Umgang mit Flüchtlingen, Internationale Beziehungen und erneut eine bunte Universität waren die wichtigsten Themen auf der ersten Senatssitzung des Wintersemesters 2015/2016. Aber was wäre eine Tagung des hohen Hauses ohne das Bibliothekskonzept? Eine Zusammenfassung.
Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk startete auch für den akademischen Senat am gestrigen Mittwoch das neue Semester. Viele Fragen an das Rektorates hatten sich über die Zeit angestaut. Die Wichtigste: Wie es denn um das Gasthörerprogramm für Geflüchtete stehe. Um es kurz zu machen: Gut. Von den 150.000 €, die das Land für alle Hochschulen bereitgestellt hat, sind 30.000 € nach Greifswald gegangen, um einen Sprachkurz von „A0“ bis zu dem Niveau von B1 innerhalb eines Jahres zu organisieren. Eine maximale Teilnehmerzahl von 30 Personen ist dafür vorgesehen. Die Summe mag im ersten Moment etwas befremdlich wirken, bedenkt man die geringe Teilnehmerzahl des angebotenen Kurses, allerdings wird diese auch für Integrationshilfe und Psychologische Betreuung verwendet und somit für einen weitaus größeren Personenkreis greifbar. Studienberechtigt ist grundsätzlich jeder, der eine Hochschulzulassung aus dem jeweiligen Land hat oder glaubhaft versichern kann, dass diese nur verloren gegangen ist. Wie das aussieht, wird nicht weiter erörtert. Weiterhin ist geplant, Flüchtlinge mit der Ambition zu studieren eher in Greifswald unterzubringen. In diesem Punkt gibt es jedoch noch Probleme in der Koordinierung mit Land und Kreis.
Fragliche Studierendenfreudlichkeit
Bedenklichere Diskussionen und Ansichten entpuppten sich jedoch bei dem Top Sonstiges, der durch zwei studentische Anfragen gefüttert wurde. Zum einen Stand erneut ein möglicher Liveticker des webmoritz zur Debatte. Dieses Gespräch wurde jedoch mit einigen fragenden Blicken und dem Satz: „Nee, da habe ich mich noch nicht drum gekümmert.“ Das bedenkliche Fehlen von Öffentlichkeit im Senat und der Hochschulpolitik scheint weiterhin der Angst zu unterliegen, bei einer verfänglichen Aussage zitiert werden zu können. Dass das jedoch Unsinn ist, wird bewiesen, durch das explizite Hervorheben Greifswalds herausragender Zitation im THE Ranking. Der zweite angesprochene Punkt war der Tagungsort des Studierendenparlamentes. Das Gremium fühlt sich im Hörsaal der Wirtschaftswissenschaften in der Friedrich-Loeffler-Straße 70 nicht entsprechend seiner Relevanz für die hiesige Hochschulpolitik beherbergt. Sowohl Akustik als auch Optik und Unterbringung seien nicht optimal als Tagungsort. Argumente der studentischen Senatoren, die ebenfalls Stupisten sind, zielten vor allem auf die Tatsache ab, dass in dem riesigen Saal keine Diskussionen zu Stande kommen können. Auch hier sprach die Reaktion aus dem Rektorat und dem Tagungspräsidium nicht für eine rosige Beziehung mit der verfassten Studierendenschaft. Während von der Seite der Verwaltung mit einer zusätzlichen, unnötigen Mehrbelastung der Hausmeister argumentiert wurde, hieß es vom Präsidium, dass „auch der Senat nicht immer im Konferenzsaal tagen kann, wenn zum Beispiel Veranstaltungen stattfinden.“ Mehr Ausflüchte als wirkliche Fakten, zumindest in der Präsentation.
Ebenfalls bestenfalls fragwürdig ist der Optimismus, der von der Bibliothekskommission und dem Rektorat ausgeht, wenn über den Bezug der neuen Bib am Loefflercampus geredet wird. Zwar konnten schöne Bilder von der Senatsaussensitzung gezeigt werden, in deren Rahmen das sich noch im Bau befindliche Gebäude besichtigt wurde, schlechtere Signale gibt es jedoch für den Umzug. Dieser soll nach mehrfachen Verzögerungen und Aufschieben des Eröffnungsdatums nun im Januar stattfinden. Einen Monat vor Beginn der Prüfungs- und Hausarbeitsphase befinden sich also viele der benötigten Bücher in Kartons. Diese sollen zwar über Anträge in der ZUB am Berthold-Beitz-Platz einsehbar und ausleihbar bleiben, allerdings klingt das in der Umsetzung mehr nach einem Wunsch denn einem festen Plan. Der Umzug ist sicher ein logistisch weit größerer Aufwand als ein privater Umzug in die neue Wohnung, gerade deshalb jedoch und auf Grund der zeitlichen Nähe zum Februar ist der Plan mehr als wackelig. Auch der versprochene Kontakt zu den FSRs scheint nicht so gesichert und regelmäßig stattzufinden, wie ursprünglich gewünscht war. Die Bibliothekskommission wird das nächste Mal am 29.10. um 15 Uhr tagen, dort soll es weitere Information geben. Bis dahin heißt es wohl: Abwarten und Bücher horten!
EDIT: Seit dem 23. Oktober steht auf der Internetseite der vorläufige Plan für den Umzug der Bücher bereit. In Kürze werdet ihr auch ein Interview mit Frau Leifeld von der Bibliothek zu diesem Thema auf webmoritz finden.
International, nicht International
Erfreulich zeigte sich das Rektorat auch über das erreichte Times Higher Education THE Ranking. Dort wurde ein Platz unter den Top 301-350 von weltweit 800 bewerteten Hochschulen und Universitäten erreicht. Deutschlandweit bedeutet das Platz 31 von 37. Ebenfalls internationale Triumphe waren die Ruderregatta gegen Stettin, bei der 3 von 4 Rennen gewonnen wurden und der Besuch der Delegation der Schwedischen ERASMUS-Partneruniversität Södertörns högskola vom 30.9. bis zum 01.10.
Nicht so recht Freude wollte jedoch bei dem Antrag einiger studentischer Mitglieder des Senats aufkommen. Diese hatten den Beschluss, der bereits im August eingebracht wurde, dann aber zurückgestellt wurde, um ihn noch breiter zu besprechen und abzuändern, eingebracht. Der Antrag sah vor, dass der Senat im Lichte der neuesten Entwicklungen sich selbst und die an der Universität Beschäftigten an die im Leitbild verankerte Internationalität und Weltoffenheit erinnern möge. Eine generelle Bestätigung bereits vorhandener Beschlüsse wurde bei der Diskussion nicht als zielführend angesehen, eine Bezugnahme auf die politischen Ereignisse, die im ursprünglichen Antragstext nicht vorhanden war, sollte hier Abhilfe schaffen. Doch auch das reichte nicht allen, vereinzelt wurde die erneute Bestätigung als totalitär bezeichnet. Als dann Änderungsvorschläge aufkamen, mit denen die Beschäftigten ermahnt werden sollten, nicht an ‘asylkritschen’ Demonstrationen ‘besorgter Bürger’ teilzunehmen, richtete sich ein Teil der Aufmerksamkeit des Gremiums auf die Zuschauerränge, wo gleich mehrfach die (fehlende) Meinungsfreiheit kritisiert wurde. Gerade aus den Reihen der Mitarbeiter des Rektorates und der Rechtsaufsicht wurde teils lautstark angebracht, dass es ja noch Gesetze gäbe. Zudem wurde moniert, dass Beschäftigte, die nicht dem Gremium angehören, hier nicht redeberechtigt sind und so ihre Kritik an den Formulierungen nicht dem Hohen Hause mitteilen könnten.
Der Antrag wurde schlussendlich ohne die ermahnenden Worte, aber mit dem aktuellen Bezug beschlossen. Was unter dem Strich als ein gutes Zeichen angesehen werden kann, gesteht es doch auch dem Studierendenparlament einen gewissen Rahmen an Handlungsfreiheit ein, im Bezug auf aktuelle politische Ereignisse. Im Wortlaut wurde er um die Sätze: “Der Senat erinnert aus Anlass fremdenfeindlicher Aktivitäten in der Stadt an das Leitbild der Universität” und “Die Universität wird studieninteressierte Flüchtlinge, die nach Greifwald kommen nach Kräften unterstützen” ergänzt. Wiedereinmal stellt sich nach einer solchen Debatte die Frage, wo das hochschulpolitische Mandat endet und die Teilhabe als “größter Arbeitgeber der Stadt” an der gesamtpolitischen und gesellschaftlichen Entwicklung dieser wichtiger sein sollte.