Alle Jahre wieder weihnachtet es auch beim webmoritz.! Hier wird Weihnachtsmusik gedudelt, werden Plätzchen gebacken und Geschichten der vergangenen, diesjährigen und zukünftigen Weihnacht unter flackernden Lichterketten geraunt. Einen Teil dieser besinnlichen Stimmung möchten wir wieder in unserem Adweb.kalender mit euch teilen. Hinter dem 7. Fensterchen erwartet euch:  Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

You better watch out
You better not cry
You better not pout
I’m telling you why
Another horrifying Netflix Weihnachtsfilm is coming to your Endgerät

Es ist wieder mal diese Zeit des Jahres: Weihnachten. Es gibt wohl keinen kontroversen Diskurs darüber, dass Weihnachten neben den tollen Themen wie Familie, Liebe und Frieden auch seine schlechten, eisigen Seiten mit sich bringt. Eine Seite davon, über die der*die aufgeweckte Medienkonsument*in jährlich stolpert, ist eine Reihe an neuen Weihnachtsfilmen, die Jesus‘ Geburtstag neu erfinden oder zumindest mit ihrem eigenen, süßen Charme versehen wollen. Genauso tut es auch die allseits beliebte „Kommt-ja-sonst-nix“-Maschine Netflix jedes Jahr. Bislang hatten sie es für mich mit dem 2019 erschienenen, bis jetzt warum auch immer noch nicht zum Weihnachtsklassiker gewordenen „A knight bevor Christmas“ geschafft, dem König Trash die Krone aufzusetzen. Dabei handelt es sich nicht etwa um das bekannte Meisterwerk von Tim Burton, sondern um die geniale Idee, einen Ritter urplötzlich durch irgendeine mysteriöse alte Dame in das moderne Weihnachten 2019 zu teleportieren.  Der Rest des Films besteht darin, dass der edle Ritter bei „High School Musical“-Star Vanessa Hudges einzieht und irgendwelche Aufgaben erledigen muss. Das ist aber auch egal, weil es ist Weihnachten und daher geht es nur darum, die große Liebe zu finden, auch wenn diese in Form von einem Mann kommt, der bis vor ein paar Tagen noch geglaubt hat, dass Magie die Welt zusammen hält. Er hat wohl zu viel „Master of the Universe“ gesehen. Schade, dass das im 21. Jahrhundert nicht mehr der Fall ist, sondern die Kraft der Menschen einzig daher kommt, „bis baldrian“, „Tschüsseldorf“ oder „bis Danni Lowinski“ zu sagen.

Somit befinden wir uns in einer neuen Saison der Festlichkeiten. Auch dieses Jahr wurde sich wieder nicht nur am Titel von Weihnachtsklassikern inspiriert. In „Lovehard“ spielen „Vampire Diaries“-Vampir (würde ich mal sagen, hab ich nicht gesehen) Nina Dobrev und Jimmy O. Yang, der neben Steve Carell und John Melkovich in Netflix‘ „Space Force“ zu sehen war (hab ich gesehen, war so „naja“), die Hauptrollen. Es fällt auf, dass es sich beim Titel um ein Kompositum aus „Love Actually“ („Tatsächlich… Liebe“) und „Die Hard“ („Stirb Langsam“) handelt. Zwei Filme die wohl zu den meistgeliebten, meistgehassten aber auch auf jeden Fall meistgesehenen Weihnachtsfilmen gehören. Spielen die Titel in der Geschichte eine große Rolle? Ja, sie kommen durchaus in entscheidenden Szenen vor. Ist es clever, die gleiche Schriftart wie die Originale zu verwenden? Ja, auch das muss gesagt werden, da so es wohl durchaus öfter dazu kommen wird, dass Nutzer*innen versehentlich auf den Film klicken und die Winterträgheit sie wohl auch zum Weiterschauen zwingt.

Worum geht es? Ich würde hier eine Spoilerwarnung aussprechen, aber im Prinzip erspar‘ ich euch nur die Zeit, dir ihr für diesen Film verschwenden würdet, also bitte, gern geschehen, frohe Weihnachten. Der Basisplott besteht darin, dass Hauptcharakter Natalie beruflich journalistisch von ihren verheerend schlechten Flirt „Altert“ (das Tinder der Flirty Birdys) Dates berichtet. Diese wenig einfallsreiche „Sex and the City“-eske Grundprämisse führt sie dazu, das Datingleben an den Nagel zu hängen. Nur aber, bis ihr eine neue Begegnung in der App aus heiterem Himmel den wohlmöglich perfekten Typen in die vorweihnachtliche Anstrengung zaubert. Sofort kommunizieren sie natürlich ihre tiefsten Gefühle (was man auch sonst mit Fremden macht) und er kennt alles, wofür sie tiefgreifende Empfindungen besitzt. Sie konkurrieren darüber, ob „Love Actually“ oder „Die Hard“ der bessere Weihnachtfilm ist und er kennt auch noch zufällig das Gedichtband, welches die kürzlich verstorbene Mutter Natalie immer vorgelesen hat. Quelle Surprise. Das wird begleitet mit Filmsequenzen, in denen anscheinend die Realitäten beider Personen verschmelzen und beide nebeneinander sitzen oder sich gegenseitig in den Schlaf säuseln. Dabei kommt jedoch die gewisse Würze ins Spiel, denn er wohnt in irgendeinem Dorf am anderen Ende des Landes. Was macht sie? Ja na klar, sie reist zu Weihnachten als Überraschung zu ihm, was soll schon schiefgehen?
Nun, sie wird gecatfished. Nochmal Quelle Surprise. Hot guy (der Name ist wirklich egal) ist gar nicht in echt hot guy. Schade, dafür hat sie aber Glück, dass hot guy trotzdem in der Stadt wohnt. So schließen Catfish Guy und Natalie einen Deal, dass sie über Weihnachten seine Freundin spielt und er ihr dafür hilft, an hot guy heranzukommen. Nun ist es nur noch ein egales Hochdramatisiere und Zugespitze der Situation, weil Catfish guy einen einfach nur gemeinen und egozentrischen Bruder hat und Natalie und Catfish Guy sich aus Versehen verloben, weil die Familie sich doch so freut. Hot guy macht gerne Sachen draußen, Natalie macht eigentlich gar nichts gern, und Catfish guy stellt gerne Kerzen her, die nach toten Familienangehörigen riechen. Am Ende zieht sie die ikonische „Love Actually“ Andrew Lincoln oder doch Boris Johnson Nummer mit den beschrifteten Schildern durch, da sie erkannt hat, dass doch eigentlich sie Catfish Guy liebt. Ende.

Den Film als Weihnachtsfilm zu deklarieren, ist an dieser Stelle durchaus ein Problem. Denn Weihnachten spielt allgemein, bis auf ein bisschen für Rentner singen und Weihnachtsbaum schmücken wirklich keine große Rolle. Daher ist es wohl auch kein Weihnachtsfilm, sondern eher ein „ich hoffe Weihnachten ist bald vorbei“-Film. Das widerspricht jedoch auch dem Handlungsmotiv von Natalie, denn eigentlich ist sie ja doch an hot guy interessiert, möchte aber trotzdem einfach wieder nach Hause. Sie ist dadurch in einem sich gegenseitig widersprechenden zeitlichen Perpetuum Mobile gefangen.
Außerdem ist zu hinterfragen, welchen kategorischen Anspruch der Film an sich hat. Ist es eine Komödie, dann ist Humor mit dem neudeutschen Cringe gleichzusetzen. Andere Ausgüsse an komödiantischem Material sind leider starke Mangelware, sodass es nur gelegentlich auch mal so etwas wie Ironie oder sogar ein Witz ins Drehbuch geschafft hat.
Genauso wird auch versucht, irgendeine Art des Mitfühlens und der Sentimentalität in den Zuschauer*innen zu erwecken. Meistens besteht das jedoch darin, dass Natalie allergische Schocks hat, oder jeder genau eine Vater oder Mutter Figur verloren hat. Das wärmt das Herz jedoch genauso auf wie eine kaputte Heizung.

So muss man schlussendlich feststellen, dass sich wohl auch Netflix‘ neue Weihachtsauslage „Lovehard“ nicht in eine Kategorie der Must Watch Weihnachtsklassiker einordnen wird. Das liegt zum einen daran, dass die Geschichte an keinem Punkt überraschend daherkommt und man immer schon die nächste Szene voraussagen kann. Zum anderen ist es auch kein komödiantisches Meisterwerk, das das Publikum trotz schlechter Geschichte an sich immer wieder zumindest zum Schmunzeln bringt. So muss der Film wohl in die immer beliebter werdende Kategorie des Trashs eingeordnet werden, sodass man sich an der schlechten Machart trotzdem auf die ein oder andere Art erfreuen kann.

Beitragsbild: Julia Schlichtkrull
Bild: Samira Rahi auf unsplash.com