Bevor ich anfange, Euch von dem außergewöhnlichen Spiel rund um Magier, Zauberei, Schlösser, redende Golems und einer epischen Geschichte zu erzählen, müssen wir zwei Dinge klären.
Zuerst: Kennt Ihr den Unterschied zwischen einem Hörspiel und einem Hörbuch? Sollte das der Fall sein, dann dürft Ihr den folgenden Absatz überspringen. Alle anderen (ja, ich meine dich, Tom!) lesen jetzt sehr aufmerksam.
Ein Hörbuch ist in aller Regel ein Buch, welches in leicht gekürzter Fassung von einem Vorleser, nun ja, vorgelesen wird. Dabei wird gänzlich auf sonstige geräuschvolle Untermalung, seien es stimmungsvolle Töne oder Musik, verzichtet. Es ist einfach so, als wenn Euch Eure Liebsten eine Geschichte erzählen. Hier wären die Harry-Potter-Romane, vorgelesen von dem göttlichen Rufus Beck, als Beispiel zu erwähnen.
Bei Hörspielen verhält es sich da schon etwas anders. Hörspiele inszenieren ihre Geschichten: Es gibt Geräusche im Hintergrund, die verdeutlichen, in welchem Szenario man sich gerade befindet; es gibt mehrere Sprecher und es gibt Musik. Es handelt sich quasi um einen Kinofilm für die Ohren. Als Beispiele wären hier Benjamin Blümchen, Bibi Blocksberg oder die Gruselkabinett-Hörspiele zu nennen.
Nachdem wir das nun geklärt haben, erläutern wir noch schnell, was eigentlich ein Point-and-Click-Adventure ist. In den Anfängen der Geschichte von Computerspielen waren Adventures noch rein textbasiert, bis dann … ähm nein, das ist zu albern. Ein Point-and-Click-Adventure ist ein Abenteuerspiel, in der man die Figur im Allgemeinen mit der Maus steuert, indem man durch einen kontextsensitiven Mauszeiger im Spiel mit Gegenständen interagiert, um so Rätsel zu lösen.
Jetzt fragt Ihr Euch sicher: Was will der komische Schreiberling uns damit eigentlich sagen und was hat das alles miteinander zu tun?
Ganz einfach: Das Spiel „Sound of Magic“ ist ein Point-and-Click-Adventure, jedoch ohne Point und ohne Click. Vielmehr noch, es kommt sogar ganz ohne Grafik aus.
„Sound of Magic“ ist ein Smartphone-Abenteuer der vollkommen anderen Art. Am besten spielt Ihr es mit Kopfhörern und mit geschlossenen Augen, denn die braucht Ihr dazu nicht. Der Bildschirm bleibt nämlich nach Beginn des Abenteuers weitestgehend schwarz. Alles, was Ihr wissen müsst, wird Euch von mehreren Sprechern, die ihre Sache außergewöhnlich gut machen, erklärt. Lediglich nach links und rechts müsst Ihr auf Eurem schwarzen Display wischen, um Eure Perspektive zur Szenerie zu wechseln und Euch fortzubewegen. Dabei wird immer leicht humoristisch beschrieben, was Ihr gerade seht, während Ambienttöne Euch einen Eindruck von der derzeitigen Umgebung vermitteln sollen. Dieses Game ist demnach die Verkörperung eines Kindes zwischen einem Hörspiel und einem Point-and-Click-Adventure.
Das Spiel, das hauptsächlich von den drei ehemaligen Studierenden Kevin Scherer, Vanessa Riess und Jan Ewald entwickelt wurde, und unter anderem von der MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mitfinanziert wurde, ist anfangs nur aus wissenschaftlichem Interesse entstanden. So berichten die ehemaligen drei Studierenden der Uni Furtwangen, dass ihr Projekt anfangs lediglich als Forschungs- und Abschlussarbeit für ihren Master in „Digitale Medien“ gedacht war. Aus diesem Projekt ist dann ein zweijähriges Experiment mit großen Ambitionen und nach Fertigstellung vor allem großem Interesse geworden. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei natürlich auf die Synchronsprecher gelegt, da diese bei einem sonst dunklen Spiel besonders im Mittelpunkt stünden, berichtete der „Schwarzwälder Bote“ in seinem Artikel zu den Entwicklern des Spiels. Mittlerweile haben die drei ehemaligen Studierenden ihre eigene Spielefirma „Everbyte“ gegründet und haben bereits ein weiteres innovatives Spiel entwickelt. Aber dazu an anderer Stelle mehr – nun zurück zu „Sound of Magic“.
Um Euch den Start in „Sound of Magic“ nicht allzu schwer zu machen, werdet Ihr ganz langsam an das Gameplay des Spiels herangeführt. Dabei wird Euch sowohl erklärt, wie Ihr Euch bewegen könnt, als auch, wie Ihr Euer Inventar bedient und Rätsel löst. Ja, auch das bleibt nicht aus und geht schnell und gut von der Hand, auch ganz ohne Grafik. Wobei Ihr Euch dabei auf zum Teil recht leidlich witzige Kommentare einstellen müsst. Das aber hauptsächlich nur während des Tutorials.
Trotz des ungewöhnlichen Gameplays ist der Beginn jedoch eher klassisch. Ihr seid ein anfangs namenloser Typ, der ohne Erinnerungen in einer dunklen Zelle erwacht. Schnell gelingt Euch der Ausbruch und Ihr seid mit einer Welt voller komischer Briefkästen und plappernden Golems konfrontiert. Bald wird klar: Um Eure Erinnerungen wiederzubekommen, müsst Ihr allerlei obskure Orte besuchen und Rätsel lösen. Ganz adventuretypisch eben.
Die Sprecher, die mit Euch interagieren, sind dabei keine unbekannten. Interessierte Zocker werden sie wohl schon aus Spielen wie Resident Evil 2 Remake, World of Warcraft, Final Fantasy und noch vielen weiteren kennen. Dementsprechend machen diese auch einen sehr guten Job.
Fazit:
Ein ungewöhnliches Spiel mit ungewöhnlichem Gameplay, jedoch klassischem Setting. Ein Experiment, welches jeder Gamer mal getestet haben sollte. Allerdings muss man Freude an Hörspielen und Spaß am Imaginieren von Welten haben. Hattet Ihr also mal einen imaginären Freund in der Kindheit, dann wird es jetzt Zeit, ihn wieder anzurufen und in die Welt Aszalen mitzunehmen.
Das Spiel gibt es für Android und iOS.
4 von 5 Moritz „M“
Beitragsbild: Everbyte GbR