Als vor knapp fünf Jahren plötzlich zwei Umzugskartons voller Übersetzungen im Büro von Herrn Kessler standen, staunte man in der Baltistik nicht schlecht.

In den Kartons fanden sich über 4000 Übersetzungen von litauischen Gedichten. Der Pfarrer Franzkeit hat sein Leben diesen Übersetzungen gewidmet.

Alfred Herbert Franzkeit wurde 1921 in Königsberg geboren und verbrachte seine Kindheit in Litauen, wo er eine deutsch- und litauischsprachige Schule besuchte. Nach dem zweiten Weltkrieg studierte er Evangelische Theologie. Seit den Gymnasialzeiten in Berlin übersetzte Franzkeit aus dem Litauischen – also wirklich ein Leben lang. Kurz bevor der alte Pfarrer aber ins Pflegeheim musste, wollte er sein Lebenswerk noch dem Institut der Baltistik überlassen.

Dies geschah dann alles sehr schnell und spontan, nach einem kurzen Briefwechsel und einem Telefonat standen dann auf einmal die beiden Kartons in der Baltistik und niemand wusste so recht, was damit anzufangen war. Es dauerte ewig  die ganzen Gedichte überhaupt zu sichten und bevor jemand diese genauer hinterfragen konnte, war der Pfarrer leider schon verstorben.

Der Plan ist nun, diese Übersetzungen der Öffentlichkeit zugängig zu machen, doch das wird leider noch dauern.

Denn erst einmal muss sich die Universität die Veröffentlichungsrechte bei den Erben holen, wofür die Universität aber wiederum einen Vertrag mit einer Liste aller Übersetzungen aufsetzen muss. Und diese Liste zu erstellen, dauert natürlich wieder sehr lange. Momentan arbeitet ein Hilfswissenschaftler daran und guckt ein Jahr lang alle Texte durch.

Diese Dateien sind eingescannte Durchschläge von Schreibmaschinentexten und oft fehlt mal was oder ist einfach unleserlich. Dazu kommt noch, dass Franzkeit meist die litauischen Gedichte neben den Übersetzungen abgetippt hatte, doch für die Originalgedichte hat man erst recht keine Rechte, da viele Autoren noch leben oder noch nicht 70 Jahre verstorben sind. So müssen also auch noch die Originalgedichte beim Aufbereiten entfernt werden. Bei jedem Gedicht muss die Bearbeitung neu überlegt werden.

Die Aufbereitung der Texte dauert also sehr, sehr lange. Ziel ist es, die Übersetzungen in PDF-Dateien als Online-Ressource im OPAC zur Verfügung zu stellen. Es ist ein Umfang von 25-30 Seiten, also die Texte von etwa ein bis drei Autoren, pro Datei geplant. Zu den Gedichten und den Autoren sollen noch kleine biografische Kommentare und Kontextwissen hinzugefügt werden, damit auch ein*e Leser*in ohne Hintergrundwissen über das litauische Leben die Übersetzungen verstehen kann.

Es ist schlussendlich wichtig, dass diese Übersetzungen, die selbst von lyrischer Brillianz zeugen, der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden und im OPAC zu finden sind. Um den Vorgang der Veröffentlichung zu beschleunigen, kam die Idee auf, erneut ein Projekt mit der Fritz Thyssen Stiftung zu organisieren. Mit der Stiftung hat die Baltistik schon gute Erfahrungen gemacht und mit deren Hilfe könnten mehr Mitarbeitende engagiert werden, die das Projekt schneller voran bringen.

Am schönsten wäre es natürlich, wenn sogar eine Promotionsarbeit zu den Übersetzungen oder sogar zu den Übersetzungsstrategien entstehen könnte. Aber das ist noch Traum für die Zukunft, jetzt muss erst einmal das Rechtliche geklärt werden, bevor die Öffentlichkeit überhaupt einen Blick in diese lyrischen Übersetzungsmeisterwerke werfen kann.

 

Beitragsbild: Institut für Baltistik, Universität Greifswald