Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Nein, wir machen keine Reise in die Vergangenheit. Es ist auch kein Experiment, das ich hier wage, um mir eine Auszeit von Social Media & Co zu nehmen. Ich hatte leider keine andere Wahl, als eine Woche ohne Handy auszukommen. Wie überlebt man sowas nur? Geht das überhaupt?
Der Anfang vom Ende
Als ich am Montagmorgen aufgewacht bin, ging mein Handy nicht an. Mein erster Gedanke war natürlich nicht, dass jetzt alles vorbei war, sondern dass es nicht richtig geladen hatte über Nacht. Was macht man in so einem Fall also? Natürlich das Smartphone wieder ans Ladekabel hängen, dieses Mal aber überprüfen, dass auch alles wirklich an Ort und Stelle sitzt. Aber irgendwie passierte auch nach ein paar Minuten einfach gar nichts. In dem Moment war ich immer noch relativ entspannt und habe das Handy erst mal neugestartet.
Als es nach mehrmaligem Neustarten immer noch nicht anging, stieg langsam die Panik in mir hoch. Ich musste heute noch von Bamberg nach Greifswald mit dem Zug fahren. Am nächsten Tag musste ich früh aufstehen, da ich ein Seminar hatte. Und das alles sollte ohne Handy funktionieren? Panisch versuchte ich erneut, mein Smartphone irgendwie zu starten und recherchierte auch, wo das Problem liegen könnte. Erst war ich noch hoffnungsvoll, da das Problem auch andere schon hatten, aber die Anleitung, wie man das iPhone wieder zum Laufen bringen konnte, hat bei mir absolut gar nicht funktioniert. Da ich aber bald zum Zug musste, hatte ich erst mal keine weitere Zeit, mich damit zu beschäftigen.
Da kam auch gleich schon das erste Problem der Handy-freien Zeit auf mich zu. Wie hat man heutzutage sein Ticket dabei? Natürlich elektronisch auf dem Smartphone. Jetzt durfte ich nicht vergessen, das Zugticket noch auszudrucken. Zusätzlich dazu habe ich mir sicherheitshalber meine Umsteigezeiten und die Gleise notiert, damit ich auch wirklich in Greifswald ankommen würde. Außerdem habe ich mir einen Wecker von zuhause mitgenommen. Ansonsten hätte ich meine ganzen Kurse um 8 Uhr sicherlich verschlafen.
Als ich wieder in Greifswald war, stiefelte ich am nächsten Tag sogleich zu einem Telekom Laden, um mir dort eine Meinung einzuholen. Der Besuch resultierte schnell in einer Hiobsbotschaft: ich selbst würde das Handy nicht wieder zum Laufen bringen, es sei ein Softwareproblem und müsse eingeschickt werden.
Ich war so intelligent und habe das Smartphone vor einem halben Jahr direkt bei Apple gekauft, da ich damit mein altes iPhone mit Apple Trade loswerden konnte. Das erschien mir damals äußerst clever von mir. Jetzt war es das leider ganz und gar nicht, denn nur ein Apple Händler könne das Handy einschicken, wurde mir beim Telekom Laden mitgeteilt. Der nächste Apple Laden war aber nicht Greifswald aufzufinden, den gab es erst in Rostock. Ohne Handy nach Rostock fahren und wieder zurück? Nein, darauf hatte ich keine Lust. Außerdem müsste ich das bestimmt auch wieder in Rostock abholen. Also entschied ich mich, das iPhone erst einschicken zu lassen, wenn ich wieder zuhause war. So schlimm konnte es doch ohne Smartphone nicht sein….oder??
Von Banküberweisungen, Freunde treffen und Wäsche waschen
Schon ging es weiter mit den Problemen. Ich hatte bei meinem Einzug bei einem Möbelgeschäft Möbel gekauft und ein Möbelstück musste noch nachgeliefert werden. In der Woche vor meinem Handyausfall habe ich von der Firma telefonisch erfahren, dass das fehlende Möbelstück nun geliefert worden war und die Schreiner sich bei mir melden würden, wann sie es bei mir aufbauen würden. Dummerweise funktionierte ja aber mein Smartphone jetzt nicht. Also musste meine Mutter mit der Firma den Termin ausmachen, was echt umständlich war!
Auch ganz andere Probleme stellten sich mir auf einmal. Überweisungen konnte ich jetzt nicht tätigen, da ich bei einer Online-Überweisung einen Code auf mein Handy geschickt bekomme. Rechnungen mussten also erst mal warten.
Zum Glück und komischerweise funktionierte jedoch WhatsApp an meinem Laptop weiterhin. Ohne das wäre ich komplett von der Außenwelt abgeschnitten gewesen.
Dann kam mir auf einmal der geniale Gedanke, dass ich auf Instagram und Facebook auch auf dem Laptop zugreifen konnte. Nur leider stellte sich das schnell als sehr große Enttäuschung heraus. Ich war nämlich so intelligent gewesen, einzustellen, dass mir auf mein Handy eine SMS mit einem Code geschickt wird, wenn man sich bei einem dieser Plattformen mit meinem Profil anmeldet, damit ich nicht gehackt wurde. Falls WhatsApp also nicht mehr funktionieren würde auf meinem Laptop, bliebe mir nur E-Mail schreiben übrig! Hilfe!
Jedoch entpuppte sich WhatsApp am Laptop offen zu haben auch als ein Problem, denn normalerweise schließe ich die App an meinem Laptop, wenn ich einen Kurs hatte. Jetzt konnte ich es natürlich nicht riskieren, die App zu schließen und damit womöglich meine Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt zu verlieren, falls WhatsApp nach dem Schließen nicht mehr funktionieren sollte. Also lebte ich in ständiger Angst, dass mich eine Dozierende oder ein Dozierender in einem Seminar aufriefe, während eine Nachricht eintrudelt und der oder die Dozierende hört, dass ich einen Nachrichtenmessenger offen habe. Deshalb wurden nun alle, mit denen ich viel Kontakt habe, von mir angewiesen, dass sie sich nur zu bestimmten Uhrzeiten bei mir melden durften.
Freunde treffen geht auch ohne Handy, wenn WhatsApp ja am Laptop funktioniert? Sollte man meinen. Allerdings nur, wenn man bereits den Weg zu ihnen kennt. Da ich erst im Oktober hierher gezogen bin, kenne ich mich noch nicht so gut in Greifswald aus. Deshalb mussten mich meine Freunde in meiner handylosen Zeit entweder bei mir zuhause besuchen, wir haben uns in der Stadt an einem mir bekannten Punkt getroffen und ansonsten konnte ich nur zu denen in die Wohnung kommen, bei denen ich davor schon einmal war. Wie ging sowas nur früher in den Zeiten ohne Smartphone?
Wäsche waschen. Das kann man doch bestimmt ohne Handy erledigen, werdet ihr jetzt sagen. In meinem Fall leider nicht! In meinem Wohnheim muss man sich eine App fürs Smartphone herunterladen, die die Waschmaschinen und Trockner in Gang bringen und gleichzeitig Geld von seinem Konto für den Vorgang abbucht. Zum Glück war in der Woche kein Waschtag angesetzt, sonst hätte ich bei meiner Nachbarin klingeln müssen und sie bitten müssen, dass sie meine eigene Wäsche startet.
Auch mein Einkaufserlebnis war anders. Früher hatte ich in meinen Notizen am Handy vermerkt, welche Lebensmittel ich einkaufen wollte. Jetzt hatte ich tatsächlich einen Zettel aus Papier dabei!
Wenn ich, als mein Handy noch mein treuer Begleiter war, spazieren war, habe ich mir entweder Podcasts angehört oder Sprachnachrichten beantwortet. Ich war quasi nie alleine unterwegs. Das sah in der Woche ganz anders aus! Ich weiß tatsächlich nicht, wann ich das letzte Mal davor meine Wohnung verlassen habe, ohne dass ich mein Smartphone dabei hatte. Aber auch alle Warte-Situationen wie am Bahnhof, bei der Kasse am Supermarkt, im Wartezimmer beim Arzt, haben etwas gemeinsam: jeder zückt sein Handy und studiert Social Media oder ähnliches. Ich hatte jetzt dagegen die Zeit, Menschen zu studieren. Ich kann jedem nur empfehlen, das auch mal auszuprobieren! Es ist wirklich sehr spannend und man lernt viel. Insgesamt geht man anders durch die Welt, wenn man kein Smartphone dabei hat. Ich habe die Umwelt bewusster wahrgenommen und habe mich auch irgendwie mehr verbunden mit mir selbst gefühlt, da ich wieder mehr Zeit mit mir alleine hatte. Nur der eigene Kopf quatscht einen voll, wenn man alleine spazieren geht und keine Sprachnachricht einer Freundin oder ein Podcast.
Mein Fazit
Was habe ich in der Zeit gelernt? Nicht alles nur auf seinem Handy abzuspeichern, immer Backups zu machen, einen Wecker in der Wohnung für Notfälle zu besitzen, dass man auch ohne Handy und Kopfhörern spazieren gehen kann und dass man tatsächlich eine Woche ohne Smartphone überleben kann.
Ob ich das noch einmal brauche? Wohl eher nicht. Handys sind einfach Teil unseres Alltags geworden, die man nicht nur für Social Media benutzt, sondern auch, um Überweisungen zu tätigen, oder sich in einer fremden Stadt mit Google Maps zurechtzufinden. Aber ich möchte weiterhin ohne Handy spazieren gehen und auch zukünftig ohne mein Smartphone Warte-Situationen erleben.
P.S.: Mein iPhone funktioniert zwar immer noch nicht, aber mittlerweile habe ich das alte Handy einer Freundin. Jetzt folgt jedoch ein großes ABER. Ihr Handy hat die Hälfte meines Speicherplatzes und jetzt lädt WhatsApp auf dem Smartphone nicht. Zum Glück habe ich jedoch auch Signal und Instagram, sodass es trotz allem immerhin ein Fortschritt ist und ich wieder besser mit der Außenwelt in Kontakt treten kann. Mein kaputtes Handy werde ich jetzt, wenn ich wieder zuhause bin, gleich einschicken.
Beitragsbild: JESHOOTS-com auf Pixabay
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Das hört sich gruselig an. Wege zu unbekannten Orten lassen sich auf einem Stadtplan oder einer Landkarte finden, Fahrkarten kauft man vor Abfahrt des Zuges am Automaten. Ich denke, dass Smartphones durchaus hilfreich sein können, aber auch menschliche Nähe vorgaukeln. Ich lebe gut ohne Smartphone und brauche auf nichts zu verzichten.