Am Samstag, dem 28.06. fand in Berlin der Christoper Street Day, die Berliner Pride unter dem Motto „Mein Körper, meine Identität, mein Leben!“ statt.
Ein Erlebnisbericht von bunten Menschen, lauten Wagen und kleinen Flaschen.
Der CSD begann mit einem Regenbogen-Donut in Berlin-Neukölln. Gestärkt durch die bunten Farben und den Zucker ging es erst mal unspektakulär in die volle, nach Schweiß riechende Berliner U-Bahn. Die Mitfahrer zerflossen langsam durch die immer weiter ansteigende Hitze. Die Schminke und der Glitzer schwanden von den Gesichtern der trotzdem noch lächelnden Menschen.
Am Kudamm war die Erleichterung über die kalte Brise in dem U-Bahnschacht ersichtlich groß. Alle Mitfahrer wirkten durch die Abkühlung wieder energiegeladen und bereit es krachen zu lassen.
Doch aus dem unterirdischen Wirrwarr aus Menschen kroch man nur schwerlich in eine von Tageslicht erhellte Menschenmasse auf dem Kurfürstendamm. Es war eine Qual sich zu bewegen, denn es standen Menschen eng an eng. Rund eine Millionen Menschen wurden erwartet.
Nachdem wir uns irgendwie durch die Mengen gedrängelt haben, gingen wir auf Nebenstraßen dem ersten Umzugswagen entgegen. Und da war es dann auch nicht mehr ganz so voll, die stolze feierwütige Partygesellschaft hat sich auf den Straßen und den Gehwegen daneben gut verteilt.
Mir kamen vor Freude fast die Tränen – so viele bunte und glückliche Gesichter sieht man selten.
Menschen, die sich selbst so darstellen können, wie sie wollen, ohne Angst vor sozialem Hohn haben zu müssen, das sind glückliche Menschen. Man kann es finden, wie man will: faszinierend, verstörend oder schön. Schön, dass Menschen sie selbst sein können. Schön, dass Menschen offen zu sich und ihrer Sexualität stehen. Schön, dass so viele Menschen jede Form von Liebe zusammen zelebrieren. Und wenn jemandem etwas nicht gefällt, der guckt einfach woanders hin: von riesigen Perücken über bauschige Reifröcke bis hin zu Lendenschurz mit Netzhemd ist alles vertreten.
Wir trotteten den Wagen voraus zum Wittenbergplatz und fanden unsere Freunde, die sich im Schatten einer Dönerbude vor der heißen Mittagssonne versteckten.
Am Straßenrand jubelten wir den Wagen und den Fußmärschen zu, diskutierten über die verschiedenen Flaggenfarben und machten jede Menge Fotos.
An mehreren Stellen der Strecke, die bis zum Brandenburger Tor ging, machten wir Halt, sangen fröhlich mit und tanzten mit den glücklichen Leuten auf den Wagen mit.
Ganz besonders ins Auge stach dabei der Umzugswagen der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe), der mit lustigen Sprüchen wie „Tramgender“ und „LesBUS“ warb.
Die queere russische Gemeinde feierte am lautesten, bis die Boxen übersteuerten. Auf der Welle der Gelassenheit und Freude konnte man prima mitschwimmen – leider nicht bis ganz zum Brandenburger Tor.
Zwischen den ersten ca. acht Wagen und den restlichen ca. 51 Wagen kam es zu einer riesigen Pause, die die Fußmärsche zu überbrücken versuchten.
Vom Lützowplatz bis zur Siegessäule konnten wir entspannt die Straße hinunter schlendern, wie viele andere auch.
Ab dem großen Stern wurde es wieder sehr voll und bis zum Brandenburger Tor huschte man etwas verwirrt zwischen den Menschen hin und her.
Aber wir mussten unbedingt zum Brandenburger Tor, denn da war hinter der Bühne der Gästebereich, dem wir seit Tagen so entgegenfieberten.
Mit unseren giftgrünen Bändchen durften wir diesen betreten und hatten sogar vier Freigetränke.
Im „VIP-Bereich“ war es zwar nicht besonders aufregend, aber nach vier Stunden anstrengendem Stehen, Fotos machen und zwischen Menschen Gassen bahnen, war eine ruhige Minute auf der Bierbank etwas ganz Besonderes.
Die erfrischende Mate kam in einer niedlichen 0,2l Flasche.
Auf und vor der Bühne war die Stimmung grandios, es wurde gefeiert, gelacht und getanzt.
Nur wenige Stunden später musste der CSD leider frühzeitig abgebrochen werden. Die schwere Unwetterwarnung durften die Organisatoren nicht ignorieren.
Fazit des Tages: „Sehr warm, aber sehr geil!“, also allemal ein Erlebnis und Berlin einen Besuch wert.
Bilder: Leo Wegener