Haben die Hochschulen nun zu wenig Geld? Dieser Frage hat sich in den letzten Monaten der Landesrechnungshof gestellt. Am 14. November 2014 hat er seine Ergebnisse mit Hochschulvertretern diskutiert. Aus diesem Grund findet eine außerordentliche Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa) statt. Hier der webmoritz. Live Ticker zum Nachlesen.
Ersten Informationen des NDR zufolge fehle den Hochschulen vor allem im Nichtmedizinischen Fächern Geld. Allerdings herrsche auch ein Effizienzmangel, die behoben werden müssen, um sparen zu können. Erste Gespräche mit den Universitäten gab es am Freitag schon. Nun sollen die StuPisten über diese Ergebnisse informiert werden.
Außerdem steht der neugegründete studentische Förderverein der Universität Greifswald auf der Tagesordnung. Die Mitglieder möchten, dass der Allgemeine Studierendenausschuss sie unterstützt, vor allem was die Werbung angeht. Wie vor zwei Wochen die Initiative „Uni ohne Nazis“ möchten auch sie kostenlos drucken. Laut der Tagesordnung ist die Sitzung also nicht lang, bietet aber durchaus Diskussionsstoff.
Das Drucksachenpaket gibt es hier, einen Kurzüberblick über die Tagesordnung gibt es hier.
TOP 1 Begrüßung
TOP 2 Berichte
TOP 3 Fragen und Anregungen aus der Studierendenschaft
TOP 4 Formalia
TOP 5 Finanzanträge
TOP 6 AStA-Wahlen Es liegen keine Bewerbungen vor.
TOP 6.1 Wahl AStA Referat für Hochschulpolitik
TOP 6.2 Wahl AStA Co-Referat für Hochschulpolitik, politische Bildung und Antirassismus
TOP 7 Ergebnis Prüfung des Landesrechnungshof
TOP 8 Unterstützung „studentischer Förderverein Uni Greifswald Die Gründer des Studentischen Fördervereins der Universität Greifswald möchten gerne medial vom AStA unterstützt werden und auch kostenlos drucken dürfen.
TOP 9 Schuldengrenze anheben Die Hochschulgruppe der PARTEI hat wieder zugeschlagen: Herr Brotkorb [sic!] wird aufgefordert, „eine wahllos erhöhbare Schuldengrenze für die „Ernst& Young-Hennes-und-Mauritz-UniVWersität sponsored by Tipico Sportwetten“ einzurichten. Was genau sie sich darunter vorstellen wollen sie mündlich erklären.
TOP 10 Sonstiges
Watt soll dat? Das StuPa ist eine Welt für sich und es fällt schwer, die Verfahren und Regeln, die dort herrschen, auf Anhieb zu verstehen. Sei es im Sitzungssaal oder beim Lesen des Tickers, damit wirklich alle mitreden können, haben wir ein StuPa-Einmaleins veröffentlicht, in dem alle wichtigen Fakten und Regelungen zusammengefasst sind.
Hier beginnt der Ticker um 20 Uhr
Es tickern Katrin Haubold und Tobias Bessert
20:18 „Nein, wir fangen jetzt an“, immerhin brauchte das StuPa doch nur 18 Minuten länger, um die Sitzung zu eröffnen.
Anregungen aus der Studierendenschaft
20:19 Stephanie Napp tritt an das Mikrofon. Es geht wieder um Probleme mit dem Kassenprüfer. „Es geht nicht, dass man mit seinen Kommilitonen so umgeht.“ Sie fordert Konsequenzen aus den mehrfachen Zwischenfällen. „Bitte redet dadrüber.“
20:21 „Ich habe schon mit Sophie Stoof geredet“, bemerkt Philipp. Seiner Meinung nach ist rechtlich wenig zu machen, aber er sieht, dass der Konflikt mehr auf die persönliche Ebene getragen wurde, als er eigentlich hätte getragen werden müssen.
20:26 Nach Kevin Oelze haben die Medien nicht mit ihm kooperiert, ganz im Gegensatz zum AStA. Sarah Poller vom AStA zeigt aber, dass es auch bei ihrer Kassenprüfung zu Komplikationen kam.
20:32 Tillmann Paul Kraft bringt es auf den Punkt: „Ist eurer Meinung nach eine Zusammenarbeit überhaupt noch möglich?“ Sophie verneint dies.
20:34 Philipp versucht einen Kompromiss zu finden: „Ist es in Ordnung, wenn Philipp Schönherr zunächst die Kassenprüfung übernehmen soll.“ Dieser Kompromiss scheint auf Zustimmung zu stoßen.
20:40 Tillmann Paul Kraft hat Nachfragen zum Rücktritt von Therése Altenburg. Er habe von einem Gespräch zwischen sechs StuPisten gehört, die Therése es nahegelegt haben, zurückzutreten – sonst ziehe man ihren Namen in den Dreck. Martin Grimm meldet sich zu Wort: Er und zwei andere vom SDS haben sich mit Therése unterhalten, und sie gefragt, wie denn die Arbeit im AStA laufe. “Wir haben nicht direkt gesagt, dass sie zurücktreten soll.” Nicht direkt? “Auch nicht indirekt”, legt er nach. Anna-Lou Beckmann erklärt: “In dieser Art und Weise möchte hier keiner behandelt werden.” Auch Matias Blum ergreift erregt das Wort: “Bei welchen Höhenflügen sind wir denn hier gelandet? Wie kann man denn jemanden drohen?“
20:45 Sophie Stoof sieht das genauso: “Wie kann es sein, dass ein kleiner Teil des StuPa darüber entscheidet, ob die AStA-Vorsitzende geht oder nicht?” Johannes Barsch erklärt: “Wir können beweisen, dass die SDSler sich mit Therése getroffen haben, was dort gesagt wurde, können wir nicht beweisen. Ich denke, dass hier ein künstlicher Skandal gemacht werden soll.“ Am Ende habe Therése die Entscheidung selbst getroffen. Helena Scheffler meint dass es auch im Hinterzimmer stattfand, wenn sich jemand bewerben soll, sie finde es aber nicht gut, wenn das so geschieht, wie es geschehen sein soll.
20:51 Till Lüers, ein ehemaliger AStA-Referent, meldet sich zu Wort: „Es wurde gesagt, dass Therése die letzte Entscheidung getroffen hat. Wer will aber weiterarbeiten, wenn er kein Respekt bekommt? Es wird deutlich, dass die AStA-Referenten und die moritz.medien sich nicht respektiert fühlen. Dieses Problem gibt es schon länger. Es muss sich was ändern, sonst wird es immer schlimmer.“
20:54 Timo klärt es auf: Am Sonntag den 9. November haben sich die sechs Menschen bei Benny getroffen. Das Thema war eigentlich, dass Martin zurücktritt und sie haben die Legislatur Revuepassieren lassen. Dann habe man sich gefragt, was als nächstes kommt. Dann seien sie dazu gekommen, dass Dinge passieren, die ihnen nicht gefallen. Es sei nicht passiert, dass man dem SDS gesagt habe, dass sie Therése zum Rücktritt bewegen sollen. Will man den entsprechenden Personen eine Personaldebatte antun? Es sei nicht so krass, wie es hier dargestellt werde.
20:58 Helena Scheffler findet, dass es einen Ausschuss gibt, der sich mit der Sache befasst. Philipp erklärt, dass es dazu einen TOP geben soll zum Ende der Sitzung, bis dahin will man schauen, wie man das machen könne.
21:01 Matias Bluhm erklärt nochmal, dass er das Verhalten der StuPisten, wie sich bei der letzten Sitzung den Studierenden, der sich zu Beginn zu Wort meldete, sehr missbilligt, Zustimmung aus den Zuschauerreihen. Björn Wieland macht noch mal Werbung für das Spendenportal des studentischen Fördervereins.
Formalia
21:05 Es sind 15 StuPisten anwesend, damit beschlussfähig. Es sollen noch zwei TOP auf die Tagesordnung: Aufnahme von Fachschaftsräten in die Wahlordnung und Neuwahl des Präsidiums. Sowohl Philipp als auch Timo wollen gehen. Aus dem Publikum wird gefragt: Ist das eine Ente? Den beiden ist es ernst, der TOP soll zum Schluss kommen.
Wahlen und Anpassung der Wahlordnung
21:10 Es gibt keine vorliegenden Bewerbungen und auch spontan meldet sich keiner. Die Wahlordnung wird noch mal vertagt, da nicht genug StuPisten da sind, um eine 2/3-Mehrheit zur Dringlichkeit zu erreichen. Die Änderung der Wahlordnung braucht zwei Lesungen.
Studentischer Förderverein
21:13 Philipp erklärt den Antrag: Es hat sich der Verein gegründet, der seit einer halben Stunde eben auch Spenden sammeln darf. Er ist gemeinnützig, aber noch kein eingetragener Verein, das sei aber in der Mache. Nun möchte man gerne kostenlos den AStA-Drucker für den Bürokram mitnutzen. Die Abstimmung läuft, die Stimmung an sich ist heute sehr gedrückt.
Schuldengrenze anheben
21:17 Der Antrag wurde angenommen. Als nächstes kommt der der Partei. Sie wollen, dass eine wahllos erhöhbare Schuldengrenze eingeführt wird – und falls nicht, der Kanzler eine Druckmaschine auf dem Schwarzmarkt besorgen solle. Außerdem könne man sich doch für die Uni Sponsoren suchen (Deswegen auch der schöne neue Name: Ernst& Young-Hennes-und-Mauritz-UniVWersität sponsored by Tipico Sportwetten). Benjamin Schwarz findet den Antrag respektlos, dem scheinen mehrere zu folgen, denn er wird abgelehnt.
21:25 Es ist Pause bis fünf nach.
21:52 Nach der Geschäftsordnung kann es einen Untersuchungsausschuss geben. Helena daraufhin: „Na dann machen wir das doch!“ Das Präsidium plant gerade, wie das von statten geht. In der Zwischenzeit geht es weiter mit dem Landesrechnungshof (LRH). Benny als Mitglied der Landeskonferenz der Studierendenschaft erklärt, dass der NDR-Bericht zu 99 Prozent zutreffend sei. Der offizielle Bericht ging vorerst an die Kanzler, Landtagsabgeordnete und Studierendenschaftvertreter haben ihn noch nicht erhalten. Sein Schlusswort bei der Vorstellung:“Ich finde es sehr traurig, dass wir Studierende nicht in den Prozess eingebunden werden.“
21:57 Martin Grimm findet deutliche Worte:“Es ist schon irgendwie klar, was da für Kacke drin steht. Wir haben gestreikt wie die Assis, ich weiß nicht, was die Studierenden noch machen können.“ Ihm fallen keine Mittel mehr ein, was noch gemacht werden kann, um mehr Druck auf die Landesregierung auszuüben. Johannes meint, dass der LRH mit einer Bewertungsmethode arbeitet, „die wir nicht teilen.“ Er würde die politische Tragweite des Berichtes nicht dramatisieren. Der LRH habe schon ganz andere Dinger gefordert, die nicht umgesetzt wurden.
22:04 Johanna Ehlers als Senatorin meldet sich zu Wort: Es bringe nichts zu diskutieren, wenn der Bericht noch nicht vorliege. Das bedeute aber nicht, dass man den Druck nachlassen solle. Martin Grimm macht deswegen klar, dass es weiterhin eine AG Bildungsstreikgeben soll. Es wird ein Antrag abgestimmt, indem das StuPa die schnellstmöglichste Veröffentlichung des Prüfberichts des LRH fordert. Er wird angenommen.
22:08 Es gibt eine kurze Pause erneut, weil man auf weitere Mitglieder wartet, um die Wahlordnung in einem Rutsch ändern zu können. Denn bis zum Donnerstag muss das geschehen sein, sonst können die Fachschaftsräte (Das sind Deutsche Philologie, Musikwissenschaft, Kunstwissenschaft, Psychologie und Theologie) nicht vom 12. bis 16. Januar gemeinsam mit den anderen Gremien gewählt werden.
22:15 Es geht zum Rücktritt von Philipp und Timo. Philipp hatte schon zu Beginn der Sitzung gesagt, dass er das mit dem Studium nicht mehr vereinbaren könne. Er hat keine Lust mehr, außerdem habe die Partei alles geschafft, was sie sich vorgenommen hatten. „Ich habe mir am Ende vorgestellt, dass man zusammenarbeitet und sich einander hilft, aber das scheint nicht der Fall zu sein.“ Bei Timo ist es so, dass auch er Schwierigkeiten mit dem Pensum hat. Zudem möchte er im Februar ins Ausland, worauf er sich vorbereiten muss. Auch bei ihm heißt es:“Ich hab das Gefühl, dass es Tag für Tag schlimmer wird und darauf habe ich keinen Bock.“
22:21 Es wurden erste Kandidaten in den Raum geworfen: Matias Bluhm und Björn Wieland – doch keiner der beiden möchte. Magnus Schult muss das Amt wohl erstmal alleine bekleiden, doch Philipp und Timo wollen natürlich noch helfen. Man hofft, dass in der nächsten Woche mehr StuPisten anwesend sind, aus deren Reihen dann jemand gewählt werden kann.
Untersuchungsausschuss
22:27 Jonathan Dehn zweifelt den Sinn eines Untersuchungsausschusses an. Therése würde nicht zurückkommen und das Klima im StuPa würde auch schlimmer werden. Helena sieht das anders: Helena: „Der Ausschuss würde Aufklärung liefern, für alle Studenten. Ohne ihn würde es ein schlechtes Licht auf das gesamte StuPa werfen.“ Johannes wirft ein, dass der Ausschuss nicht-öffentlich sein sollte, sodass Therése im geschütztem Raum die Möglichkeit hat, ihren Standpunkt darzulegen.
22:31 Matias hinterfragt einge vorgeschlagene Vertagung, da das StuPa für Transparenz stehen möchte: “Wir können einfach den Ausschuss einberufen, um zu zeigen, dass wir ein Interesse an der Aufklärung haben.” Gerade ist die Debatte darüber, ob es sowas schon einmal gab und wie man ihn aufzieht.
22:34 Gerade wird das Ziel des Untersuchungsausschusses festgelegt. In etwa soll der Ausschuss herausfinden, ob es unlautere Vorgänge beim Rücktritt der AStA-Vorsitzenden gab. Der Ausschuss setzt sich aus freizuwählenden Mitgliedern zusammen und kann die Öffentlichkeit ausschließen.
22:40 Philipp und Timo machen noch die Sitzung zu Ende, danach gehen sie. Der Ausschuss wurde gerade gegründet. Jetzt geht es an dessen Besetzung: Matias Bluhm wird vorgeschlagen, desweiteren fällt Björns Name, Jonathan (der aber nicht möchte), Benedikt Eisele, Helena Scheffler. Die Wahlen bestätigen Benedikt, Helena und Matias, Björn erhält nicht genug Stimmen. Milos Rodatos, der gerade gekommen ist, fragt nach, mit welcher Legitimation man die Menschen in den Ausschuss zitieren solle. Johannes Barsch antwortet: Man kann sie nicht zwingen.
Wahlordnung die Dritte heute
22:48 Es sind mit Milos übrigens auch 18 StuPisten anwesend, die Dringlichkeit wurde festgestellt und die Fachschaftsräte aufgenommen. Beim Sonstigen weist Matias nochmal drauf hin, dass am Donnerstag der Polenmarkt anfängt. Benedikt erklärt, dass morgen eine unverbindliche Sitzung zum Haushalt stattfindet, in dem sich StuPisten und Interessierte treffen können. Marco Wagner fragt nach, warum das StuPa nicht vorzeitig aufgelöst wird, wenn die Arbeit nicht klappt? Martin Grimm und Benedikt sind dagegen, besonders wegen des Haushalts und der zeitnahen Wahlen. Damit ist die Sitzung beendet.
22:55 Das Resümee der tickernden Redakteure: „GZSZ wird abgesetzt, jetzt kommt S-T-U-P-A.“
Foto: Lisa Klauke-Kerstan, Grafik: Jakob Pallus
lol
[Moderation: Beleidigung]
"Studentische Selbstverwaltung" bedeutet am Ende vermutlich nur, dass sich die entsprechenden Vertreter hauptsächlich mit der eigenen Struktur beschäftigen.. Die letzten Liveticker glänzen vor allem mit Personaldebatten, Rücktrittsbekundungen und Vorwürfen gegenüber Moritz-Medien/StuPa/AStA – dieses Konstrukt existiert fast als eigener Mikrokosmos innerhalb der Universität. Macht doch einfach euren Job, für den ihr freiwillig angetreten seid – auf den aber scheinbar niemand mehr so richtig Lust hat..
Abschließend: Lob an den webMoritz für den ausführlichen Ticker. Finde es gut, dass ihr euch ein neutrales Standing bewahrt und euch nur passiv (im Vergleich zu anderen Führungskräften der Medien-Holding..) an der Debatte beteiligt.
Gab es jemals einen "Untersuchungsausschuss" im StuPa ? Ist so ein "Untersuchungsausschuss" möglich?
Wie beurteilen die derzeitigen Mitglieder der StuPas ihre Außenwahrnehmung. Was denken sie, denken die Studenten über das Stupa? Dürfe auch ein neu gegründeter Verein zu Erhaltung deutschen Kulturguts an den Universitäten den Drucker benutzen? Wenn er gemeinnützig wäre?
Liebes Stupa, ob ich Antworten bekomme?
„Nicht die Vertretung die diese Studierendenschaft braucht, sondern jene Vertretung, die sie verdient hat.“ ach wie kann man dieses nolansche Bonmot hier doch vielmehr wunderbar adaptieren: „Ebenjene Vertretung, die diese Studierendenschaft sich gewählt hat.“
„Applaus!“ möchte man aus den hinteren Rängen rufen und damit einhergehend ein kräftiges „Chapeau!“ anstimmen, denn rein gegen die Langeweile ist die Vorstellung gar großartig, rein machtpolitisch vielleicht ein Lehrstück. Wer mag da noch mit der schnöden Punktuierung der Realität daherkommen oder sogar nach objektiven Ergebnissen fragen? Wozu denn eigentlich auch, so ein Ponyhof ist doch ungleich schöner, gemütlicher und voller Regenbogen?
Ach was vermissen wir die ganz Alten, jene die immer noch in den Büros weilen und tagtäglich ihr universitäres Salär zählen, welche sie sich hart und ehrlich als Kreuzkriecher – Verzeihung – Kreuzkriechende eines Rektors verdienten; ach was vermissen wir die Alten mittleren Alters, als allein der AStA größer war als so manches Zirkusensemble dessen Cabaret aber umso unterhaltsamer; ach was vermissen wir die Alten, welche mit viel Geist, noch mehr Pathos und unter der Aufopferung unendlicher Lebenszeit über jedes Komma formal debattierten, als hing der ganze Weltenbestand nur und ausschließlich an dessen Setzung. Ach wie vermissen wir es, als wir schon damals den Untergang der Studierendenschaft zu jeder Zeit an jeder Ecke wortreich aber flüsternd beschworen.
Zu spät aber hingegen die Einsicht, dass damals die Maschinen – wenn auch ächzend – wenigstens stets liefen und die Arbeit – zumindest in Teilen – stetig verrichtet wurde.
Fürwahr damals haben wir uns aus Mitleid über die Redenschwinger belustigt, welche die Maschinerie hemmten und haben dann doch immer mit den mühsam Schaffenden ein bisschen Anerkennung manchmal auch Trost geteilt.
Nun haben wir bei unserer Clique von Opportunisten und Schwätzern, die Tag ein und Tag aus Solidarität predigen, aber den Nepotismus aus allen Schläuchen saufen und sich an ihrer gefühlten Macht ihrer Westentasche berauschen, einen abschließenden Grad an Perfektion erreicht, der einfach nur beachtlich ist. Nur den Schaffenden im Hintergrund, den Ächzenden, hingegen gibt es nicht mehr und darum auch keine Anerkennung, kein Trost für ihn. Ein Denkmal für den verblichenen Unbekannten Schaffenden, wäre doch ein schöner Ort um denen zu gedenken, oder?
Es fehlt ja nicht an denen die gerne noch etwas schaffen würden, jenen die wider dem besseren Wissen und Gewissen allem trotzen würden, denen die das hohe Gut der Freizeit auf dem wenig geachteten Altar des Ehrenamtes zum Feueropfer tragen, jenen traurigen Rest der sich noch an das erinnert was einst war und sich genau an diesem alten Glanz messen will und nicht an dem was mittlerweile verwest. Was sollen sie aber schaffen; womit sollen sie denn noch schaffen; wofür sollen sie es denn schaffen?
Jene die stolz ihre Fähnchen hissen – mal rot, mal orange, mal nur von hohler Albernheit – haben so getan als würden sie nur friedlich, freundlich und betont familienfreundlich darüber debattieren, was denn die dialektischen Vorzüge der Progressivität im Unterschiede zur determinierten Fortschrittlichkeit sein. Aber in Wirklichkeit und gut vor den Augen der Studierenden verborgen, haben sie äußerst nachhaltend und nachhallend alle Mauern geschliffen, den Boden gesalzen und trocken guillotinert, wen man nur kriegen konnte.
Verdorrt und verdorben ist nun alles was einst stark war – magdeburgisiert bis in jedes Mark. Der AStA zu Tode reformiert, in die Handlungsunfähigkeit verkleinert und kaputt gespart – wer braucht den auch jemanden der handelt, wenn es sich weiterhin so gemütlich im Hohen Hause debattieren lässt? –, die Moritze erfolgreich in der eigenen Selbstherrlichkeit eingefangen und satt gestellt – die sind ja viel drolliger, wenn sie kichernd auf den Hinterbänken sitzen und so aufällig wie möglich, ganz unauffällig den Flachmann kreisen lassen – , die Fachschaften noch viel erfolgreicher als den AStA in die dauerhafte Handlungsunfähigkeit überführt, die Fakultätsräte schon viel länger abgewickelt, nun nur noch leere Titularen zu Aufhübschung der eigenen hierarchischen Stelle und der Senat nur noch eine Bühne für Mitglieder der Bürgerschaft, die halt gänzlich zufällig auch Studierende sind.
Eingangs bereits lobend erwähnt, den Architekten dieses Kurses kann man eigentlich nur gratulieren und Blumensträuße reichen. Keine drei Jahre haben die beiden gebraucht, nachdem sie sich erst einmal gefunden hatten. Mit schönen Worten sind sie angetreten und haben noch vielmehr als die anderen davon gepredigt, was sie „Transparenz“, „Solidarität“ oder „Progressivität“ nannten. Schöne Worte gegen die niemand etwas sagen konnte, als man damit eingelullt wurde, denen aber nur „Geheimwissen“, „Eigennutz“ und „Stillstand“ folgten. Dieses Saatgut gedeiht nun einmal bekanntlich gerade auf der schon verdorrten Erde am kräftigsten.
Damit man mich nicht scheltet, dass ich selber auch nur schwadronierend den Herrn Luther mache, folgende klare Kante:
Wir verschlafen den Zeitensturm der unsere Gesellschaft und die gesellschaftliche Bedeutung der Universität massiv ändert. Bei der Einführung des Bologna-Prozesses hat unsere studentische Vertretung es klipp und klar alles versäumt und zugelassen, dass nun ein jeder sich an eine Universität begeben kann um dort binnen drei Jahren einmal an den hohen Weihen der Wissenschaft vorbeigetragen zu werden um dann zu erfahren, dass die hohe Weihe der Wissenschaftlichkeit eigentlich keinen Platz mehr im Bachelor hat.
Während mittlerweile ein gut gemeinter Apellantrag nach dem anderen durch das Studierendenparlament gejagt wird, interessiert es niemanden mehr, ob es überhaupt noch einen AStA gibt der daraufhin auch handelt – Demonstrationsaufrufe machen aber bekanntlich ja auch nicht viel Arbeit. Wenn mittlerweile eine Personalfluktuation herrscht, die man nur noch als Dammbruch und Armutszeugnis bezeichnen kann. Wenn eine politische Jugendorganisation mittlerweile ihre eigene Genossin gnadenlos als AStA-Vorsitzende absägt. Wer will dann doch noch ernsthaft behaupten, dass es nicht am Studierendenparlament und seinen Mitgliedern liegt? Seit Jahren werden Vorsitzende und Referenten, in immer gnadenloserer Art und Weise, bei ihrer inhaltlichen Arbeit bekämpft und rausgeekelt, sobald sie darauf hinweisen, dass es außerhalb des hohen Hauses eine zwingende Realität gibt. Aber ohne einen funktionierenden AStA der mit dieser Realität arbeitet und dort tatsächliche Veränderungen herbeiführt, gibt es keinerlei Nutzen für irgendeinen Studierenden und die ganze Studierendenschaft.
Ideologisch und intellektuell ist man Mitte der 70er Jahre angekommen und holt wenig innovativ von dort wieder alles hervor was besser dort geblieben wäre, als hätte es die letzten vierzig Jahre gesellschaftlichen und akademischen Diskurs gar nicht gegeben; viel schlimmer als ließe sich dieser leugnen. Wer heute wieder von „Imperialisten-Brause“, „Solidarität mit sozialistischen Ländern“ und der „kritischen Wissenschaft“ schwadroniert, während er eine Che-Shirt trägt und versucht möglichst viele Symbole der Arbeiterbewegung auf seinen Laptop und seinen Parlamentssessel zu pappen, tut dies mitnichten, weil diese Themen wieder eine gesellschaftliche Bedeutung haben und aus ihrer Umsetzung sozialer Fortschritt entspringen kann. Vielmehr ist es ein Armutszeugnis der eignen intellektuellen Reflexion und Flexibilität; noch viel weiter ist es im tiefsten Sinne des Wortes einfach reaktionär.
Wenn Rolf Biermann in einem gänzlich anderen Zusammenhang von einer „elenden Drachbrut“, dem „elenden Rest“ philosophiert, dann liefert er doch genau das sprachliche Bild um die Gesamtsituation abschließend treffend zu zeichnen. Umso bitterer, als dass hier die akademische, intellektuelle und moralische Zukunft gemeint wird.
Was wird hieraus gedeihen? Die Antwort kennen wir leider bereits – schade dass das nächstes Stück nicht derart spannend wird – schließlich sind Protagonisten sowie Akte bereits hinreichend bekannt.
Wohl dann stolze und ehrwürdige Hanse- und Universitätsstadt Greifswald, die besten und fähigsten Köpfe unserer Studierendenschaft hast Du ja bereits in Deine Bürgerschaft hinüber geerbt. Ehre sie, denn sie sind unser bester Ausfluss. Aber mögest Du länger als drei Jahre gegen sie anhalten, bevor die Nagetiere auch dieses sinkende Schiff verlassen und sich die nächste trockene und prall gefüllte Kombüse suchen.
Auch der Landtag ruft bekanntlich laut, nach jener Vertretung die das Volk sich wählen wird.
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