Ein Donatello in Greifswald? Nicht die Cartoon-Schildkröte! Die Rede ist natürlich vom Künstler aus dem Italien des 15. Jahrhunderts. Durch Zufall stieß ich auf die Information, dass etwas von ihm irgendwo in Greifswald sein soll. Also begab ich mich auf die Suche. Aber alles der Reihe nach.

Seit einiger Zeit bietet das Institut für Kulturlandschaftsforschung e. V., das der Fachhochschule Neubrandenburg sehr nahe steht, ein Projekt bzw. einen Service an, das das Herz eines jeden Ortschronisten und Heimatforschers höher schlagen lässt. Über die Geodatenbank KLEKS kann der Interessierte in kürzester Zeit Informationen über alle möglichen Landschaftselemente und deren Lage erfahren. Nachdem Studierende vielleicht in freien Stunden, die man laut Studienberatung auch einplanen sollte, um einfach mal abschalten zu können, schon alles in unserem kleinen Hansestädtchen gesehen haben, schauen sie in die Umgebung. Okay, das machen vielleicht doch nicht ganz so viele. Jedenfalls stößt der Interessierte beim kleinen Ort Bandelin auf ein Mausoleum auf dem hiesigen Friedhof. Bandelin ist von Greifswald aus über die Bundesstraße 96 zu erreichen. Also, warum nicht? Einem kleinen Ausflug stand nichts im Wege. Gesagt, getan. In ein paar Minütchen ist man in Bandelin. Ein kleines Dörflein mit dem typischen DDR-Kulturhausbau mit den üblichen Arbeiter-Bildern, einem sanierten Gutshaus und einer Berufsschule. Hier gibt es Leben. Nur der kleine Fußballverein hat schon eingepackt – oder schläft derzeit. Ich begebe mich zum Friedhof, denn da steht das Objekt der Begierde. Das sieht hier schon sehr nach Antike aus – Spitzdach, Vordach, Säulen und Treppen. Das Ganze wurde aus Feldsteinen errichtet. Es geht auch sehr viel schlechter! KLEKS meint dazu, dass der, der hier liegen wollte, den römischen Stil scheinbar sehr mochte. Römische Bauten sind bei uns in der Region nun ziemlich exotisch. Dieses Teil ist hier vermutlich einzigartig. Damit aber nicht genug. Der Kunstliebhaber von Behr hatte es für den ewigen Schlaf mit drei Plastiken aus der Schule von Donatello ausgestattet. Der italienische Bildhauer aus Florenz ist damit gemeint, der zwischen 1386 bis 1466 eifrig werkelte. Diese Plastiken sollen 1954 an die Uni Greifswald übergeben worden sein, genauer ans Caspar-David-Friedrich-Institut. Die Eintragung stammt von einem Ortschronisten, der 2017 verstarb. Ein persönlicher Kontakt für den Ernstfall war somit ausgeschlossen. Na ja, ein Blick auf Wikipedia kann vielleicht nicht schaden. Nur für die Orientierung selbstverständlich. Da steht etwas von nur zwei Skulpturen. Mal sehen, ob wir die beim CDFI finden, das als Ort vermerkt wurde? Der nächste Schritt ist also die Kontaktaufnahme zum CDFI. Zunächst geht die Mail an den FSR raus. Und ich warte… über eine Woche. Caspars Kinder bekleckern sich nicht mit Ruhm. Keine Antwort. Vielleicht zu schwierig.

Dann geht die Frage an die Kustodie, in der der Kunstbesitz der Universität lagert. Von dort erhalte ich die Information, dass es etwas sehr Außergewöhnliches wäre, aber solche Sachen seien leider nicht im Bestand. Also wie weiter? Dann über die andere Seite. Für Bandelin muss es ja irgendwelche Verantwortlichen geben, die dann wieder einen kennen, der irgendeinen kennt. Ihr wisst, was ich meine. Eine Nachricht geht an die “Ortsverwaltung” raus. Während ich warte, kommt neue Post aus der Kustodie. Es gibt wohl einen Abguss eines Reliefs von Donatello. Nach einem regen Mail-Austausch war der Termin vereinbart, und ich stand vor der Tür der Kustodie, die sich jeder Greifswalder Studierende mal ansehen sollte. Es lohnt sich. Nach einer netten Begrüßung und der Einladung mit ganz nach oben zu kommen, stand ich plötzlich vor zwei Kunstobjekten, die offensichtlich schon etwas gelitten haben. Der Holzwurm nagte und auch so ist schon etwas Material abgebröckelt. Die Reliefs zeigen einmal Jesus am Kreuz und einmal die Mutter Maria mit dem kleinen Jesus. Dann wurden alle Illusionen einer Sensation genommen, als es um die Anfertigungen ging. In Holzrahmen lagen nun zwei Gipsabgüsse vor mir. Nichts da mit einem Donatello-Original! Aber das war mir inzwischen egal. Obwohl der Zustand nicht mehr der beste ist, haben sie dennoch etwas Faszinierendes und Mystisches an sich. Dort, wo sie verwahrt wurden, hatten sie es nicht so gut wie jetzt unter dem Dach der Kustodie, in der noch viele spannende Sachen lagern, die benannt werden wollen. Vielleicht kann dann die Büste einer unbekannten Dame auch mit einem Namen angesprochen werden. Jedenfalls das Geheimnis um die Skulpturen Donatellos, die eigentlich Reliefs sind, wurde gelöst.

Fotos: Michael Fritsche