Zum neuen Semester hört der derzeitige Prorektor für Forschung und Transfer sowie internationale Angelegenheiten und Gleichstellung Prof. Dr. Micha Werner auf. Seine Aufgaben übernimmt Prof. Dr. Katharina Riedel.
Wir haben uns mit der neuen Prorektorin getroffen und uns über ihre neuen Aufgaben und Ziele unterhalten. Am 15. März wurde sie mit 28 Stimmen durch den Senat zur neuen Prorektorin gewählt. Vorher gab es eine Anhörung, in der sie sich der Hochschulöffentlichkeit stellte.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. Vielleicht mal vorneweg gefragt: Wie wird man denn Prorektorin? Ruft morgens Frau Prof. Weber an und fragt?
Ja, so in etwa. Ich habe mich nicht um die Stelle gerissen, das Prorektorat ist kein Nebenjob und in dieser Zeit wird auch meine Forschung etwas brach liegen. Ich habe zum Glück gute Mitarbeiter die viel kompensieren können. Ich finde es aber wichtig, Verantwortung zu übernehmen und habe deshalb Frau Weber gerne zugesagt. Eine Legislaturperiode dauert zudem nur 2 Jahre, danach sehn wir weiter.
Sie wurden ja jetzt durch den Senat gewählt als Prorektorin für Forschung und Transfer sowie Internationale Angelegenheiten und Gleichstellung. Was sind die konkreten Ziele für Ihre Arbeit?
Im Bereich Forschung möchte ich vor allem daran arbeiten die Gräben, die sich teilweise zwischen Medizin und mathematisch-naturwissenschaftlicher Fakultät und überhaupt zwischen den Fakultäten aufgetan haben, zu überbrücken. Greifswald ist ein kleiner Standort und hat nur dann eine Chance mit größeren Universitäten zu konkurrieren, wenn Forscher auch über die Fakultätsgrenzen hinweg gemeinsam Verbundprojekte beantragen und wir gemeinsam die zur Verfügung stehende Infrastruktur und Ressourcen nutzen. Wichtig für den Forschungsstandort Greifswald ist vor allem, möglichst viele DFG-, BMBF- und EU-geförderte Verbundprojekte einzuwerben. Eine andere Frage betrifft die Forschungsschwerpunkte. Wir sollten uns meines Erachtens auf die, durchaus attraktiven, Forschungsschwerpunkte konzentrieren, was wir schon haben und nicht versuchen, noch breiter zu werden, weil der Standort dafür einfach zu klein ist. Im Bereich Internationalisierung ist eines meiner Hauptanliegen, dass möglichst viele unserer Studierende und Postdoktoranden einen Auslandsaufenthalt wahrnehmen und auch umgekehrt ausländische Studierende, Doktoranden und Postdoktoranden gerne nach Greifswald kommen. Es wäre zudem wünschenswert, wenn die Universität mehr internationale Mitarbeiter rekrutieren könnte. In Zürich hab ich die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter fast wie von selbst Englisch lernen, wenn ein oder zwei native speaker in der Gruppe sind. Ich hab auch das Gefühl, dass vielen Studierenden, gar nicht bewusst ist, wie wichtig es ist, eine Zeit im Ausland verbracht zu haben. Eine Zeit, in der man so flexibel ist wie im Studium ist und dadurch Gelegenheit für einen Auslandsaufenthalt hat, kommt nach dem Studium sobald nicht wieder, man sollte die Chance deshalb nutzen. Im Bereich Gleichstellung hat die Universität Greifswald in den letzten Jahren bereits große Fortschritte gemacht. Während für Nachwuchswissenschaftlerinnen viel getan wird, habe ich manchmal das Gefühl habe, dass unsere jungen Männer ein bisschen zu kurz kommen. Als Frau darf ich das ja sagen. Hier sehe ich Handlungsbedarf.
Die VV hat sich dafür ausgesprochen, dass mehr auf Englisch unterrichtet werden soll. Studium und Lehre gehört zwar nicht zu ihrem Aufgabenbereich, aber die Internationalisierung. In der Mikrobiologie ist Englisch schon gang und gebe?
Im Bereich der Mikrobiologie werden Literaturseminare und Forschungspräsentation bereits überwiegend in englischer Sprache abgehalten – zudem ist die ganze Originalliteratur auf Englisch. Studierende, die in der Mikrobiologie ihre Bachelor- oder Masterarbeit verfassen, haben auch häufig mit englisch-sprachigen Kooperationspartnern zu tun und lernen dadurch automatisch Englisch. Aus den Naturwissenschaften ist Englisch mit Sicherheit nicht mehr wegzudenken und hier sollte man ruhig ein bisschen Druck auf die Lehrenden ausüben. In der Biologie haben wir z.B. gerade einen Katalog mit Veranstaltungen zusammengestellt, die jederzeit auf Englisch abgehalten werden können, wenn jemand an der Vorlesung teilnimmt, der kein Deutsch spricht. Das halte ich für eine sehr pragmatische Lösung. Es gibt natürlich andere Fakultäten mit anderen Kulturen – wie z.B. die Rechtswissenschaften – die selbst entscheiden müssen, wie wichtig Englisch für ihre Absolventen ist. An der Universität Zürich, an der ich bis 2010 gearbeitet habe, wurde in fast allen Studiengängen ab dem Master in englischer Sprache unterrichtet. Das kann man machen und die jüngeren Kollegen machen da bestimmt auch gerne mit. Grundsätzlich Zwang auszuüben, halte ich jedoch nicht für zielführend und auch nicht für notwendig. Da englischsprachige Veranstaltungen ja durchaus einen Anreiz für die Studierenden darstellen, wird ein solches Lehrangebot sicher mehr gefragt sein als das von Kollegen, die das nicht anbieten.
Das ist für mich auch immer die Frage, ob es nicht gerade im älteren Kollegium problematisch werden könnte, ab einem gewissen Punkt immer auf Englisch zu unterrichten.
Da kann ich nur zustimmen, gerade für diejenigen, die im ehemaligen Ostteil Deutschlands groß geworden sind. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie schnell einige der älteren Kollegen nach der Wende Englisch gelernt haben, habe aber auch größtes Verständnis dafür, wenn einige eben Probleme haben, eineinhalb Stunden flüssig auf Englisch zu unterrichten. Ich fände es deshalb unangemessen, alle Kollegen, auch die ihre Vorlesung lieber und vielleicht auch besser in Deutsch unterrichten, zu ihrem Glück zu zwingen.
Bei der Anhörung wurde es schon angesprochen: Wir haben jetzt im Sommersemester 12 Erasmusstudierende, für eine internationale Universität natürlich zu wenig ist. Sehen Sie da irgendwelche Möglichkeiten, wie man da konkret ansetzen könnte, um Greifswald besser zu bewerben? Auch innerhalb der Universität.
Werbung für die Universität Greifswald funktioniert meiner Meinung nach am besten über persönliche Kontakte. Unter den wenigen Erasmusstudenten der vergangenen Jahre waren einige Studierende meiner italienischen Kooperationspartnerin in Turin. Wenn jeder der Kollegen bei seinen internationalen Kooperationspartnern Werbung für die Universität Greifswald machen würde und sich dann auch um entsprechende Erasmusversträge bemühen würde, würden wir mit Sicherheit mehr ausländische Studierende gewinnen. Natürlich muss das englische Lehrangebot der Universität auch auf der Homepage adäquat abgebildet sein, sonst sind wir für ausländische Studierende schlichtweg uninteressant. Die Homepage ist inzwischen deutlich besser geworden und die englischen Seiten kommen jetzt nach und nach, hier müssen wir vielleicht einfach ein wenig Geduld haben. An dieser Stelle darf man auch etwas „ketzerisch“ fragen, ob denn wirklich alle Seiten in deutscher Sprache vorgehalten werden müssen. Meiner Meinung nach sollten wir uns jetzt prioritär um unsere englischen Seiten kümmern, die ja nicht nur von Studierenden, sondern auch von ausländischen Gutachtern gelesen werden
Zu dem Thema gehört ja auch die Außenwirkung der Universität. Wir hatten in Greifswald ja in letzter Zeit ein sehr spezifisches Problem. Sehen Sie da Probleme auf uns zukommen, was die Außenwirkung der Universität betrifft, vor allem im Bezug auf Mitarbeiter oder Studierende, die dadurch bewusst nicht herkommen?
Diese Frage sollte ich wahrscheinlich sehr diplomatisch beantworten, ich bin jetzt aber ganz offen: Ja, ich sehe da ein Problem. Als ich 2011 nach Greifswald gekommen bin, hatte ich in Braunschweig eine Mitarbeiterin mit einem farbigen Partner, die ich gerne mit nach Greifswald gebracht hätte. Sie hat mein Angebot damals mit der Begründung abgelehnt, dass sie Angst hätte ihr Partner könnte hier aufgrund seiner Hautfarbe „Probleme“ bekommen. Greifswald hatte schon damals den Ruf nicht allzu „weltoffen“ zu sein, diese fatale Außenwirkung wird durch die derzeitige Namens-Diskussion noch verstärkt. Bei der dieser Diskussion geht es, nach meinem Gefühl, schon lange nicht mehr nur um den Namen Ernst Moritz Arndt, sondern auch um Menschen, die sich abgehängt fühlen, ihre Identität verloren haben und die durch die derzeitige Debatte wieder Boden unter den Füßen gewinnen wollen. Das haben wir als Mitglieder des Senats vielleicht unterschätzt. Wir sollten deshalb nun die Zeit bis zu einer erneuten Abstimmung nutzen, um in einem angemessenen und fairen Dialog mit der Stadt und ihren Bürgern nochmals die Argumente aller Parteien anzuhören. Dazu gehört aber auch, dass die diffamierenden und inakzeptablen persönlichen Angriffe auf Mitglieder der Universitätsleitung, des Senats und vor allem der studentischen Senatoren ein Ende finden.
Ein Thema bei der Anhörung war ja auch die Gleichstellung und die Zusammenarbeit mit dem IZfG. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass weiter zu bewerben, damit es vielleicht auch innerhalb der Universität bekannter wird und auch die Professur zu halten?
Es wäre natürlich äußerst wünschenswert eine solch wichtige Einrichtung wie das IZfG zu erhalten, das ja über einen hervorragenden Ruf verfügt. Eine konkrete Idee, wie man vor allem die finanziellen Probleme lösen kann, habe ich aber leider noch nicht; hier muss ich mich erst einmal einarbeiten um einen besseren Überblick über mögliche finanzielle Spielräume zu bekommen.
Sie haben da ja vielleicht auch mehr Einblick als Ihr Vorgänger, wenn es darum geht, Drittmittel einzuwerben. Meinen Sie, das hilft Ihnen auch, da Synergieeffekte zu erzeugen?
Davon bin ich überzeugt. Ich bin nun seit fast einem Jahr Mitglied eines DFG-Fachkollegiums und habe bereits beide Seiten, die als Begutachtete und als Gutachterin, kennengelernt. Ich traue mir deshalb auch durchaus zu, Kollegen bei der Beantragung von Drittmitteln bei der DFG oder dem BMBF zu beraten bzw. zu unterstützen. Die guten Kontakte zu den entsprechenden Gremien der DFG sind mit Sicherheit auch von Vorteil, wenn es darum geht Drittmittel im Rahmen von größeren Verbünden einzuwerben. Und genau das wird unbedingt notwendig sein, wollen wir hier in Greifswald international sichtbare Forschung betreiben.
Das Interview führten Philipp Schulz und Magnus Schult. Beitragsbild: Philipp Schulz
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