Wer sich an die lauen Sommerabende am Museumshafen diesen Jahres erinnern kann, oder in der letzten Zeit trotz Wind und Wetter einen Spaziergang unternommen hat, wird bestimmt schon festgestellt haben, dass die maritime Idylle des Hafens einer großen Baustelle gewichen ist. Schon seit Monaten waren dort anstelle der alten Segelschiffe Bauzäune, Fahrzeuge und ein Ponton im Wasser samt der Arbeiten zu beobachten, inzwischen sind einige Straßenabschnitte gesperrt, ein neues Ampelsystem eingerichtet und die Bodenbefestigung bereits geöffnet. Doch was hat es damit eigentlich auf sich?
Die Bauvorhaben
Eine Pressemitteilung im Mai diesen Jahres kündigte bereits den Beginn der Bauarbeiten am Museumshafen an. Grund dafür sind die Umgestaltung des Hanserings und in diesem Zuge auch die Erneuerung der denkmalgeschützten Spundwand (Uferbefestigung des Rycks). Diese ist teilweise noch original aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhalten und hat dementsprechend nicht mehr die Standfestigkeit, wie noch 200 Jahre zuvor. Die Bauarbeiten werden etwa 14 Monate – bis Mitte nächsten Jahres – andauern und in zwei Abschnitten durchgeführt. Der erste Abschnitt ab der Steinbecker Brücke in Richtung Fußgängerbrücke soll bereits im Frühjahr 2021 fertig gestellt werden, der zweite Abschnitt hinter der Fußgängerbrücke bis hin zum Fangenturm im Sommer 2021. Dabei wird auch wasserseitig von dem Ponton aus gearbeitet, was bereits bei vielen Hafenbesuchen und Brückenüberquerungen zu Rätseln geführt hat. Des Rätsels Lösung und Fun Fact für die nächste Führung eures Familienbesuchs: Es mussten Bohrungen zur Vorbereitung der Rammung durchgeführt werden, da der feste, gewachste Boden des Flussbetts noch aus der Eiszeit besteht und dementsprechend Findlinge erhalten sein können. Wie aktuell zu sehen ist, wurde etwa einen halben Meter vor die alte Wand eine Stahlspulwand gesetzt, die 10 Meter tief in den Boden gerammt wird.
„Mit der Sanierung der Spundwand im Bereich des Museumshafens schaffen wir beste Voraussetzungen für unsere Traditionsschiffe. Wir tätigen jetzt eine große Investition für die Zukunft.“
Oberbürgermeister Stefan Fassbinder, Pressemitteilung Greifswald 20.11.2020
Mit der Umgestaltung des Hanserings, über die jahrelang diskutiert und verhandelt wurde, wird die allgemeine Aufwertung des südlichen Museumshafens angestrebt. Dafür sind mehrere Projekte in Planung, wie etwa eine dreireihige Baumallee, die die beiden Fahrbahnen voneinander trennen und den Hansering mit einem grünen Dach beschatten soll. Die Bausenatorin Jeanette von Busse erklärte, dass die Bäume Abgase und Lärm schlucken sollen; generell ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h vorgesehen. Die Allee soll außerdem an den Charakter der historischen Wallanlagen anschließen und den Hafen mehr an die Innenstadt anschließen. Darüber hinaus wird die Promenade entlang der Kaikante verbreitert und die Fahrbahn schmaler, wodurch die Attraktivität sowohl für Fußgänger*innen als auch für Radfahrende entlang des Ostseeküstenradweges gesteigert werden soll. Genauere Vorhaben und eine Visualisierung der Allee sind der 2. Bauentwurfsplanung aus Mai 2018 zu entnehmen. Die Bauarbeiten werden in sechs Baufeldern durchgeführt, das letzte wird voraussichtlich im Januar 2023 fertig gestellt sein.
Auf was für einem Stand sind die Bauarbeiten?
Bei der Erneuerung der Spundwand sind die Austauschbohrungen im 1. Abschnitt bereits abgeschlossen, momentan wird am 2. Abschnitt zwischen der Fußgängerbrücke über den Ryck und dem Platz am Fangenturm gearbeitet. Im 1. Abschnitt sind ebenfalls die neuen Spundwände in den Boden gerammt worden, wodurch aktuell die dahinterliegende Gurtung (zur Lastabtragung, Aussteifung und Ausrichtung der Spundwand) eingebaut und die Rückverankerung hergestellt wird. Für Trubel im Juli sorgte der Fund einer etwa 100 kg schweren, menschenhohen Gasflasche, die von einem nassen Sandberg abgedeckt werden musste. Die Begutachtung einer Spezialfirma ergab allerdings, dass die Flasche nicht mehr unter Druck steht und deshalb ungefährlich sei.
Die Umgestaltung des Hanserings begann wie geplant am 02. November mit den Vorbereitungsarbeiten. Dazu gehörten die Verlegung der Bushaltestelle, die Absenkung des Bordsteines und die Einführung des Ampelsystems. Außerdem wurden einige Straßen(abschnitte) gesperrt oder in ein Einbahnsystem umgewandelt, Genaueres zur Verkehrslage könnt ihr in der Pressemitteilung vom 30. Oktober nachlesen. Nachdem die Bodenbefestigung geöffnet wurde, wurde im Abschnitt der Steinbecker Straße mit der Arbeit an einer neuen Regenwasserleitung begonnen.
Die Finanzierung
Die Gesamtkosten für die Spundwand wurden zunächst auf 4 Millionen Euro geschätzt und belaufen sich inzwischen auf 6,6 Millionen Euro. Grund dafür sind zusätzliche Kosten und höhere Preise nach dem Ausschreibungsprozess. Von den 6,6 Millionen werden 5,7 Millionen Euro aus Städtebaufördermitteln bezogen, an denen Greifswald zu einem Drittel beteiligt ist. Hinzu kommt eine Sonderbedarfszuweisung des Innenministeriums von 900.000 Euro
Die Baukosten für die Umgestaltung des Hanserings belaufen sich auf rund 8 Millionen Euro. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung beteiligt sich mit einer Förderung von 4,24 Millionen Euro, vom Land kommen 1,2 Millionen Euro als Sonderbedarfszuweisung und 1,67 Millionen Euro stammen aus dem städtebaulichen Sondervermögen.
Mehr Infos für euch:
– Eine Übersicht aller größeren Tiefbaumaßnahmen in Greifswald
– Bautagebuch zur Spundwand
– Bautagebuch zur Umgestaltung des Hanserings
Beitragsbilder: Annica Brommann