Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.
Lange wurde überlegt, wie dieser Artikel eingeleitet werden könnte. Zum Glück konnten da polnische Freunde beim Einstieg helfen. Weil alle Menschen aus Polen ja auch immer einsteigen. Wisst ihr? Weil die ja auch immer alle stehlen. Zumindest hat mir das ja der Bruder, des Vaters, der Freundin eines Freundes versichert! Und ich meine was der sagt muss ja stimmen. Oder? Ist doch so, nicht?
Naja, aber dann gibt es ja noch die total lustigen Witze die beispielsweise Frauen als Protagonistinnen haben. Natürlich werden dort dann auch nur die am wenigsten von der Intelligenz gesegneten Exemplare angetroffen. Damit sind natürlich nicht weniger als alle gemeint. Aber wie sollten wir auch etwas anderes denken? Wir alle sollten ja spätestens seit der Dr. Oetker Werbung wissen: „Eine Frau hat zwei Lebensfragen – Was soll ich anziehen und was soll ich kochen?“. Klar, dass das nur logisch ist, denn nur Frauen können kochen.
Aber natürlich sind es nicht nur das Geschlecht oder zum Beispiel die Haarfarbe, womit man ganz tolle humoristische Ergüsse produzieren kann. Wie wäre ist mit Nationalitäten? Wie anfangs schon erwähnt sind alle polnischen Menschen ja Diebe, Französ*innen ergeben sich immer sofort, alle Deutschen sind immer mit Socken in den Sandalen ausgerüstet, während wir unsere schwarz-rot-gelben Handtücher auf den besten Liegen positionieren. Und vergessen wir nicht die Italiener*innen, die ja auch alle immer Pizza oder Nudeln essen, während sie wild gestikulieren, um sich zu unterhalten. Aber warum nur in Europa bleiben? Da gibt’s ja auch noch die aus China. Oder Korea? Nee Japan! Ach, ist doch für uns eh alles das Selbe. Die sehen ja sowieso alle gleich aus und essen nur Reis. Achso und Katzen, ist ja klar. Vielleicht kommen daher ja die außerordentlichen Ergebnisse in Mathe! Von Afrikaner*innen, die ja immer alle nur mit Palmenblättern bekleidet sind, brauche ich gar nicht anfangen. Genauso sind auch nicht immer nur Menschen gemeint. Immerhin versucht die gesamte Flora und Fauna Australiens jeden Menschen dort umzubringen. Südamerika ist ja sowieso nur Regenwald, Sibirien ist auch immer gefroren, in Afrika gibt’s nichts als Sand und in Brandenburg nichts als Wald und Wölfe.
Wahrscheinlich ist jede*r schon einmal mit mindestens einer dieser Aussagen konfrontiert worden – ob scherzhaft oder ernst gemeint. Man sieht also: Vorurteile sind praktisch allgegenwärtig. Jede*r hat sie wenn man einen neuen Menschen kennen lernt. Das ist ja auch nur ein natürlicher Mechanismus. Es ist die simple Vorsicht vor dem Unbekannten. Um das Unbekannte besser einzuschätzen zu können, braucht man natürlich Informationen. Diese bekommt man, gefragt oder ungefragt, von der Umwelt immer irgendwie mit. Dinge, die im Umfeld gesagt werden, die man mal in Büchern liest oder mal in Filmen sieht. Sie vereinfachen bestimmte Einschätzungen immens, sorgen für ein schnelles Verstehen. Doch genau dort liegen auch die Gefahren. Wenn man sich nur noch an die Vorurteile hält und glaubt, damit die ganze Welt erklären zu können, dann ist die Blondine aber nicht mehr die Dümmste im Raum. Damit öffnet man sehr leicht Pauschalverurteilungen und zielgerichteten Feindbildern Tür und Tor.
Eine spezifische Form des gelebten Vorurteils ist der Rassismus. Hagen Rether fasst das Ganze noch etwas genauer zusammen. Sinngemäß sagt er, dass es natürlich nur normal ist, dass man rassistisch ist. Evolutionstechnisch könnte es sehr entscheidend gewesen sein. Doch als wir Menschen die Kultur dazugewonnen haben, uns mit Sprache und Bildern verständigen lernten, da wurden Rassismus und auch eben diese Vorurteile überflüssig. Wir lernten sich komisch verhaltende und aussehende Menschen kennen und somit wurden sie für uns nicht mehr komisch.
Querschläger gibt es in allen Regionen und Kulturen. Überall gibt es Schlaumeier und Dummköpfe, Diebe und überkorrekte Korinthenkacker. Wichtig ist, dass man lernt diese Eigenschaften heraus zu filtern und nicht zu pauschalisieren. Abschließend kann man sich ja noch einmal die Frage stellen: Sind wir kulturell und können Unterschiede erkennen, ohne uns aber von diesen allein zu einem Urteil bewegen zu lassen?
Zu den im Beitrag erwähnten Erklärungen von Kabarettist Hagen Rether gelangt ihr hier, etwa ab Minute 11: https://www.youtube.com/watch?v=w4hRsmJozqY