Unterwegs im Unverpacktladen

m.m: Für die Leute, die noch nie in einem Unverpacktladen waren: Könntet ihr vielleicht noch mal erklären, wie so ein Einkauf bei euch eigentlich abläuft?

Esther: Also, es ist natürlich richtig cool! [lacht] Wenn man das erste Mal da ist und gar nicht weiß, wie’s funktioniert, dann kann man von uns Behälter bekommen. Es gibt welche zu kaufen, aber wir werden auch von Kunden für Kunden haben – wenn ihr also alte Gläser habt, könnt ihr die zu uns bringen, wir spülen die und dann kann man sie verwenden. Dann nimmt man sich ein Glas oder eine Verpackung, es kann auch ein Beutel sein, eine Brotdose, was auch immer. Man wiegt sie leer, schreibt das Gewicht drauf, geht zu dem Lebensmittel oder was man eben so haben will, und füllt sich so viel ab, wie man möchte. Dann geht man damit zur Kasse, wir wiegen das voll und ziehen das Leergewicht des Behälters ab, und dann bezahlt man ganz normal. Es müssen nicht unbedingt feste Behälter sein, worauf ich in letzter Zeit auch gekommen bin, sind Beutel. Sie nehmen beim Transport super wenig Platz weg, und man kann in ihnen auch ganz easy Nudeln, Linsen oder Reis abfüllen.

m.m: Wisst ihr schon, wie ihr das mit den Corona-Maßnahmen regeln könnt? Das Konzept beruht ja quasi auf Selbstbedienung. Sind dann auch einige Lebensmittel offen verfügbar oder ist alles abgedeckt?

Esther: Wir haben auf jeden Fall alles abgedeckt. Bei uns auf dem Marktstand kann man auch so einen Glasbin sehen, wie das dann auch im Laden funktioniert. Es wird vielleicht so kleinere Behälter geben, wie diese Bonbongläser, wo man sich das mit einer Schaufel rausholt, aber die sind auch zu – man macht sie einfach auf, schaufelt sich das raus und macht sie wieder zu.

Philippe: Bei Unverpacktläden war das auch schon vor Corona ’ne Frage, dementsprechend sind die Konzepte so entwickelt, dass es hygienisch ist und auch schon immer hygienisch war. Weil da einfach immer ein Auge drauf geworfen wurde. Die Unverpacktläden hatten ja auch jetzt während Corona alle geöffnet.

Esther: Mit diesen Schaufeln zum Beispiel ist es so, dass sie von uns gespült werden, nachdem sie benutzt wurden. Die Kunden nehmen also nicht alle die gleiche Schaufel.

m.m: Abgesehen von diesem Prozedere, was unterscheidet euch, oder einen Unverpacktladen im Allgemeinen, jetzt konkret von beispielsweise einem Wochenmarkt, wo man ja auch Obst und Gemüse unverpackt kaufen kann?

Esther: Tatsächlich nicht so viel, außer dass wir natürlich noch alle trockenen Lebensmittel haben, also Mehl, Zucker, Reis, Nudeln. Das macht bei uns das Hauptsortiment aus, aber es gibt auch Haushalts­mittel, Waschmittel, Shampoo, Seife.

Philippe: Aber auch Spülmittel, Waschpulver, Spülmaschinentabs, alles mögliche. Und alles ohne Verpackung, das gibt es auf dem Markt nicht.

m.m: Wisst ihr schon, woher ihr euer Sortiment beziehen wollt?

Philippe: Ja, zum Großteil. Also es gibt viele Großlieferanten, die sich auf Unverpacktläden spezia­lisiert haben, was ziemlich cool ist. Sie liefern dann zum Beispiel die Sachen nicht in Säcken, sondern in Pfandeimern.

Esther: Das ist vielleicht auch wichtig zu wissen. Manche haben mich schon darauf angesprochen, dass sie in Unverpacktläden gegangen sind und da gesehen haben, wie irgendwas aus einem Plastiksack abgefüllt wurde. Manche Sachen, Gewürze zum Beispiel, kommen in Plastik, weil sie sonst zu viel Aroma verlieren. Die Händler können das nicht mit ihrem Qualitätsanspruch vereinbaren. Aber auch dann haben wir ja trotzdem ein Kilo Gewürze in einem Plastiksack anstatt beispielsweise kleine 20-Gramm-Plastiksäcke.

Philippe: Und bei mehreren Anbietern gibt es Gewürze schon in Pfandeimern. Der ist zwar auch aus Plastik, aber er wird wiederverwendet.

Esther: Genau. Wenn wir also Plastikeimer haben, kann es oft sein, dass sie wiederverwendet werden. Wir haben dann zwar auch einen Plastikeimer, aber es fällt für uns kein Müll an. Und das allermeiste kommt in Papiersäcken.

m.m: Ihr achtet also auch darauf, dass die Anbieter*innen schon dieses Unverpacktmotto umsetzen?

Philippe: Genau. Da kommt uns auch der Unverpackt-Verband zu Gute. Als einzelner Laden kannst du nicht zum Großhändler gehen und sagen: Ey, ich hätte gerne Hafer­flocken in Pfandeimern. Dann sagt der dir: Joa, nimm halt mal ’ne LKW-Lieferung und dann mach ich das, ansonsten mir egal. Wenn aber hunderte Läden kommen und sagen, dass sie das wollen, dann ist das schon eher wahrscheinlich, dass die Großhändler kooperieren.

m.m: Wird dabei auch darauf geachtet, dass es möglichst bio und nachhaltig ist?

Esther: Ja. Die Großhändler, die sich bereits auf Unverpackt spezialisiert haben, bieten nur Bioware an. Wir wollen auf jeden Fall auch regionale Anbieter haben, und da achten wir darauf, dass es Bioqualität ist. Aber wenn das irgendein kleiner Bauer ist, der vielleicht noch kein Bio­siegel hat, dann nehmen wir ihn trotzdem, also wenn er gute Qualität hat.

Philippe: Wenn die Qualität also bio ist, aber er sich kein Biosiegel leisten kann, oder es zu auf­wendig ist oder er irgendeine komische Vorlage nicht erfüllt, das gibt’s ja alles. Ja, dann würden wir trotzdem seine Ware anbieten. Weil es regional und gute Qualität ist.

m.m: Habt ihr denn nur trockene Lebensmittel oder gibt es auch Joghurt und ähnliches?

Philippe: Ja ja, es gibt alles mögliche, auch flüssige Sachen wie Essig und Öl, Honig und Wein.

m.m: Und wie wird das dann abgefüllt, bei Joghurt zum Beispiel?

Esther: Also, es gibt da verschiedene Möglichkeiten. Wahrscheinlich werden wir Joghurt und Milch einfach in Gläsern verkaufen.

Philippe: Ja, eine gute Möglichkeit, um Joghurt zu verpacken, sind Pfandgläser. Oder wir haben zum Beispiel auch einen Joghurteimer von denen in Rostock bekommen, den kann man dann wiederverwenden. Und so etwas wie Honig zum Beispiel gibt es auch in großen Gläsern.

m.m: Tierische Produkte werdet ihr also anbieten, aber wie sieht es mit Fleisch aus? Seid ihr komplett vegetarisch?

Philippe: Also, Fleisch wahrscheinlich nicht, auf jeden Fall mal keine Fleischtheke oder so [lacht]. Wir denken zum Beispiel über so was wie Leberwurst im Glas nach. Solange es aus der Region kommt und wir da irgendwas Cooles finden.

Esther: Und dann auch eher Wild. Auf jeden Fall aber nicht am Anfang. Das ist dann etwas, wenn man später im Sortiment aufstocken könnte. Aber eine Fleischtheke auf keinen Fall.

m.m: Plant ihr auch Sachen zu verkaufen, die man sonst nirgendwo bekommt? Gibt es da irgendetwas ganz Ausgefallenes?

Philippe: Ja! [lacht] Ganz viel! Also, ich weiß nicht, man kriegt mittlerweile bei einigen Einzel­händlern ja schon krass viele Produkte. Am Anfang ist es halt schwierig, man muss ein bisschen gucken, was die Leute wirklich wollen. Wir möchten nicht sau viel von einer Sache kaufen, die uns keiner abnimmt, sodass wir das dann wegschmeißen müssen. Wir würden aber zum Beispiel eine Wunschbox aufstellen, in die Leute Zettel rein schmeißen können, was sie gerne hätten.

Esther: Was zum Beispiel ausgefallener ist, ist so was wie Ökowaschmittel. Es gibt da eins, das beeta heißt, aus Rostock, die machen das auf Rote Beete Basis. Und was wir auch haben, ist Zahnpastapulver, das hab ich sonst noch nicht gesehen. In der Drogerie gibt es auch Denttabs, also Tabletten, so was haben wir auch, nur unverpackt.

m.m: Wollt ihr auch selbstgemachte Sachen in eurem Laden anbieten?

Philippe: Wahrscheinlich eher weniger. Was wir aber machen werden, sind Workshops. Die kann man auch zum Beispiel beim Crowdfunding buchen. Bei den Workshops zeigen wir dann, wie man Sachen fürs Bad macht, oder Waschmittel, so was. Und die Zutaten, die man dafür braucht – Natron, Zitronensäure, Soda – die gibt’s natürlich im Laden. Wir möchten die Leute ein bisschen dazu antreiben, auch Sachen selber zu machen. Dann muss noch weniger Zeug industriell produziert werden, und es spart Ressourcen.

Esther: Und man weiß, was drin ist, und es ist wirklich relativ günstig.