Theater droht letzter Vorhang“, so titelte die Ostseezeitung Ende der vergangenen Woche. Grund genug für Bürgermeister und Kulturdezernenten, am nächsten Werktag mit lediglich vier Stunden Vorlauf eine Pressekonferenz einzuberufen. „Angespannt“ – präziser lässt sich die Situation um das Theater Vorpommern und dessen Verantwortliche derzeit wohl kaum in Worte fassen – auch nach der Eilkonferenz, die die Medien und die Öffentlichkeit besänftigen sollte.
Rund um eine mögliche Vertragsverlängerung des Theaterintendanten Nekovar hatte sich zwischen den Gesellschaftern des Theaters (Stralsund, Rügen und Greifswald) in den vergangenen Wochen ein Streit entsponnen, der mit der Kündigung des Gesellschaftsvertrages durch die Stadt Greifswald seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat.
In der Ostseezeitung warf man den Verantwortlichen vor, mit einer harten Linie gegen die Mitgesellschafter eine Möglichkeit zu suchen, künftig im Kulturbereich zu sparen und damit die Zukunft des Theaters zu gefährden.
Naturgemäß stellten Oberbürgermeister Dr. Arthur König und Kulturdezernet Ulf Dembski die Situation anders dar. Der Ostseezeitung hielt man inhaltliche Fehler und emotionale Überspitzung vor – ungewöhnliche Töne aus dem hiesigen Rathaus.
König: „Greifswald steht weiter zum Theater“
„Greifswald steht weiter zum Theater und zu seinen Mitarbeitern. Greifswald möchte das Theater nicht abwickeln. Wir wollen keinen Cent an städtischen Mitteln sparen“, verkündete der Bürgermeister. Die Bürgerschaft habe ob des Streits um den Intendanten am 30. März beschlossen, den Gesellschaftsvertrag zu kündigen; das sei den Vertragspartnern umgehend in ausführlichen Schreiben mitgeteilt worden. Das eigentliche Kündigungsschreiben der vergangenen Woche, dessen Kürze für ein Rauschen im Blätterwald gesorgt hatte, sei daher lediglich ein formaler Akt gewesen.
Es gelte nun, einen neuen Vertrag auszuhandeln, der für Greifswald allerdings an die Bedingung geknüpft ist, dass Personalentscheidungen künftig nur noch einstimmig gefällt werden. Die Stralsunder Bürgerschaft und der Kreistag der Insel Rügen werden die Greifswalder Vorschläge voraussichtlich in ihren Sitzungen am 7. Mai behandeln.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, ist die Zukunft der drei Theaterstandorte tatsächlich unklar. Greifswald müsste sich wohl nach neuen Partnern umsehen. Dr. König betonte man habe „Kontakte in alle Richtungen“, auch wenn man derzeit keine konkreten Gespräche mit potentiellen Partnern führe. Auch Stralsund und Rügen wären allein wohl gezwungen, einen großen Teil der Belegschaft zu entlassen.
Das Land will kürzen
Während man also in Schwerin ohnehin daran arbeitet, die Landesmittel für die Theater zu kürzen, geraten nun auch die Städte bzw. der Kreis Rügen in Unstimmigkeiten. „Nicht gerade der beste Zeitpunkt.“, musste auch Kulturdezernent Dembski einräumen. Dr. König betonte jedoch, es gäbe keine persönlichen Verstimmungen zwischen den Verantwortlichen. Doch das Arbeitsklima zwischen Intendant und der Stadtverwaltung scheint völlig vergiftet. Dembski erklärte zwar, man wolle die einzelnen Probleme nicht in die Öffentlichkeit tragen, eine Verlängerung der Zusammenarbeit mit Nekovar schloss er jedoch kategorisch aus. „Man darf nicht vergessen, dass sich auch der Aufsichtsrat und ein großer Teil der Mitarbeiter gegen Anton Nekovar als Intendanten ausgesprochen hat.“, betonte König. Die oft angeführte Unterschriftenliste der Mitarbeiter gegen eine Vertragsverlängerung des Intendanten – das mussten beide Stadtvertreter eingestehen – haben sie jedoch bisher nicht persönlich sehen können.
Bilder: Ansicht Theater Greifswald, Standortkarte, Logo – Theater Vorpommern;Bild Dembski/König – Carsten Schönebeck
"Während man also in Schwerin ohnehin daran arbeitet, die Landesmittel für die Theater zu kürzen…"
Da scheint die Regierung in Schwerin wohl vergessen zu haben, das es ohne Kultur auch keinen Tourismus geben wird. Hier schneidet sich MV, genau so wie bei dem Verwaltungskostenbeitrag ins eigene Fleisch. Kultur und Tourismus sind die einzigen Potentiale, die dieses Bundesland zu bieten hat. Die Wirtschaft des Landes ist ohne Kultur undenkbar. Und da will man fleißig weiter sparen. Dabei könnte man genau so gut Mittel des Konjunkturpakets I und II in die Kultur investieren.
Insgesamt ist in diesem Zusammenhang der Streit sehr unpassend.
Ich bin nicht davon überzeugt das der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern durch Theater und Kultur beeinflußt wird. Es wäre schön, aber ich denke es liegt an den Seen und am Meer.
Davon abgesehen finde ich es traurig, dass die Theater regelrecht nach Geld betteln müssen. Aber das Land der Dichter und Denker ist nicht bereit ins Theater zu gehen. Das ist ein generelles Problem. Vielleicht sollte man das Ganzeheitlich betrachten und nach Lösungsansätzen suchen. Man muss die Menschen wieder für Kultur gewinnen. Das versucht leider nur keiner.
Ich hoffe für das Theater Vorpommern das Beste…
und ich hoffe, dass es sich bald wieder lohnt, ins theater zu gehen. greifswald ist nicht unbedingt eine wucht, was das angeht. das ist der hauptkritikpunkt, den ich immer wieder vernehme. wenige ausnahmen der sonst mutlosen inszenierungen, wie das ballett "le sacre du printemps", bestätigen diese regel.
Und da sag noch einer, die lokale OZ-Redaktion führe einen Kuschelkurs zu King Arthur. Der OZ-Artikel geht ja nun wirklich am Ziel vorbei, besser gesagt: schiesst über's Ziel hinaus.
Sicherlich ist es schade um die Theatersituation im Land. Man muss aber auch sagen, dass das Theater Vorpommern gemessen an der Einwohnerzahl Vorpommerns, gute Arbeit leistet. Es liegt eher daran, dass in unserer amerikanisiert-verdummten Massenmedienwelt weniger Leute ins Theater oder ins Konzert gehen. Darüber müsste man in der Tat eine breit gefächerte bundesweite Diskussion führen, nämlich wohin wir als Gesellschaft insgesamt hinsteuern wollen. Wollen wie ein Land der Dichter, Denker und Musiker sein oder wollen wir uns im dahinplätschernden Globalismus auf niedrigstem Niveau vereinen?
Die OZ führt vor allem einen Kuschelkurs mit der örtlichen CDU. Gegen den Bürgermeister hat sie schon öfter – teils unbegründet – geschossen.
Der Artikel beweist in Bezug auf die Lokalberichterstattung (noch) nichts…
Der Witz des Tages! Die CDU ist der Bürgermeister und vice versa. Zur Information sollte man einmal eine Bürgerschaftssitzung besuchen. Gestern konnte man wieder live dabeisein, um sich von meiner These zu überzeugen. Die genannten Schüsse dienen, wenn es sie überhaupt gab, dann wohl nur zur taktischen Ablenkung.
Früher war eh alles besser.
"inhaltliche Fehler und emotionale Überspitzung"
nunja, die Zauber der OZ….
Ich halte die Ostseezeitung-Berichterstattung tatsächlich für tendenziös. Jene Unterschriftenliste haben wohl wirklich nur wenige gesehen. Warum wohl? Wer sich als Mitarbeiter pro Aufsichtsrat outet und sich damit indirekt gegen den Intendanten stellt, hat bei einer Publikation der Liste gute Chancen auf die Straße gesetzt zu werden, indem zum Beispiel der Vertrag nicht verlängert wird. (Vom Loyalitätsgebot und der Möglichkeit einer fristlosen Kündigung will ich gar nicht erst reden…)
Die OZ fordert die Liste, wenn auch indirekt, trotzdem und lässt nur das als Beweis für die Stimmungslage zu. Warum unternimmt die OZ offensichtlich nicht die Anstrengung die Geschichte von allen Seiten adäquat zu beleuchten?