Am 9. November erlebte Putbus die Uraufführung der IX. Sinfonie Beethovens. Dass es ein Stück mit weltweiter Bekanntheit ist, kann mit Sicherheit niemand anzweifeln. Putbus wird wahrscheinlich nicht so sehr ein Begriff im Kopf bei unseren Studierenden sein. Das ist der Anlass, mal nicht allein die Veranstaltung, sondern auch Putbus und insbesondere das Theater in Putbus zu thematisieren.
Ein Stück an einem Freitag um 19:30 Uhr zu dieser kalten Jahreszeit in ca. 65 km Entfernung ist für eine optimale Tagesplanung eher ungünstig. Putbus war mir zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr unbekannt und ich wusste von der Attraktivität des Ortes, den man, wenn Studierende die Möglichkeit haben, unbedingt besuchen sollten, solange sie hier studieren. Mir fehlte allerdings noch ein Besuch des Stadtteils Lauterbach, dessen prachtvollstes Gebäude das Badehaus ist. Das triste Wetter, der dichte Nebel und die fehlende Sonne trübten natürlich den Gesamteindruck. Die Bürgersteige waren hochgeklappt. Der Blick aufs Wasser war der Blick in ein weißes-graues Meer aus Nebel.
Nach dem obligatorischen Hafenbesuch wurde die Gastronomie getestet. Als Kurort an der Ostsee liegen die Preise natürlich auch in astronomischen Sphären. Da kostet der Burger schon mal gute 14 Euro. Unweit des Theaters gibt es ein kleines Café, in dem der alte Bismarck schon schmauste. Das wurde auch angesteuert. Limonade aus eigener Herstellung für ein wenig über 3 Euro war ein fairer Deal. Keinen Kilometer weiter, also ca. 10 Gehminuten haben wir auch schon den niedlichen Bahnhof mit seiner Museumsbahn. Das ist ein Muss in Putbus. Nebenan ist eine ziemlich rustikal eingerichtete Pizzeria. Wer auf XXL-Portionen steht, wird den Ort lieben. Alles zu fairen Preisen. Die Zeit drängt, also flink zurück in architektonisch schönsten Teil der Stadt. Die Stadt ist die Hinterlassenschaft von Wilhelm Malte. Viele Gebäude kommen im klassizistischen Stil daher. Der Schlosspark im englischen Stil mit seinen Mammutbäumen bringt gar einen kleinen Hauch Great Britain an die vorpommersche Küste. Beeindruckend ist der „Circus“ genannte Platz mit dem riesigen Obelisk in der Mitte, der dem Fürsten Malte gewidmet wurde. Es ist einer von zwei Obelisken im kulturellen Herzen von Rügen. Der zweite mit der ewig brennenden Flamme steht gleich gegenüber dem Theater. Das prachtvolle Residenztheater wurde im Jahr 1821 eröffnet und bot in der Sommerzeit Opern, Konzerte und Theaterstücke. Als Kur- und Badeort musste Putbus den zahlreichen Gästen etwas bieten. Außerdem befand sich in der Nähe des Theatergebäudes mit seinem Dreiecksgiebel über den vier Säulen als Eingangsportal eines der bedeutendsten Schlösser Vorpommerns, das 1945 ausbrannte. An das Schloss erinnert heute nur noch die Terrassenkonstruktion am Schlossteich.
Lange werden sich wahrscheinlich die Gäste des Theaterhauses an das heutige Konzert erinnern. Der Klang in diesen Mauern ist einmalig. Im Rahmen des Umbaus im Jahre 1826 wurde die Theaterdecke so verändert, sodass es zu einer Klangmodifikation hin zum Positiven kam. Zusammen mit der stilvollen Ausstattung macht die Räumlichkeit den Theaterbesuch zu einem traumhaften Erlebnis. Vor allem ist man hautnah bei der Sache. Der Abstand zwischen Publikum und Bühne ist sehr gering. Keine 300 Leute passen in den Saal, an dessen Scheitel noch bis heute die Fürstenloge existiert. Das Theater Putbus ist das älteste bis heute bespielte Theater im Bundesland. Putbus bot seinem Publikum und Liebhabern von Klavierklängen heute ein Programm, das aus sich aus einem Stück von Brahms („Neue Liebeslieder op. 65“), Maurice Ravel („La Valse“) und der IX. Sinfonie Beethovens zusammensetzte.
Mit den schwarzen und weißen Tasten verzauberte das international bekannte Klavierduo und aufstrebende Künstler-Paar der jungen Generation Olha Chipak/Oleksiy Kushnir das Publikum ab den ersten Noten. Für das erste und dritte Stück standen ihnen als „Stimme“ das Quartett Jamila Raimbekova (Sopran), Susanne Wild (Mezzosopran), Karo Khachatryan (Tenor) und Alexandru Constantinescu (Bariton). Nachdem das erste Stück noch vierhändig gespielt wurde, wechselte Kushnir für das zweite den Platz und saß seiner Klavier-Partnerin Chipak gegenüber, sodass die als Klavier-Duo das zweite Stück des Abends präsentieren konnten. Das vorgetragene Werk spiegelte die wirre und chaotische Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts wieder.
In der Pause nutzte ich die Zeit, um zu prüfen, woher das Publikum kommt. Die Kennzeichen stammten, bis auf die obligatorischen sächsischen Touristen, alle samt von der Insel. Eigentlich ist es schade, dass das Einzugsgebiet doch ziemlich überschaubar ist. Klar, geht hier im Sommer mehr. Der Saal war zu ca. 3/4 gefüllt, was für Besucher dann doch schon etwas angenehmer war. Ein ausverkauftes Haus ist auch nicht jedermanns Sache. Aber natürlich immer ein Erfolg für den Veranstalter. Also ganz ausverkauft konnte leider nicht vermerkt werden.
Das Finale des Abends war natürlich Beethovens IX. Sinfonie. Kleine Randgeschichte: Während Beethoven die Arbeit an der Sinfonie ruhen ließ, wurde in Putbus das Theater gebaut. In diesem bewegten an diesem Abend das Klavier-Duo Chipak/Kushnir, die Auftritte auf mindestens drei Kontinenten in ihrer Karriere verzeichnen können, noch einmal das Publikum. Zunächst allein an den Klavieren nach der Klavierfassung von Franz Liszt. Zum großen vierten Satz traten noch einmal die Chor-Stimmen des Konzert-Auftakts auf, also Jamila Raimbekova, Susanne Wild, Karo Khachatryan und Alexandru Constantinescu.
Direkt nach dem Schluss standen die ersten Leute im Publikum auf und zeigten den Künstlern, dass sie hier in Putbus etwas ganz Hervorragendes präsentiert hatten. Noch lange nach den letzten Klängen hielt der Applaus an, zu welchem sich die Akteure mehrmals verbeugten. Wenn das Theater Putbus Opern, Theaterstücke, Konzerte usw. ankündigt, sollte man unbedingt die Chance nutzen, obwohl sich die Anreise etwas zieht. Ankündigungen und Tickets für Veranstaltungen gibt es über das Theater Vorpommern. Ein Blick auf die Seite kann nicht schaden. Und an dieser Stelle sei noch der Hinweis gegeben, dass das Theater im Jahr 2020 sein 200jähriges Bestehen feiern wird.
Beitragsbild: zur Verfügung gestellt durch “Theater Vorpommern”
Fotos im Text: Michael Fritsche