Interview von Tobias Bessert und Katrin Haubold.
Am 26. April findet die Oberbürgermeisterwahl in Greifswald statt. Zur Wahl stehen Björn Wieland (Die PARTEI), Dr. Stefan Fassbinder (Grüne/SPD/Linke/Piraten) und Jörg Hochheim (CDU). Um euch die Wahl etwas zu erleichtern haben wir zusammen mit moritz.tv die Kandidaten interviewt. Die Reihenfolge der Erscheinung haben wir mit den drei Kandidaten ausgelost. Heute an der Reihe: Stefan Fassbinder.
Um die Oberbürgermeisterkandidaten kennen zu lernen, hat moritz.tv ihnen ein paar Fragen gestellt, bei denen sie aus dem Nähkästchen plaudern, während der webmoritz. den Fokus eher auf die politischen Ziele legt.
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„Der Oberbürgermeister muss immer wieder mahnend in Schwerin vorsprechen und drängen, dass die Lage der Universität besser wird.“
Was mögen Sie an Greifswald?
An Greifswald mag ich die Lage an der Ostsee mit einer wunderschönen Umgebung und dass es eine Stadt ist, die durch Zuzug und viele Jugendliche sehr lebendig ist.
Beschreiben Sie Greifswald mit drei Worten!
Eine junge dynamische Stadt an der Ostsee.
Was ist Ihr Lieblingsort in Greifswald und warum?
Ich mag sehr gerne die Nord- und Südmole in Wieck, da hat man den weiten Blick auf das Meer. Das ist eine der Qualitäten Greifswalds.
Was ist für Sie das wichtigste Ziel?
Ein wichtigstes Ziel gibt es nicht. Es gibt kurzfristige und langfristige Ziele. Bei den kurzfristigen Zielen sind mir das Wohnraumproblem und die Mietpreisbremse, der Ausbau der Fahrradachse, mehr Zebrastreifen und ein Europabüro sehr wichtig. Dann gibt es noch ein langfristiges Ziel: Ich möchte, dass wir regional die Wirtschaft stärken, sodass insbesondere im Bereich der Energie- und Nahrungsmittelproduktion hier produziert und konsumiert wird, damit das Geld hier bleibt.
Gibt es etwas, dass sich in Greifswald grundlegend ändern muss? Was stört Sie?
Grundlegendes gibt es nicht, sonst wäre ich nicht so gerne hier. Es gibt natürlich einzelne Gruppen, die sich manchmal so verhalten, wie es nicht in Ordnung ist, aber das gilt nicht für die ganze Stadt. Greifswald ist eine sehr offene Stadt. Natürlich gibt es Leute, die sind fremdenfeindlich, oder andere, die sagen, wer hier studiert, dürfe nichts sagen, aber das gilt ja nicht für Greifswald als Ganzes, ganz im Gegenteil.
Vor kurzem ging das Bürgerportal „Klarschiff“ an den Start. Was halten Sie von dem Projekt?
Ich halte es für sehr gut. In einigen Städten funktioniert das ja schon. Im Moment wird alles sehr schnell beseitigt, ich hoffe, dass das nach der Wahl auch so ist. (lacht)
Welche Ideen haben Sie, die Bürger noch mehr in die Stadtpolitik einzubeziehen?
Es ist ganz wichtig, dass man verschiedene Wege gehen muss. Es gibt nicht den einen Weg, sondern man muss ganz viele Wege gehen, auch online noch mehr nutzen. Aber auch das spricht nicht alle an, es gibt immer noch viele Leute, die so etwas nicht nutzen. Ich finde, dass man versuchen muss, ganz verschiedene Foren anzusprechen; angefangen mit der klassischen Sprechstunde, wo aber auch nicht jeder hinkommen möchte. Das kann mal eine Stadtteilversammlung sein, das kann aber auch die Stärkung der Ortsteilvertretung sein. Ich glaube, es gibt je nach Problem eine Vielfalt an Möglichkeiten, die Bürger anzusprechen. Wichtig ist, dass man frühzeitig agiert, also nicht erst wenn der Bagger schon rollt oder es schon sehr spät ist. Das ist ein Problem, dass wir oft haben, wenn alles schon durch und der B-Plan fertig ist, erst dann wachen Bürgerinnen auf. Aber da ist es dann zu spät, es muss früher gehen.
Haben Sie auch Ziele, wie Sie Studierende besser in den Ablauf der Stadtpolitik einbinden wollen?
Wir sind dabei schon gar nicht so schlecht. Wir haben ja seit dieser Legislatur auch Studenten in der Bürgerschaft, was ich für sehr positiv halte. Sie bringen einen sehr frischen Wind rein. Ich denke, auch in der Form wird es über Foren gehen. Studierende interessieren sich natürlich nicht so sehr für die Kommunalpolitik in der Stadt. Das ist so, das war in meiner Zeit auch nicht anders. Man muss gucken, dass man Themen erreicht, die besonders wichtig sind. Ich denke Verkehr könnte so ein Thema sein und dann muss man natürlich alle Gremien nutzen; alle Möglichkeiten und Medien. Da bin ich auch für Hinweise dankbar, wie man Studierende erreicht, das weiß man auch nicht immer im Voraus.
Die Stadt profitiert von den Studierenden. Sehen Sie Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Universität und Stadt, um mehr Studierende für Greifswald zu begeistern?
Ich glaube der erste Schritt ist die Universität, nach der sich die Studierenden den Ort aussuchen, da hat man als Oberbürgermeister nur am Rande Einfluss darauf. Wichtig ist, dass die Lebensumstände in der Stadt so sind, dass die Leute auch gerne hier bleiben und sich wohlfühlen und dazu zählen natürlich Themen wie Wohnraum, Freizeitangebote und Verkehr. Da kann oder muss natürlich die Stadt einiges tun.
Sehen Sie Zusammenarbeitsmöglichkeiten zwischen Stadt und Universität in anderen Gebieten?
Der Oberbürgermeister muss immer wieder mahnend in Schwerin vorsprechen und drängen, dass die Lage der Universität besser wird. Immer wieder nerven und das Thema voranbringen. Das ist sicherlich ein Punkt, aber da kann er nicht mehr machen als anklopfen, ansprechen und nerven, das ist ganz wichtig. Das muss der OB aber im Interesse der Stadt und der Universität machen.
Wie sehen Sie die Rolle Greifswalds bei der Unterbringung von Flüchtlingen?
Greifswald ist eine Stadt, die sich bereit erklärt hat, in diesem Bereich etwas zu tun. Vielleicht auch mehr, als sie muss. Das finde ich sehr positiv. Wir haben das Problem, dass wir nicht so viel freien Wohnraum haben, das Problem kennen die Studenten auch. Es ist nicht so wie in anderen Städten, wo ganze Wohnblöcke leerstehen und man schnell hundert Leute unterbringen könnte. Ein ganz wichtiger Punkt, der mir bis vor kurzem nicht so klar war, ist das Problem der Sprachkurse. Es ist offensichtlich nicht so, dass alle, die Deutsch lernen wollen, das auch können. Ich denke man muss das Angebot ausbauen, weil von den Neuankömmlingen zu Recht verlangt wird, dass sie Deutsch lernen. Wenn sie wollen und nicht können ist das doof. Man muss auch gucken, was man als Stadt machen kann. Vielleicht kann die Universität auch einiges tun, die hat ja auch viele Dozenten oder Studenten, die teilweise schon im Flüchtlingswohnheim arbeiten. Das finde ich sehr gut, aber es kann ausgebaut werden.
Welches Unterbringungskonzept bevorzugen Sie? Zentral, oder dezentral?
Auch da muss man differenzieren. Ich denke, die Erstaufnahme sollte zentral passieren, weil viele Leute einfach betreut werden müssen. Sie sind traumatisiert oder sprechen kein Wort Deutsch. Man muss sehen, dass der Betreuungsaufwand logischerweise deutlich höher ist. Manche Personen, beispielsweise traumatisierte, brauchen eine intensive Betreuung, da muss man dann aufpassen. Sobald und so schnell es geht sollte man sie dezentral unterbringen.