Sonderheft_Bildungsstreik2014_BildNeben dem Festakt zur Eröffnung des Fusionsreaktors Wendelstein 7-X interessierte sich die Studierendenschaft vielmehr dafür, ob und wie sich Bundesbildungsministerin Professor  Johanna Wanka und Ministerpräsident Erwin Sellering zu der Lage der Universität positionieren würden. Noch bevor sich die beiden Spitzenpolitiker den aufgebrachten Studierenden stellten, hatte der webMoritz die Gelegenheit, beide zum Thema Hochschuldefizit zu befragen. Fragen, die zum Teil verwunderliche Antworten hervorbrachten.

Kurz nach 10 Uhr tritt Professor Sibylle Günter, ihres Zeichens wissenschaftliche Direktorin des Projekts Wendelstein 7-X vor das Mikrofon, um die zahlreichen Gäste zu begrüßen. In ihrer Rede spricht sie auch an, dass im Verlaufe des Tages Studenten für den Erhalt der Studienbedingungen vor dem Gelände demonstrieren werden. Das Publikum spendet verhalten Beifall. Alle, bis auf die Bundesministerin und der Ministerpräsident. Wanka schaut fragend und rümpft die Nase.

Wirkte von Beginn an etwas angespannt - Johanna Wanka

Wirkte von Beginn an angespannt – Johanna Wanka

Verständnis für mit dem Projekt verbundene Ängste

Kurz bevor die Ministerin das Podium betritt, sind die Demonstrierenden das erste Mal zu hören. Immer wieder hält sie kurz inne. Es scheint so, als würde ihr bewusst werden, dass sich, besonders wegen ihres Besuchs, die Studierenden dazu gezwungen sehen zu demonstrieren. In ihren – wie auch in den Grußworten Sellerings – wird die Universität nur angeschnitten, wie schön die Zusammenarbeit zwischen Projektleitung und ihr sei. Es sei ein großer Tag für Mecklenburg-Vorpommern, ein großer für Greifswald. Für die Ängste der Greifswalder bezüglich des Projekts hätten beide Verständnis.

„Zu einem vereinbarten Budget muss man stehen“

Nach dem doch etwas langwierigeren Begrüßungsvorgang sollen beide mit EU-Energiekommissar Oettinger und einigen Verantwortlichen des Projekts dieses feierlich eröffnen.

Stellte sich den Fragen des webMoritz

Stellte sich den Fragen des webMoritz – Erwin Sellering.

Erwin Sellering nimmt sich nach Abschluss dieses Akts ein paar Minuten Zeit um die Fragen der Journalisten zu beantworten. Er habe den Lärm natürlich nicht überhört. Auch Günther Oettinger habe sich bereits bei ihm erkundigt, für was die Studierenden demonstrierten? Seine kurze wie passende Antwort: „Für Geld“. „Ich kann gerne auch noch mit Ihnen reden“, so Sellering weiter. Er habe Verständnis für das Anliegen mehr Geld in Wissenschaft und Forschung zu investieren, „das ist Zunkunftssicherung und da wollen wir uns möglichst stark engagieren.“ Es sei aber zu bemerken, dass sich auch Universitäten an ein gegebenes Budget halten müssten. Natürlich müsse der Bund aber die zugesicherten Mittel bereitstellen. Dass Lehrkräfte aufgrund des Hochschuldefizits entlassen werden müssten, kann sich Sellering nicht vorstellen. „Der Bildungsminister (Mathias Brodkorb, Anm.d.Red.) hat nachgewiesen, dass alle Universitäten des Landes gemeinsam Rücklagen aufgebaut haben, das ist das Gegenteil von einem Defizit.“ Erst nachdem der Landesrechnungshof seine Ergebnisse zu dem Sachverhalt vorgelegt hätte, können er und die Landesregierung Missstände ausräumen. Auf die Frage, warum die Universitäten ihr gegebenes Budget nicht überschreiten dürften, dafür der Finanzrahmen bei Gebäuden regelmäßig überschritten wird, bleibt Sellering mit seiner Antwort weiterhin unkonkret. Er könnte schließlich nicht befehlen, mit dem Bau eines Gebäudes aufzuhören. Die Frage bleibt aber bestehen, warum dies bei der Bildung funktionieren soll. Er finde, dass die Rektorin der Universität den direkten Kommunikationsweg hätte gehen und nicht zu einer Demonstration hätte aufrufen sollen.

Das die Uni bedroht ist, sei ihr nicht bekannt

Dass die Uni bedroht ist, sei ihr nicht bekannt.

„Sind sie auch angemeldet?“

Nach den Fragen an Sellering nimmt sich auch die Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, wenn auch etwas widerwillig, kurz Zeit dem webMoritz Rede und Antwort zu stehen. Dennoch muss natürlich vorher geklärt sein, ob wir das Interview auch angemeldet haben. „Ich weiß nicht, ob die Studenten für den Erhalt der Uni kämpfen müssen. Dass die Universität Greifswald gefährdet ist, ist mir neu“, bekennt die Ministerin. Zudem wolle sie sich nicht in Landespolitik einmischen. Die Kompetenzen lägen beim Land und sie könne nichts tun. Die „sehr, sehr guten Studienbedingungen“ könnten durch den Hochschulpakt erhalten werden, aus dem Mecklenburg-Vorpommern ohnehin besondere Zuwendungen erhalte.Auch die Problematik der zu streichenden Stellen könne sie leider gar nicht einschätzen, da die Hochschulangelegenheiten Ländersachen seine. Der Bogen von überteuerten Prestigeobjekten, wie dem Flughafen Berlin-Brandenburg, hin zu den fehlenden finanziellen Mitteln für Bildungseinrichtungen ist der Ministerin zu groß. Die Universität dürfte sich ohnehin nicht beklagen, da „viel mehr, als für Greifswald einplanbar war, vom Bund kommt.“

Ergebnis bleibt fraglich

Die Rektorin, Professor Hannelore Weber, fand das Anliegen der Studenten übrigens absolut unterstützenswert, „dass das, was in der Koalitionsvereinbarung versprochen wurde, auch umgesetzt wird.“ Jedoch fand sie es schade, dass eine solch wichtige und feierliche Veranstaltung deshalb gestört wurde. Sie könne nicht beurteilen, ob die Aktion der Studierenden tatsächlich Früchte tragen wird.

Fotos: Tom Peterson