Ein Gastbeitrag der ehemaligen AStA Vorsitzenden Soraia Querido

Seit April 2017 bin ich nun in der Hochschulpolitik (HoPo) aktiv. Eine meiner ersten Aussagen im Referentengespräch beim Allgemeinen Studierendenausschuss (kurz: AStA) war: „Ich möchte nicht in den Politikscheiß reingezogen werden.“ Für mich war das damals glasklar, denn erstens hatte ich keine Lust darauf, zweitens wollte ich nicht unnötig Energie darauf verschwenden und zu guter Letzt war ich der Auffassung, dass mir das nötige politische Know-how dazu fehlt. Schlussendlich sollte es dann doch anders kommen, einfach weil mich mit der Zeit immer mehr Dinge störten und man nur durch aktive Beteiligung an der HoPo etwas ändern kann.

Im Folgenden gebe ich einen Rückblick für den AStA und das Studierendenparlament (kurz: StuPa) vergangener Legislatur, meine Erfahrungen mit diesen, und ziehe aus meinen Erlebnissen ein Fazit. Ich schreibe diese Sätze mit dem Ziel, auf Missstände aufmerksam zu machen und ggf. Probleme aufzuzeigen, damit auch Außenstehende einen Einblick gewinnen in den, wie er schon oft auf Jodel bezeichnet wurde, „inzestuösen HoPo-Sumpf”. Getreu dem Motto „Sapere aude“ (Habe Mut, dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen)!

Für diejenigen die nicht wissen wofür der AStA und das StuPa da sind, hier noch mal eine kleine Zusammenfassung (für weitere Informationen könnt Ihr gerne das Studierendenportal nutzen unter https://stud.uni-greifswald.de):

Der AStA ist das Exekutivorgan (ausführende Gewalt) der Studierendenschaft. Er erfüllt eine Bandbreite von wichtigen Aufgaben, wie die gesamte Planung und Durchführung der beiden Ersti-Wochen, die Organisation der 24-Stunden-Vorlesung, die Beratung bei studienorganisatorischen Problemen, die regelmäßige Veranstaltung von politischen Bildungsplattformen, Betreuung der Fachschaften in Finanzangelegenheiten, die Vermittlung von Gesundheitsschulungen und vieles mehr. Das wichtigste Organ bei der Vertretung der Belange der Studierendenschaft als auch einzelner Studierender gegenüber der Universität stellt der AStA dar.

Das Studierendenparlament verkörpert die Legislative (gesetzgebende Gewalt) der Studierendenschaft. In ihrem Kompetenzbereich liegt u. a. die Wahl der AStA-Referent*en*innen, der Mitglieder des Medien-, Gamification- und Haushaltsausschusses. Weiterhin ist das StuPa dafür verantwortlich, dass Satzungen und Ordnungen an neue Gegebenheiten angepasst und aktualisiert werden, um so die Produktivität der strukturell unterstellten Gremien zu gewährleisten. Sie stimmen über Grundsatzentscheidungen und die Verteilung der Gelder der Studierendenschaft ab, d. h. am Ende des Jahres stimmen sie in Form eines Haushaltsplanes darüber ab, in welcher Relation die FSR, Studentenclubs, GriStuF, GreiMUN und alle anderen förderungswürdigen Gremien/Initiativen/Veranstaltungen unterstützt werden. Sie sind also diejenigen die entscheiden wohin unsere 11 Euro, die wir pro Semester zahlen und das Geld der Studierendenschaft bilden, fließen.

Die vergangene Legislatur fing für viele eher schlecht an. Es gab eine Personaldebatte in dessen Folge einige Referent*en*innen rausgeschmissen wurden und der gesamte AStA zurückgetreten ist. Für kurze Zeit war die Studierendenschaft nicht mehr geschäftsfähig. Dieser Zustand war von kurzer Dauer, denn kurz darauf war der AStA wieder fast vollständig besetzt. Ich würde dies als größte „Errungenschaft“ des Studierendenparlaments bezeichnen, da einige Referate durchaus in einem schlechten Zustand waren.

Insgesamt lief im vergangenen Jahr vieles im AStA sehr gut und auch in anderen Gremien erreichte man einiges. Was wohl immer ein Problem im AStA bleiben wird, ist der enorme Aufwand mit dem Referat Finanzen. Durch die halbtags angestellte Bürokraft ist dieser Bereich jedoch auf einem guten Wege. Für die Zukunft muss aber strenger kontrolliert werden, wer im Finanzbereich tätig ist. Es reicht ein*e Referent*in aus, um der*dem Nachfolger*in einen Haufen Arbeit zu hinterlassen.

Ein weiteres Problem, und das wird wohl immer bleiben, ist der Wechsel der Amtsträger*innen von Legislatur zu Legislatur. Den meisten Studierenden ist das leider nicht bewusst und daher schleppt ein neuer AStA oft eine negative Außenwahrnehmung durch vergangene Fehler mit sich rum. Hier als Beispiel zu nennen das Campus Open Air den der Großteil der AStA-Referent*en*innen meiner Legislatur absagen wollten.

Betrachtet man die AStA-Struktur näher fällt auf, dass viele Aufgaben lediglich repräsentativen Charakter haben. Doch, was heißt das? Die bloße Anwesenheit bei Veranstaltungen, bei denen man als Person nur wenig Unterstützung liefern kann, wird zum Teil vorausgesetzt, um nach außen hin zu demonstrieren: „Wir stehen dahinter! Wir sind da!“ Mein Appell: weg von repräsentativen Verpflichtungen, hin zum Einsatz zur Verbesserung von Studium und Lehre. Hier sollte das Hauptaugenmerk liegen! Der Fokus einer Referatstätigkeit sollte eher auf aktuelle Problematiken gelegt werden, um so größere Projekte/Veranstaltungen in der Amtszeit realisieren zu können. Hier ist als Beispiel zu nennen, die Verbesserung der Transparenz und Kooperation zwischen Universität und Studierendenschaft. Insbesondere bei: Änderungen in Modulhandbüchern, Vergabe von Wohnsitzprämienmitteln, Verhältnis zwischen dem Prüfungsamt und der Studierendenschaft, Gebäudesituation des Studierendenwerks und Besetzung von Professurstellen.

Weiterhin ist es problematisch, dass jede*r eine unterschiedliche Auffassung besitzt, bezüglich der Berichtspflicht an das StuPa. Meiner Meinung nach besitzt das StuPa – durch den Erhalt regelmäßiger Berichte – die Aufsichtspflicht und liegt in der Verantwortung durch kritische Nachfragen zu erkennen, wer seinen Aufgaben nicht nachkommt, da nur sie Leute von ihrem Amt abwählen können. Die Fragen stellen aber nicht nur eine Form der Kontrolle dar, sondern würdigen durch Interesse an der Arbeit wiederum die Arbeit der Referent*en*innen. Leider glänzte eine Großzahl der StuPist*en*innen eher durch Desinteresse am Berichteteil der AStA-Referent*en*innen, als durch kritische Nachfragen. Wird schlechte Arbeit nicht gerügt, so sorgt das schnell intern für Verdruss und dämpft die Motivation eben jener, die sich in hohem Maße engagieren. Trotz mehrmaliger Bitten an das StuPa der vergangenen Legislatur, ist gerade gegen Ende immer weniger passiert. Personaldebatten gab es trotz akuter Probleme, seit der am Anfang der Legislatur, keine mehr. Gegen Ende wurde immer ersichtlicher, es mangelte den Meisten an Durchhaltevermögen.

Besonders problematisch wird dieser Umstand, wenn die Gremien das Gefühl bekommen, dass die meisten StuPisten*innen keine Ahnung haben von der Arbeit, dafür umso bereitwilliger sich in die jeweiligen Kompetenzbereiche einmischen und ein Urteil über eben jene fällen. Kein Interesse an der Arbeit führt dazu, dass sich die Gremien untereinander immer mehr abkapseln und jeder sein eigenes Ding macht. Des Weiteren hat die Haushaltsdebatte aufgrund des desolaten finanziellen Zustandes der Studierendenschaft zu gremieninternen Machtkämpfen geführt. Ergebnis zum Jahresende: eine angespannte HoPo-Atmosphäre.

Gleichzeitig spielten persönliche Differenzen und Freundschaften von Anfang an eine zu große Rolle. Dieses Verhalten ist fortwährend in jedem Gremium zu beobachten. Für einige war es nicht möglich zwischen persönlichen Ansichten bzw. Ambitionen und Realpolitik zu trennen. Traurig wurde es, wenn sich das auf das Abstimmungsverhalten im StuPa auswirkte.

Schlussendlich lässt man die Beschlüsse des StuPa der vergangenen Legislatur Revue passieren, so fragt man sich, was wurde erreicht? Insgesamt wurden 231 Beschlüsse gefasst. Lediglich ein geringer Teil der Beschlüsse betraf neue Projekte wie die Problematik des Doppelhaushaltes, die Verdienstmedaille für besonderes ehrenamtliches Engagement, den Verwaltungssitz des Studierendenwerks, die Urabstimmung zur Namensdebatte und die Umfrage zur Anwesenheit in Lehrveranstaltungen. Die Beschlussfassung ist das Mittel des StuPa um ein „Problem aus der Welt zu schaffen“. Bei der Umsetzung der Beschlüsse sah man vor Ort selten ein Gesicht des StuPa, getreu dem Motto: Worte zählen mehr als Taten.

Vom StuPa der vergangenen Legislatur hätte ich mir gewünscht: weniger Schubladendenken, mehr Interesse an der Arbeit der anderen Gremien, mehr Toleranz untereinander und, dass die eigene Arbeit kritisch hinterfragt und die rosarote Brille abgesetzt wird. Weiterhin wurde meiner Meinung nach zu oft vergessen, dass wir öffentliche Gelder verwalten. Eine Beitragserhöhung der Studierenden ist für mich nicht zu rechtfertigen im Hinblick auf das schlechte Wirtschaften der letzten Jahre.

Zu guter Letzt um der Überschrift gerecht zu werden, komme ich zur jetzigen Legislatur. Mir erschien der Titel „Neue Legislatur – altes Spiel“ sehr passend.

Einige Dinge laufen schon besser. So stimmt es, dass die Diskussionen im StuPa konstruktiver verlaufen und einige StuPisten*innen sich über die Arbeit anderer Gremien informieren z. B. durch Anwesenheit bei den jeweiligen Sitzungen. Es werden jedoch weiterhin unnötige Debatten geführt, die sich permanent wiederholen. So ist die mögliche Einladung der AfD zu einer Podiumsdiskussion, eine gern gestellte Frage bei Wahlen für hochschulpolitische Ämter. An diesen Antworten macht man zum Teil den ganzen Charakter fest und verwehrt ehrenamtlich Engagierten die Möglichkeit der HoPo-Arbeit.

Am Anfang der Legislatur haben wir alle große Hoffnungen in die aktuelle Aufstellung gesetzt. Jedoch bleiben persönliche Differenzen und es finden Absprachen hinter vorgehaltener Hand statt. Die Kompetenz bzw. das Engagement sind zweitrangig. Das Studierendenparlament wird weiterhin als Sprungbrett für die eigene politische Karriere gesehen.

Nach bereits einem Monat in der neuen Legislatur können wir den ersten Rücktritt eines HoPo-Neulings, welcher gleichzeitig der stellvertretende Präsident war, verzeichnen. Ein Verlust, den wir alle sehr bedauern sollten, da die HoPo „Frischlinge“ so dringend nötig hat. Die Beweggründe, die dazu führten, sollte man meiner Meinung nach als Reflexionsanreiz nehmen.

Mit Antworten unterschiedlichster Natur wird die aktuelle Lage verteidigt. Ja, das StuPa-Mandat ist ein freies Mandat. Das bedeutet man kann sich so viel oder wenig beteiligen wie man möchte. Man kann vorher Absprachen machen und während der Sitzung das Abstimmungsverhalten aufeinander einstellen. Inwiefern das den moralischen Ansprüchen des Mandats entspricht sollte jede*r StuPist*in für sich selbst entscheiden. Es bietet keine reizvolle und angenehme Plattform in der Hochschulpolitik für diejenigen, die sich lediglich für Studierende einsetzen und keine große Politik mit dazugehöriger Meinungsmache betreiben wollen.

Mir wurde mal gesagt: „Politik sei ebenso“. Meine Antwort darauf: wir sind immer noch „lediglich“ ein StuPa einer Universität und tatsächlich entscheidet jeder für sich selbst wie Politik auszusehen hat.

Daher seht eine kritische Position nicht immer als persönlichen Angriff und das StuPa nicht vordergründig als Sprungbrett für die eigene politische Karriere! Beschäftigt euch mit hochschulpolitischen Themen und weniger mit politischen Themen! Hört mehr auf die Fachschaftsräte und die Vollversammlung! Sorgt für mehr Transparenz! Urteilt nicht vorschnell, überwindet persönliche Differenzen und fragt mal eure Kommiliton*en*innen, was von eurer Arbeit eigentlich bei ihnen ankommt.

Mehr Taten anstatt leerer Worte!