Der 33. Nordische Klang ging am 12. Mai zu Ende. Künstler*innen aus ganz Nordeuropa machten das Festival zu einem großartigen Erlebnis. Ob Ausstellungen, Vorträge, Filme oder musikalische Darbietungen, es war für jede*n etwas dabei. Auch dieses Jahr zog es uns wieder zu den musikalischen Angeboten des Festivals. Hier ein kleiner Einblick für euch, in die musikalische Welt des Nordischen Klangs.

Folk & Swing Abend

-Tjango!-

Am 9. Mai fand im St. Spiritus die ausverkaufte Folk & Swing Nacht des Nordischen Klangs statt. Die erste Band des Abends war Tjango!, deren Bandname sich aus Tango und dem Namen Django Reinhart, dem Begründer des sogenannten Gipsy Swing, zusammensetzt. Wie der Bandname schon andeutet, wird die Band von argentinischem Tango, wie auch Jazz (Jazz Manouche/ Gipsy Jazz), American Root-Music und Nordischer Folk Tradition, inspiriert. All diese musikalischen Einflüsse bringt die vierköpfige Band mit Akkordeon, Violine, Kontrabass und Akustik Gitarre in einer interessanten Mischung auf der Bühne. Was dazu führte, dass Tjango! schon zwei Alben veröffentlichte und nicht nur Finnland, sondern ganz Europa getourt hat. Nach zwölf Tagen Tour durch Deutschland waren sie nun bei uns in Greifswald.

Das Publikum des Abends hatte Tjango! schnell überzeugt und der trockene Humor des Akkordeonisten (Antti Leinonen) machte jede Ankündigung eines Songs zu einem Erlebnis.
Auch ihre Songtitel spiegeln den Humor der Band. So hieß ein Stück Happy Insomnia Blues, in welchem es um Schlafprobleme geht, und der Einsatz der Violine rief eine irische Fiedel in Erinnerung. Einen weiteren Song, den sie über den Tag nach einer Party geschrieben hatten und welcher an träge, schleifende Füße erinnert, nannten sie Lazy Afternoon Tea. Ziemlich passend also.

Tjango!‘s Musik zaubert eine*n an die verschiedensten Orte. So saß man mal bei Piraten in einer Taverne oder auf dem Schiff und hatte mit ihnen Spaß. Manchmal wiederum ist man träumerisch in Paris die Seine entlangspaziert und hat sich anschließend, zum People Watching, in ein Café gesetzt. Andere Stellen jedoch erinnerten an das Tropfen von Wasser in einen alten verrosteten Blecheimer.
Trotz der rein instrumentalen Performance summte und trällerte das Publikum an einigen Stellen vergnügt mit. Mein persönlicher Favorit war, dass viel auf der Geige gezupft wurde, einfach ein wunderbarer Laut. In Tjango!‘s Musik treffen verschiedenste Genres aufeinander, weshalb ihre Songs sehr interessant und charmant anzuhören sind. Jedoch hatte ich durch genau das eine abwechslungsreichere Setlist erwartet und fand einige Songs leider etwas repetitiv. Nichtsdestotrotz ist Tjango! eine Band, die musikalische Grenzen verschwimmen lässt und sich nicht von Genrebarrieren fesseln lässt. Also hört doch gerne einmal auf Spotify hinein.

-Symbio-

Die zweite Band des Abends war Symbio, welche als eine der spektakulärsten Bands der nordischen Folk Szene bezeichnet wird und schon in über 20 Ländern tourte. Symbio spielt einen Mix, bei dem virtuose Folkmusik auf Elektro Dancehall trifft. Es gelingt ihnen problemlos, träumerische Klanglandschaften und hypnotische Club-Beats zusammenzuführen. Diese Kombination riss das tanzende Publikum schon bei dem ersten Song gänzlich mit. Kein Wunder also, dass sie 2023 den Preis für das beste Album des Jahres bei den Swedish Folk & World Music Awards gewannen.

Die Band besteht aus Johannes Geworkian Hellman und LarsEmil Öjeberget, welche sich 2011 auf der königlichen Musikakademie in Stockholm kennen lernten und schon bei ihrem ersten Zusammenspiel merkten, dass sie zusammen eine energetische Symbiose entstehen ließen. Die beiden spielen Drehleier, auch Hurdy-Gurdy genannt, Elektronik, Stompbox und Akkordeon und erzählten ganz stolz, dass sogar Mozart für die Hurdy-Gurdy komponiert hat. Die Mischung aus den eher selten verwendeten Instumenten brachte wunderbar einzigartige Kompositionen hervor, welche zu Teilen schaurige und außerirdische Unterklänge hatten.

Symbio spielte zudem einen Song aus ihrem nächsten und vierten Album, welches im Frühjahr 2025 erscheinen wird, und fragte das Publikum nach Namensideen für den Song. Die Musik und die Klänge haben mich an einigen Stellen an Tame Impala erinnert. Wer also ein Tame Impala Fan ist, sollte auf jeden Fall einmal bei Symbio reinhören und sich verzaubern lassen.

Abschlussfest

Zum Start des Abends am 11. Mai in der STRAZE, wurden alle im Hintergrund des Festivals aktiven Leute auf die Bühne geholt und es wurde ihnen herzlichst für all die Mühe und die Stunden, welche in die Organisation des Festivals flossen, gedankt. Besonders hervorgehoben wurde an dieser Stelle eine Mitarbeiterin, die schon seit über einem Jahrzehnt dabei ist und als Seele des Festivals bezeichnet wird. Wow! Wie jedes Jahr war wirklich wieder für alle Festivalgänger, mit den verschiedensten musikalischen Acts, etwas dabei.

-Myrhauk-

Myrhauk, die Band, die den letzten musikalischen Abend des Nordischen Klangs eröffnete, war ein Geschenk der Greifswalder Partnerstadt, Hamar, zu ebendiesem Event. Myrhauk ist eine norwegische Nordicana-Band. Nordicana daher, da sie Norwegen und das Americana Genre zusammenführen. Sie haben einfach ihre eigene, auf sie zutreffende Genrebezeichnung erfunden. Myrhauk bezeichnen ihre Musik als norwegischen Rock, welcher Züge von Country, Americana, Blues, Soul, Gospel und Folkrock besitzt. All diese Nuancen waren jedoch nicht unbedingt in den Liedern vertreten, welche sie den Abend über spielten. Diese erinnerten an das, was man sich als Leie grob unter amerikanischem Südstaaten Rock vorstellen könnte.

Ihre Texte tragen eine starke Nostalgie für die 60er und 70er Jahre und beschreiben die Höhen und Tiefen des Lebens, mit einer Vorliebe für die analogen Zeiten ihrer Jugend auf dem Land. Die Texte werden von Magnus Østvang geschrieben, der vom Leadsänger (Tom E. Holmlund) liebevoll als „Genie der Band“ bezeichnet wird . Er schreibt die Texte, komponiert die Musik und spielt unter anderem Keyboard, Gitarre und Bass. Ein echtes Rundumtalent also. Die weiteren drei Bandmitglieder sind Bjørn Thomassen (Bass), Finn Andresen (Schlagzeug) und Marius Book (Gitarren). Die Band sang die meisten Songs in norwegischem Dialekt. Mit Ausnahme von zwei Songs, welche überraschenderweise der Gitarrist, Marius Book, auf Englisch sang.

Zu Anfang des Konzertes war das Publikum noch ein wenig verhalten, ab dem zweiten Song tanzte es jedoch mit und gab begeisterten Applaus. Vor allem die kleineren Konzertbesucher hatten Spaß und wurden später noch auf die Bühne geholt, um mit der Band zu musizieren. Eines der Highlights des Abschlussfestes, und das sicherlich nicht nur für die kleinen Nachwuchsmusiker. Für zwei Songs tanzte und musizierten die Greifswalder Nachwuchstalente enthusiastisch mit und bekamen im Anschluss einen riesigen Applaus, bevor die drei Kleinen wieder im Publikum mittanzten. Mit der besten Laune gab Myrhauk die Bühne für die nächste Band des Abends frei.

-Cumbian Colors-

Cumbian Colors, möglicherweise das Highlight des Abends. Eine Band, welche das Publikum mit den ersten Tönen von den Stühlen riss und richtige Partystimmung in die STRAZE einziehen lies.

Die kolumbianische Cumbia ist, neben Salsa und Tango, die beliebteste Musik zum Tanzen des spanisch sprechenden Amerikas. Die Begeisterung für dieses Genre zog bis nach Kopenhagen, wo Cumbian Colors gegründet wurde. Die Band entstand aus dem Bedürfnis heraus, selbst komponierte Musik zu performen, ohne dabei die Wurzeln der kolumbianischen Cumbia zu vergessen, mit welcher alle Mitglieder der Band aufwuchsen und seit Jahrzehnten spielten. Innerhalb kürzester Zeit gewann Cumbian Colors größte Popularität beim dänischen Publikum und 2022 wurden sie sogar für den Danish Music Award Roots als „New Name of the Year“ nominiert.

Sobald die Band an ihre Instrumente trat, wurde das Publikum der STRAZE in die Musikwelt Lateinamerikas katapultiert und ein berauschendes Musikerlebnis entstand. Ab dem ersten Ton war das Publikum nicht mehr zu halten und stürmte den Dancefloor. Was nicht zuletzt auch der unglaublichen Energie und Ausstrahlung der Bandmitglieder zuzuschreiben ist. Neben dem Fakt, dass alle Bandmitglieder sehr talentierte Musiker*innen sind, merkte man ihnen schlichtweg an, wie viel Spaß sie nicht nur am Musizieren, sondern auch am miteinander auf der Bühne stehen haben.

Die großartige Dynamik auf der Bühne führte zu einer der unvergesslichsten Einlagen beim diesjährigen Nordischen Klang. Neben ihrer beindruckenden Bühnenpräsenz war auch die Interaktion mit den Publikum eine geradezu von Leichtigkeit geprägte. Was nicht vielen Bands so natürlich und unbeschwert gelingt. Cumbian Colors schaffte es, das gesamte Publikum abzuholen und auch die Redakteurinnen des webmoritz. mussten ihre Notizblöcke zur Seite legen, um die unvergleichbaren Vibes der Band zu genießen.
Am Ende ihres Konzertes forderte das euphorische Publikum der STRAZE glatt noch zwei Zugaben ein und auch die Musiker*innen der anderen Bands des Abends waren in der Menge zu sehen. Das neueste Album der Band wurde bereits aufgenommen und wird voraussichtlich im Laufe des Jahres erscheinen, also hört doch gerne mal bei Cumbian Colors rein.

-Svommebasseng-

Zu guter letzt trat Svommebasseng auf der Bühne der STRAZE und stellt einen wundervollen Abschluss für den Nordischen Klang 2024 dar.

Svommebasseng (übers. „Schwimmbecken“), heißt es, macht Musik zum verlieben. Die junge Band entführt ihr Publikum in eine Welt verträumter Lyrics, welche von schwebenden Akkordfolgen und treibenden Rhythmen begleitet werden. Seit über zehn Jahren füllt die Band nun norwegische Konzertsäle und Clubs mit Indiepop, der von 80er Jahre Disco inspiriert ist. Ihre Texte beschäftigen sich mit Herzschmerz, Tagträumereien und Selbstgesprächen. Von Utopien bis Dystopien ist alles vertreten. Mit all diesem füllte Svommebasseng den Dancefloor der STRAZE für das letzte Konzert des Nordischen Klangs.

Zu Beginn ihres Konzertes beeindruckte der Leadsänger der Band schon mit seiner Sympatie und seinem Humor, was einen krönenden Abschluss des Abends versprach. Er sprach Deutsch mit den Publikum, allerdings machte er direkt spaßhaft klar, dass er nicht so viel auf grammatische Korrektheit schauen würde, weil die einfach schwer wäre. Das kann man nun wirklich nicht abstreiten. Svommebasseng brachte mit einer Vielzahl an Instrumenten (Orgel, Piano, Schlagzeug, Trommeln und Percussions, sowie Gitarren, Bass und Elektronik) eine wunderbare Welt der Klänge in die STRAZE, welche eine ansteckende Leichtigkeit versprühte.

Die elektronischen Elemente, die Trommeln und Percussions, brachten einen besonderen Charakter in die Musik der Indie Band, mit verwunschenen, einzigartigen und satten Klängen. Neben dem Leadsänger sang auch die Pianistin mit einer glasklaren, coolen Stimme. Das Zusammenspiel seiner tiefen, rauen Stimme und ihrer satten und glasklaren, hohen Stimme brachte ein wunderbares zusätzliches Erkennungsmerkmal für Svommebasseng.
Spontan übersetzte der Leadsänger den Refrain eines ihrer Songs auf Deutsch, sodass das Publikum begeistert mitsingen konnte. Auch Svommebasseng beeindruckte durch viel Publikumsinteraktion und die Leichtigkeit ihrer Songs mit links auf das Publikum übertragen. Wem entspannte und vielfältige Indie Musik gefällt, kann ich Svommebasseng wärmstens empfehlen. Also hört doch auch bei Svommebasseng gerne einmal rein, denn letztes Jahr erschien ihr drittes Album Før solen har gått ned (bevor die Sonne untergegangen ist).

Der Nordische Klang war auch dieses Jahr wieder mit den verschiedensten  Musikeinlagen ausgestattet, welche wirklich jeden Musikgeschmack ansprechen. Ein super rundes, wunderbar kultiviertes Programm. Wie auch letztes Jahr empfehle ich es allen, wenigstens einmal bei einer Veranstaltung des Norischen Klangs vorbeizuschauen. Es lohnt sich. Wir sind gespannt, was das nächste Jahr zu bieten hat.
Bis dahin hört doch gerne in die Playlist vom Nordischer Klang 2024 rein!

Beitragsbilder: Nordischer Klang


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