auf ethnisch-soziologischen Diskriminierung und nicht auf die bestimmter menschlicher "Rassen".
"Ausländerfeindlichkeit" ist durchaus wahrnehmbar. Aber ich verstehe immer noch nicht, wieso du mit dem Terminus "Rassismus" argumentierst.
Eine Regelung, die kurdische oder türkische Menschen benachteiligt, kann nur dann als rassistisch bezeichnet werden, wenn man Türken oder Kurden aus Rassen sieht oder die Regelung an genetische Merkmale anknüpft. Ich finde den Gedanken, dass bspw. es eine "türkische oder kurdische Rasse" geben soll, sogar sehr rassistisch.
Benachteiligt werden tatsächlich doch eher Ethnien, aber ich denke, die Charakterisierung von Ethnie berücksichtigt höchstens zufällig ihre genetischen Merkmale.
Rassendiskriminierung ist die Benachteiligung von Menschen aufgrund bspw. ihrer Hautfarbe. Waren die von dir angesprochenen Maßnahmen denn wirklich rassistisch?
Nur um für die übrigen Leser_innen dieses Mediums, die sich wie ich die Kommentarspalte antun, einen ergänzenden Kommentar abzugeben. Es gibt Rassismus, Rassen gibt es nicht. Allein daraus lässt sich Ableiten, dass Rassismus nicht an angeblichen rassischen Merkmalen hängt, sondern eine Diskriminierungsform beschreibt, die über die Konstruktion (mehr oder minder) homogener Gemeinschaften funktioniert, deren Teilnahme nicht frei gewählt ist. Darin unterscheidet sich Rassismen zum Beispiel von Diskriminierungsformen wie Sexismus oder der Abwertung Sozialschwacher, da bei diesen beiden keine Gemeinschaft der Diskriminierten unterstellt wird. Ob diese unterstellte Gemeinschaft nun völkisch, national oder kulturell unterstellt wird, ist für die Form der Diskriminierung zweitrangig. Ein nur teilweise dem Rassismus zuzuschlagendes Feld ist zweifelsohne die Diskriminierung ob Religion/Konfession. Sie ist dann rassistisch, wenn die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft qua Geburt/Gruppenzugehörigkeit behauptet wird (wie z.B. in den meisten antiislamischen Diskursen in der BRD).
Lesenswert dazu auch ein Artikel von Wolfgang Wippermann in der Jungle World vom 05.03.2009: http://jungle-world.com/artikel/2009/10/32822.htm…
in jeder Partei sind mindestens 10% irre
Also zu unserem "Öko-Dosen-Pfand-Erfinder" geh ich hin. Alleine um mal zu fragen ob er es ökologisch findet, dass die Einwegquote dadurch größer geworden ist. Gut gemachte Kampagne der Industrie um das Mehrweg-System abzuschaffen. Mal sehen was die Grünen Männchen demnächst aushecken.
Diese machtgeilen Grünen sind schon ein witziges Völkchen. Außen hui, Innen Pfui. 🙂
Erst Bonus-Meilen Cemi und jetzte Döschen… Das echt toll.
Der Vorwurf ist imho so fundiert, wie der Vorwurf, dass Kohlekraftwerke wie in Lubmin jetzt gebaut werden, weil die Grünen den Atomausstieg durchgesetzt haben… Verwechselt Du nicht Ursache und Wirkung?
Auf die Gefahr hin, dich enttäuschen zu müssen: Der Dosenpfand-Erfinder kommt so bald wohl nicht nach Greifswald. Der heisst nämlich Klaus Töpfer, war von 1987 bis 1994 CDU-Umweltminister und arbeitet derzeit als Direktor des Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam…vielleicht einfach mal hinfahren. Andererseits kommt ja des Töpfers Nachfolgerin, die erst als Umweltministerin die Verpackungsverordnung bestätigte um dann ihrem Nachfolger Trittin deren Umsetzung vorzuwerfen.
Ergo: Man kann das Dosenpfand ja für Mist halten (halte ich übrigens nicht, zumindest die Vermüllung der Landschaft hat deutlich abgenommen und das Absinken der Mehrwegquote wäre auch so passiert). Aber in puncto Urheberschaft des Mists wollen wir doch schön "bei unserer guten deutschen Wahrheit" bleiben, um es miot Wolfgang Borchert zu sagen.
OK. Danke für den Hinweis…
Auch der Ernst lernt nicht aus… 😉
Ich weiß nur noch das der Trittihn immer sein Gesicht in die Kameras gehalten hat wenn es um Dosen ging. Und mehr hat er auch in meinen Augen nicht gemacht.
Aber das muss man ja auch können. 🙂
@ Herrn Jabbusch
ich polemisiere ab und zu ganz gerne.
das muss man dann nicht immer ganz "ernst" nehmen.
Aber das kennst du ja 😉
die cdu trumpf am 1.6. mit angie auf – reicht das nicht als wahlkampf???
http://www.zukunft-braucht-erfahrung.de/termine.h…
Danke für den Hinweis! Wir haben das in den Artikel ergänzt.
Ist nur wieder absolut typisch für die Informationspolitik der CDU, dass wir noch nicht auf die Veranstaltung hingewiesen worden sind. Aber vielleicht kommt das ja noch…
Immerhin vom RCDS haben wir vor kurzem die erste PM bekommen, die wir auch asap veröffentlichen(!). Jetzt ist es nicht mehr weit bis zur CDU!
Man kann sich sicher darüber ärgern dass die CDU weniger Pressemitteilungen verschickt. Man kann aber wenn man seriös und ausgeglichen berichten will, auch einfach mal den Hörer hochnehmen und bei den Presseabteilungen von CDU und FDP anrufen. Das ist ja nun wirklich kein grosser Aufwand. Man kann doch nicht immer warten bis die gebratenen Hühner einem in den Mund fliegen.
Da hast du im Prinzip Recht. Es wäre in der Tat schlechter Journalismus, nicht auch selbst zu recherchieren. Aber erstens tun wir das ja durchaus auch und zweitens ist das eben nur ein Teil des Ganzen – und beim anderen Teil greift man eben auf die Informationen zurück, die man geliefert bekommt.
Und da fällt dann eben doch auf, wer uns welche liefert und wer nicht.
Ansonsten guck' mal in die Begriff-Wolke auf der Startseite – wir haben 24 Mal über die CDU und nur 16 Mal über die SPD berichtet. Quantitativ kann man also keine Ausgewogenheit feststellen – und zwar zu Gunsten der CDU. Doll, oder? 😉
dolle Sache!
dann noch die 100 Artikel zu den Grünen und die 0,0 Artikel zur FDP und es wird noch doller!
Finde gar nicht, dass er da im Prinzip Recht hat. Vernünftige Pressemitteilungen zu schreiben und den Medien zukommen zu lassen, soviel Professionalität muss ich von politischen Parteien schon erwarten dürfen – bei Wählergemeinschaften und Einzelbewerbern is das ja noch mal n andern Schnack. Es ist jedenfalls IMHO nicht Aufgabe von Journalisten, regelmäßig die Parteipressesprecher abzuklappern, ob sie denn nicht bitte was zu verlautbaren hätten. Wer was gepostet, gesendet oder gedruckt haben will, soll sich gefälligst anstrengen.
zur FDP
http://www.liberale-mv.de/index.php?kreisID=0&…
http://www.fdp-greifswald.de/index.php?kreisID=&a…