Alles mutet etwas verworren an, wenn man versucht sich durch die Untiefen des Arbeitsapparates der Philosophischen Fakultät zu schiffen. Es ist schwer zu erschließen, wer wofür zuständig ist und wo welche Entscheidungen getroffen werden.
Anlass ist die seit sechs Jahren unbesetzte Professur mit dem Schwerpunkt Romantik in der Kunstgeschichte, zu der nun wieder ein neues Berufungsverfahren läuft.
Berufung von der Berufung
Zu dieser Professur gab es zuvor bereits zwei Berufungsverfahren, wovon das letzte an dem Rückzug der ersten beiden favorisierten Bewerber gescheitert ist. In diesem Fall hätten mit dem dritten Bewerber der sogenannten Dreierliste Verhandlungen aufgenommen werden müssen. Wozu es jedoch nicht kam, da von der Hochschulleitung eine Neuausschreibung empfohlen wurde. Dieses Recht wird dem Rektorat durch das Landeshochschulgesetz eingeräumt. Die Gründe dafür mögen wohl in der Absicherung der Lehre mit einer damit einhergehenden hohen Lehrqualifikation liegen. Nun wird diese Professur zusammen mit der demnächst frei werdenden Professur von Bernfried Lichtnau neu ausgeschrieben. Erfahrungsgemäß dauert es von der Ausschreibung bis zur tatsächlichen Besetzung der Professur zwei Jahre.
Der Einfluss der Studenten
Auf die Entscheidungen des Fakultätsrates haben die Studenten nur über ihre vier gewählten Vertreter Einfluss. So war es auch ihnen ein besonderes Anliegen, dass es durch eine weitere Einschränkung des Ausschreibungstextes, über den auf der Fakultätsratssitzung im November viel diskutiert wurde, nicht erneut zu einer problematischen Personalentscheidung kommt. Allgemein gesprochen meint Alexander Schulz-Klingauf, Mitglied des akademischen Senats, des Fakultätsrates der Philosophischen Fakultät und des Stupa, dass „die Einflussmöglichkeiten derjenigen Studierenden, die ihre Kommilitonen in den Gremien vertreten sehr hoch seien – wenn das Engagement stimmt und die jeweiligen Studierenden ihre Verantwortung ernst nehmen.“ Dies sei jedoch in der vergangenen Legislatur uneingeschränkt der Fall. Außerdem wurde erreicht, dass in der Berufungskommission ein weiteres studentisches Mitglied vertreten ist, nämlich Tim Ehlers, Vorsitzender des Fachschaftsrates Kunst ist. Ansonsten können die Studenten ihre Meinung nur durch öffentliche Protesterklärungen zum Ausdruck bringen, wie es der Fsr-Kunst auf jener Fakultätsratssitzung auch getan hat.
Verlust der Kontinuität
Es wird auch zu einem Problem der Studenten, wenn das Renommee ihres Institutes durch immer wieder neu angesetzte Berufungsverfahren leidet, denn dann werden potenzielle Bewerber vorsichtig oder gar abgeschreckt bzw. nutzen die Uni Greifswald nur noch als Sprungbrett für andere Unis. Zu den grundsätzlichen Problemen, die eine ständige Lehrstuhlvertretung mit sich bringt, wie die Organisation des Stundenplans, das mangelhafte Lehrangebot, die fristgemäße Beantragung von Geldern für Hiwi-stellen, sowie die teilweise problematisch gewordene Einhaltung der Regelstudienzeit, kommt noch das viel schwerwiegendere Problem des Verlustes der Kontinuität in der Lehre dazu. Das für eine spätere Universitätslaufbahn so wichtige Verhältnis zwischen Professoren und Studierenden kann kaum aufgebaut werden.
Gleichere Behandlung
Wenn es um die Neubesetzungen von Professuren in der Philosophen Fakultät geht, begegnet einem von mancher Seite Unmut und Unzufriedenheit. Auf jeden Fall ist in Studiengängen mit ständigen Lehrstuhlvertretungen die Frustration groß, die sich wie wir sehen nicht ausschließlich auf die Studenten beschränkt. Die von der Hochschulleitung betriebene Politik, die in über jegliche Berufungen das letzte Entscheidungsrecht inne hat, lässt sie zunehmend unglaubwürdig erscheinen. In Anbetracht der langen Zeit der Nicht-Besetzung der Professur müsste es der Hochschulleitung doch ein dringendes Anliegen sein diesen Zustand schnellstmöglich zu ändern. Dass mit einem, von einer eigens dafür zusammengestellten Berufungskommission, ausgewählten Kandidaten, der doch als geeignet empfunden wurde, keine Verhandlungen aufgenommen werden, erzeugt zumindest Unverständnis. In diesem Sinne sei abschließend noch einmal Alexander Schulz-Klingauf zitiert: „Bei Lehrstuhlbesetzungen werden einige Institute der Philosophischen Fakultät frei nach Orwells Roman Animal Farm eben ‚gleicher’ behandelt als andere.“
Autorin: Ulrike Wolter
Interview mit Professor Michael Soltau, Geschäftsführender Direktor des Caspar-David-Friedrich-Institutes, Mitglied des Fakultätsrates der Philosophischen Fakultät.
moritz Beschreiben Sie doch bitte zunächst einmal ihre Arbeit als Geschäftsführender Direktor des CDFI und als Mitglied des Fakultätsrates.
Michael Soltau Als Geschäftsführender Direktor gehört die Koordination des Lehrbetriebs zu meinen Aufgaben, das heißt: Fragen zu Prüfung und Prüfungsordnung, Fragen zum Studium, und darüber hinaus das Koordinieren der Bereiche Bildende Kunst und Kunstgeschichte, durch deren Verbindung das Institut sich nach außen hin profiliert. Auf den Kollegiumssitzungen werden dann Prüfungsfragen, Fragen zum Studienablauf, zu Lehrstuhlvertretungen und zum Haushalt besprochen. Im Fakultätsrat vertritt natürlich jeder in gewisser Weise seine eigenen Interessen, aber man erhält auch Einblick in die übergeordneten Interessen der Fakultät sowie in die Profile und Interessen der anderen Institute. Auch hier stehen Fragen der Organisation, des Haushalts, der Prüfungs- und Studienordnungen im Mittelpunkt.
moritz Wie bewerten Sie die Arbeitsweise und das Klima im Fakultätsrat?
Michael Soltau Diese Frage lässt sich gar nicht mit gut oder schlecht beantworten. Zunächst einmal ist das Klima sehr kollegial und offen. Der Fakultätsrat ist immer auch ein Forum des Interessenausgleichs. Insofern finde ich es wichtig, dass man sportlich miteinander umgeht und anerkennt, wenn man in Mehrheitsentscheidungen unterliegt. Organisatorische Probleme lassen sich innerhalb dieses Gremiums relativ schnell lösen.
Wenn es um Funktion und Selbstverständnis des Fakultätsrates geht, kommt es manchmal zu Diskussionen. Ich würde mir wünschen, dass wir als Fakultätsrat mit mehr Selbstvertrauen und offensiver auftreten. Damit meine ich, dass wir nach außen unsere Werte und unsere Wertigkeit, wie wir uns verstehen, stärker vertreten sollten. Vielleicht sollten wir auch mehr über die Position des Dekans im Hinblick auf seine Bedeutung als Vertreter der Interessen der Fakultät nachdenken.
moritz Können Sie etwas dazu sagen, woran die letzten beiden Berufungsverfahren gescheitert sind?
Michael Soltau In bestimmten Punkten sind die Mitglieder des Fakultätsrates zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ich kann im Sinne der in den öffentlichen Fakultätsratssitzungen stattgefundenen Erörterungen soviel dazu sagen, dass mit dem dritten Bewerber der Dreierliste der vakanten Professur W3 Kunstgeschichte, zu der wir uns in der Berufungskommission durchgearbeitet haben, keine Verhandlungen aufgenommen wurden. Denn im Landeshochschulgesetz ist verankert, dass der Hochschulleitung in entsprechenden Verfahren ein Vetorecht eingeräumt wird, und diese somit nicht an die Empfehlung der Berufungskommission gebunden ist. In diesem Fall gab es allerdings keine schriftliche Mitteilung vom Rektor an das CDFI, sondern nur eine mündliche Mitteilung seitens des Dekans an den Fakultätsrat. Wie so vieles ist eben auch Informationspolitik oft eine Stilfrage. Man mag darüber unterschiedlicher Auffassung sein, in welchem Maße bei einer Berufung Interessen von außen zu berücksichtigen sind, die nicht unbedingt die internen Belange des Instituts widerspiegeln. Die Mitglieder der Berufungskommission stellen sich in diesem Zusammenhang natürlich die Frage nach dem Stellenwert ihrer Empfehlung und sehen ihre Arbeit unter Umständen sogar degradiert und entwertet.
moritz Glauben Sie, dass die ausgeschriebenen Stellen inhaltlich und finanziell ausreichend attraktiv sind?
Michael Soltau Die Ausstattung einer Professur, das heißt die Zuweisung von Mitteln, etwa die Ausstattung mit Fachliteratur und Mitarbeiterstellen, findet in Verhandlungen mit der Hochschulleitung und im Dialog mit dem Dekan statt. Darüber erhalten jedoch weder ich noch das Institut detaillierte Informationen.
Wir haben uns allerdings im Ausschreibungstext um eine relativ offene Stellendefinition bemüht. Auf der Fakultätsratssitzung, auf der es um die Verabschiedung des Ausschreibungstextes ging, wurde ja auch von Professor Astroh der Vorschlag eingebracht, den historischen Aspekt des Stellenprofils nicht auf die Romantik zu beschränken, sondern das avisierte Qualifikationsprofil um Aspekte von Realismus und Moderne zu erweitern. Dieser Vorschlag fand durchaus Zustimmung, war aber in der letzten Abstimmung nicht mehrheitsfähig.
moritz Sehen Sie eine Schwierigkeit darin, dass die Professur zur Romantik und die zukünftig vakante von Professor Lichtenau von einer Berufungskommission bearbeitet werden oder ist das eher ein Vorteil?
Michael Soltau Ich sehe darin eigentlich eher Vorteile, da wir zum einen durch Mitglieder von anderen auswärtigen Kommissionen eingeschränkt sind. Zum anderen haben wir einen direkten Vergleich der in Frage kommenden KandidatInnen und können die unterschiedlichen Qualifikationsprofile in Relation zueinander beurteilen. Auf jeden Fall sparen wir an dieser Stelle eine Menge Zeit, denn man weiß ja, wie langwierig Besetzungsverfahren im Allgemeinen sind.
moritz Inwieweit hat das Renommee des Institutes durch die letzten beiden gescheiterten Berufungsverfahren gelitten?
Michael Soltau Oberflächlich betrachtet hat das Renommee unseres Instituts wohl nicht gelitten. In Fachkreisen wird natürlich schon wahrgenommen, wie lange eine Professur vakant ist.
Im Übrigen sollte darauf geachtet werden, dass eine Bewerbung an unserer Universität nicht nur zum Sprungbrett für weitere Bewerbungen der Kandidaten mutiert oder die Platzierung auf einer Liste lediglich als Plateau für Verhandlungen der Bewerber mit anderen Universitäten verwendet wird.
Das Interview führte Ulrike Wolter.