Gestaltungsmöglichkeiten der Universität
moritz.medien: Wie viel Entscheidungsspielraum hat die Universität, was die Ausgestaltung von Studium und Lehre im Hinblick auf die Maßnahmen bezüglich Corona angeht?
Weber: Wir haben nur bedingt Handlungsspielraum. Festgelegt sind zum Beispiel ganz grundlegende Fragen, wie „Was ist als Präsenzformat möglich?“. Auch war der Start des Sommersemesters zunächst nur digital. Was wir gegenwärtig haben, ist zumindest für manche Bereiche eine leichte Öffnung. Wir müssen dafür jetzt Hygienepläne vorlegen und dann können wir zum Beispiel Prüfungen im Präsenzformat wieder durchführen. Auch werden wir dann Arbeiten und Praxisveranstaltungen, die in Laboren oder in ganz bestimmten Arbeitsräumen stattfinden, wieder in kleiner Form durchführen können.
Das sind alles Dinge, die wir nicht selbst entscheiden können, wir können höchstens vor Ort die Ausgestaltung bestimmen. Was wann wie möglich ist, das ist Gegenstand von Erlassen des Bildungsministeriums.
moritz.medien: Inwieweit wird denn die Universität in die konkrete Ausgestaltung dieser Erlasse einbezogen?
Weber: Wir sind in regelmäßigen Telefonkonferenzen mit dem Ministerium. Allerdings gibt das Ministerium in der Regel auch nur weiter, was von der KMK oder von übergeordneten Bundesstellen vorgegeben ist. Zum Beispiel, dass das Sommersemester am 20. April beginnt und dass zunächst nur digitale Lehre stattfindet, so dass sämtliche Formen der physischen Kontaktbildung nicht gestattet ist.
moritz.medien: Also können Sie eigentlich nur reagieren?
Weber: Das ist eine Regelungskette, die von oben nach unten weitergegeben wird. Was aber möglich ist, ist, dass wir von den Hochschulen zurückmelden, wo wir großen Handlungsbedarf sehen, so dass wir zumindest von unten nach oben unseren Bedarf weitergeben.
moritz.medien: Wie ist aus Ihrer Sicht der aktuelle Stand zu den Forderungen der Studierendenschaft bezüglich Regelstudienzeitverlängerung und BAFöG?
Weber: Da ist es so, dass wir seit Jahr und Tag darauf drängen – und das tun im Prinzip alle Hochschulen –, dass dieses Semester nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet wird, mit allen Konsequenzen auch für BAföG. (…) Jetzt haben wir vom Bildungsministerium erfahren, dass es eine bundeseinheitlich Regelung geben wird, die gegenwärtig noch verhandelt wird. Ich habe nach wie vor die Hoffnung nicht aufgegeben, dass dieses Semester nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet wird und diese Entscheidung noch heute kommt.“ (Anmerkung: Eine Entscheidung dazu wurde bis heute noch nicht getroffen.)
Wie arbeitet die Uni mit Corona?
moritz.medien: Wie laufen innerhalb der Universität diese Entscheidungsfindungen ab, welche Prüfungen stattfinden und welche Lehre stattfinden kann?
Weber: Welche Lehre stattfinden kann, entscheiden die Fächer. Die Fächer hatten den Auftrag, ein Lehrformat zu planen, das zunächst digital ist. Das können nur die Hochschullehrenden vor Ort entscheiden. Mit Blick auf die Prüfungen haben wir mit dem § 2a in der Rahmenprüfungsordnung eine gewisse Flexibilität erhalten. Diese ist gegeben, wenn das Rektorat, die Dekane und der Senatsvorsitz feststellen, dass es sich um eine Notsituation oder eine Situation von höherer Gewalt handelt. Hier sind vor allem die jeweiligen Prüfungsausschüsse vor Ort gefragt, weil die am besten beurteilen können, wo sich Änderungen ergeben müssen und von dort aus eine solche Änderung umsetzen.
moritz.medien: Es gibt also keine großen Gremiensitzungen, auf denen das entschieden wird?
Weber: Nein. Das wäre wirklich kontraproduktiv, weil das, was wir im Moment brauchen – auch als Sicherheit für Sie, die Studierenden – klare Regelungen sind, damit keine absolute Willkür herrscht. Daher erschienen uns die Prüfungsausschüsse, die vor Ort auch unter Beteiligung der Studierenden die Situation einordnen können, als die Instanzen, die am ehesten eine angemessene, sachgerechte Lösung finden können.
moritz.medien: Wie funktionieren denn gerade Gremiensitzungen an diesen Tagen? Wie finden die statt?
Weber: So, wie wir im Moment interagieren. Sie haben vielleicht die Senatssitzung über Video erlebt. So laufen auch Dienstberatung, Rektoratsberatung, also immer dann, wenn es mehr als zwei oder drei Menschen sind, ab. Dann nutzen wir diese Art von Konferenzen und sind zuweilen überrascht, wie gut das funktioniert, stellen aber auch die Grenzen fest. Es gibt Themen, die doch einer Präsenzdiskussion bedürfen. Einfach, weil in großer Runde in Präsenz viel eher eine bestimmte Geste oder ein bestimmter Tonfall wahrgenommen werden. Es ist eine andere Art der Diskussion in der Präsenzkultur, als sie über Video stattfinden kann. Video funktioniert prima, wenn es einen Sachverhalt gibt, der allen Beteiligten klar ist, wo es gezielte Diskussionsbeiträge gibt und dann eine Entscheidung herbeigeführt wird. Aber in einer Phase, wo differenzierter diskutiert werden muss, ist Präsenz nach wie vor sinnvoll.