Diesen Januar hat die Studierendenschaft gewählt kaum zu wählen und diesen Dezember die Vollversammlung nicht beschlussfähig zu gestalten. Und darauf hin haben wir beschlossen, diesem Unding, das sich auch „Politikverdrossenheit“ nennt auf die Spur zu gehen und uns in die Innenstadt begeben, um nach euren Meinungen zu Hopo und Co. zu fragen.

von Justyna Gustak & Rudolf Becker

Wut und beinahe auch Tränen trieben uns in Gemüter und Augen als am 6.12.2014 verkündet wurde, dass die Vollversammlung nicht beschlussfähig sei. Ja, unser Chefredakteur hatte uns vorgewarnt. Aber das war so dahingesagt, eher wie eine Randnotiz, als sei es nicht von Wichtigkeit. Wie sich später herausstellen sollte, war diese durch Gleichgültigkeit bestimmte Haltung nichts anderes als blanke Abgestumpftheit, um die jahrelangen Enttäuschungen besser verbergen und den harten und zuweilen auch traurigen Hopo-Alltag ertragen zu können. Man braucht nun mal ein dickes Fell in diesem Business. Das begriffen wir aber erst später, als die bittere Lähmung der Erkenntnis der Politikverdrossenheit an dieser Universität von uns lies. Ständig hallten in unseren Ohren nach: „Nur 17% der Studenten haben letztes Jahr gewählt.“ Jedes dieser Wörter war wie ein Messerstich ins Herz eines engagierten Menschen.

Um diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, zu erfahren weshalb es so kläglich um unsere Universität stand und steht (man werfe nur einen kurzen Blick auf die StuPa Bewerberliste) machten wir uns also auf den Weg in die kalte Innenstadt, um euch zu den Wahlen und der Vollversammlung zu befragen. Es gab keine feste Fragen, uns interessierte viel mehr die allgemeine Meinung zu Hochschulpolitik und Gremienwahlen und was auch immer man dazu zu sagen hatte.

Felix, 20, 1. Semester Philosophie/Deutsch auf Lehramt

Felix hat sich für den FSR Philosophie beworben und war bei der Vollversammlung. Ihm liegt besonders die Transparenz der Hochschulpolitik am Herzen, die, wie er findet, durch die E-mails des Astas auch zu einem gewissen Teil gewährleistet wird, aber auch der Namenspatron der Universität beschäftigt ihn. Felix hat auch Verständnis dafür, dass das Präsidium bei der Vollversammlung nicht anwesend war. Der Großteil der Studierenden war ja auch nicht da. Um das zu verhindern sollte man daher von Anfang an das Bewusstsein schaffen, dass HoPo wichtig ist bzw. was bewirken kann.

Jonas, 19, 1. Semester Deutsch/Geschichte auf Lehramt

War ebenfalls bei der Vollversammlung und fand es schade, dass wir nicht beschlussfähig waren. Für die Gremienwahlen interessieren ihn am meisten die Verteilung der finanziellen Mittel der FSRs und die Ernst-Moritz-Arndt Debatte. Jonas denkt, aus der Perspektive eines Erstis gesehen, dass die Hochschulpolitik erschlagend wirken kann. Er würde sich eine vereinfachte Darstellung wünschen, um besser und schneller einen Überblick in der HoPo bekommen zu können.

Lara, 20, 1.Semester Landschaftsökologie/Naturschutz

Auch Lara war bei der Vollversammlung, wenn auch nur die erste halbe Stunde und fand es schade, dass diejenigen, die es vor allem betroffen hätte, nicht anwesend waren. Einer der Grunde dafür könnte sein, so fand sie, dass zu wenig Werbung rumging. Die Ankündigungsmail war ihr zu wenig und von den Wahlplakaten hat sich nicht mitbekommen. Auf jeden Fall würde sie wählen gehen, aber nur wenn sie vorher ausreichend informiert wäre.

Jana/Sandrina, beide 21, 3.Semester beide Kommunikationswissenschaft/Öffentliches Recht

Hochschulpolitik ist den beiden ein Begriff, von den Gremienwahlen im Januar haben sie jedoch weniger mitbekommen. Am Herzen liegt ihnen eine bessere Organisation ihres Studienfachs Öffentliches Recht, welches derzeit keine eigene Verwaltung besitzt sondern nur bei den Juristen als „Anhängsel“ behandelt wird. Die Vollversammlung würden sie gerne durch eine virtuelle Abstimmung ergänzen, so dass auch bei geringer Anwesenheit die Beschlussfähigkeit gewährleistet werden kann. Sie fänden es auch wichtig, dass die Erstis umfassender über die Wichtigkeit der Vollversammlung und der Hochschulpolitik im Allgemeinen, informiert werden.

Sebastian, 26, 3. Semester Master Organisationskommunikation

Er war vorher in Rostock hat unter anderem auch Politik studiert, interessiert sich jedoch gar nicht für Hochschulpolitik. Seiner Ansicht nach sind die Ideologien der Hochschulpolitik zu festgefahren, als dass andere Meinungen noch relevant wären. Kurz, er findet sie zu Links und konservativere Stimmen würden öfter belächelt werden. Darunter leidet dann die Meinungspluralität. Deshalb würde er sich eine offenere Diskussionskultur wünschen um auch kontroverseren Meinungen eine Plattform bieten zu können. Von der Wahl hat er mitbekommen, möchte aber nicht wählen gehen. Einerseits weil er sich nicht mit den Kandidaten beschäftigt hat, andererseits weil er nicht das Gefühl hat, dass die HoPo was bewirkt.

Paul, 23, 5. Semester Jura

Er hat das Gefühl, dass die HoPo nicht viel erreicht. Unteranderem weil die Leute die dafür geeignet wären, mit dem Studium zu viel zu tun haben und die die Zeit dafür finden, ihr Studium lockerer angehen. Paul findet nicht, dass das für sie spricht. Obwohl die meisten Wahlprogramme ihm zu schwammig sind und Hochschulpolitik zu wenig ihrer Vorhaben umsetzen kann, möchte er auf jeden Fall wählen gehen. Weiterhin ist ihm die mangelnde Ernsthaftigkeit (Stichwort: Die Partei) ein Dorn im Auge.

Erik, 26, 11. Semester Jura

Findet die Asta E-Mails nervig, vor allem weil er mit dem Studium schon fast durch ist und ihn die HoPo somit nicht mehr betrifft. Er schlägt jedoch vor, die Vollversammlung für die Erstis verpflichtend zu gestalten, so dass sie einen ersten Eindruck der Hochschulpolitik bekommen.

So fällt zum Beispiel auf, dass Erstis generell engagierter sind als höhere Semester. Und das obwohl (oder vielleicht gerade weil) sehr oft eine mangelnde Zugänglichkeit des HoPo-Apparates beklagt wurde. Mit steigender Semesterzahl stellt sich eine zunehmde Politikverdrossenheit ein. Auch wenn man auf sowas nicht wirklich stolz sein kann, kann sie durchaus gerechtfertigt sein. Aber sie fällt auch besonders auf die jenigen zurück die es sind, denn ihre Meinung, ihre Stimme wird dann nicht mehr gehört.

Da wäre zum Beispiel Top1 der Vollversammlung, die Anwesenheitspflicht. Dr. Pantermöller erklärte das Anwesenheit mit Leistung korreliert und verlangte eine Diskussionsplattform zwischen Studierenden und Dozenten um die rückläufige Anwesenheitspflicht zu thematisieren. Studieren soll, darin sind sich bestimmt alle einig, ein freiwilliger und selbstbestimmter Prozess sein. Wenn sich aber keiner darum kümmert das die studentischen Interessen diesbezüglich angesprochen und vertreten werden, verläuft die Diskussion eher einseitig. Natürlich ist es für Dozenten furchtbar unangenehm die lange vorbereiteten Vorlesungen in leeren Hörsälen zu halten. Und schon wird eine Wiedereinführung der Anwesenheitspflicht wahrscheinlicher. Ein Thema, dass alle betrifft. Egal ob Politikbegeistert oder Politikverdrossen. Ganz egal wie kompetent das StuPa ist, ob es links oder rechts ist, ob es sich zu ernst oder nicht ernst genug nimmt da sind einfach Themen zu denen die Studenten Stellung beziehen müssen und die Wahl eines Sprechers ist nun mal der erste Schritt.

Wählen gehen heißt vielleicht ein paar Stunden damit zu verbringen sich eine Meinung zu bilden und sich über alles zu informieren aber was man dafür bekommt ist schlicht die Wahrung der eigenen Interessen. Und wenn ihr keinen geeigneten Vertreter für eure Meinung findet, kandidiert selber. Wer studiert schon vollzeit?