Im Rahmen des Nordischen Klang trug Zdeněk Lyčka einen Erlebnisbericht über seine außergewöhnliche Reise durch Eis und Schnee vor.

Der Vortrag wird mit Videos von den Grönländern, wie sie sich selbst darstellen, als sehr fröhliches Volk mit Traditionen, aber sehr modernen Lebensweisen, eingeleitet.

Der Vortragende Zdeněk Lyčka stellt sich kurz vor: Er kommt eigentlich aus Tschechien, hat aber im Studium schon Dänisch gelernt und wurde so nach 1989 in die tschechische Botschaft in Dänemark entsandt. Dort entwickelte er auch seine Liebe zu Grönland, welches er zum ersten Mal 1995 besuchte. Heute arbeitet er als Übersetzer für Dänisch und Tschechisch.

Er entschuldigt sich erst einmal für sein Deutsch, denn eigentlich spricht er überhaupt kein Deutsch, hat den Vortrag aber übersetzen lassen und liest diese Übersetzung vor.

Seinen Vortrag hat er größtenteils seinem Reisetagebuch entnommen, das er unter dem Titel „Von einem Ort, an dem sich nicht einmal Polarfüchse Gute Nacht wünschen“ veröffentlicht hat.

Die Expedition nach Grönland fand im April 2011 statt. Dieser April wurde im Nachhinein von Forschern als der kälteste April, den Grönland jemals erlebt hat, bezeichnet. Das deutet ja schon auf ein ganz besonderes Abenteuer hin.

An der Expedition nahmen vier Männer teil: Ein ehemaliger Elitesoldat der dänischen Armee, der die BIG ICE-Expedition gründete, ein LKW-Fahrer, ein Designstudent und der ehemalige Botschafter Zdeněk. Der bunte Mix trainierte schon vor dem Abenteuer zusammen, da sie sich noch kennen lernen mussten. Zur Vorbereitung gehörte natürlich viel Ski-Training in Schweden, Norwegen und auch schon auf Grönland selbst. Außerdem wurde an Land mit einem Reifen trainiert, den die Person hinter sich herziehen musste.

Kurz vor Start, berichtet Zdeněk, hatte er große Rückenschmerzen, durch die er schon Angst bekam, dass er an der Expedition nicht teilnehmen könnte. Doch mithilfe von professionellen Massagen, Schmerzgelen und der gesendeten Energie eines tschechischen Heilers war er zum Startzeitpunkt wohl auf.

Am 08.04.2011 ging es dann los nach Grönland.

Nach der Landung am internationalen Flughafen am langen Fjord, rüsteten sich die vier Männer mit Nahrung, Energiepulver und Benzin für die Gaskocher aus. Die jeweilige Taschen, Pulkas genannt, waren 60kg schwer. Außerdem hatten sie ein Gewehr für den Notfall, also falls sie auf einen Eisbären stoßen würden, dabei.

Es lag nun ein fast 600km langer Weg vor ihnen, den sie in 28 Tagen meistern mussten.

Den ersten Tag überstanden sie gut, doch am nächsten Morgen, konnte man die Kälte erst so richtig spüren: Die inneren Seiten des Zeltes waren gefroren, sodass die Schlafsäcke komplett weiß beschneit aussahen.

An diesem Tag liefen die vier Männer weiter auf ihren Skiern. Doch schon nachdem erst etwa 30 km der Strecke geschafft waren, kam der erste nächtliche Schneesturm. Zdeněk beschreibt, dass es sich nach der Nacht so anfühlte, als seien die Zelte eingeschneit und sie kämen nicht mehr weg. Doch es ging alles gut aus und die Tour ging wie geplant weiter.

Für ein besseres Gleiten auf dem Schnee waren die Skier übrigens mit künstlichem Robbenfell ausgestattet.

Die Tage bestanden meist aus 10 Stunden Marsch, in denen kaum gesprochen wurde. Nur die nötigsten Befehle wie „Shift!“, als Zeichen für den Schichtwechsel und „Pause!“ wurden ausgerufen. Die restliche Zeit bewegten sich die Abenteurer wie menschliche Maschinen voran, die davon angetrieben waren, möglichst schnell auf die andere Seite Grönlands zu gelangen.

Abends wurde immer Schnee zum Kochen und Anrühren der Energydrinks  geschmolzen. Die warmen Flaschen mit den Energydrinks haben die Männer auch gerne als Wärmeflaschen mit in die Schlafsäcke für die Nacht genommen.

Nur ein paar Tage nach Start der Reise hatte einer der Reisenden schon zwei Erfrierungen an den Händen. Es wurde lange diskutiert, ob sich die Truppe trennen sollte oder ob alle zurückkehren sollten, worauf Zdeněk heimlich hoffte, wie er verrät. Doch es sind alle zusammen weiter gefahren. Die Erfrierungen wurden mit Fett, Pflastern, Verbänden und extra Filzhandschuhen vor weiterer Kälte geschützt.

So ging die Expedition weiter, doch die Stimmung wurde immer schlechter. Nachts wurden die Zelte von reißenden Winden gepackt, sodass man Angst bekam, dass sie weggerissen werden könnten, allen war immer kalt und Zdeněk litt unter Platzmangel in den kleinen Zelten.

Daraufhin musste der Teamleiter die Truppe wieder aufmuntern. Also trocknete er im großen Zelt die nassen Sachen über den Wasserkochern, was dazu führte, dass es endlich einmal angenehm warm wurde und alle Sachen, v.a. die Schlafsäcke endlich mal wieder trocken waren. Sofort hellte sich die Stimmung bei den Mitreisenden auf.

Nach ein paar Tagen, kamen sie an der ehemaligen US-amerikanischen Militärbasis „Dye2“ an. Diese Basis wurde im Kalten Krieg gebaut, um die Amerikaner vor einem Bombenangriff der Sowjets schnellstmöglich warnen zu können. Aber 1988 musste die Basis fluchtartig verlassen werden, da sie im Eis einzusinken drohte. Diese Flucht konnten die vier Männer noch immer sehen, da in der ganzen Basis dreckiges Geschirr, Lebensmittel und leere Bierdosen rumlagen – aber natürlich war alles eingefroren.

In der Basis verbrachten die vier auch die Nacht und schliefen bis zum nächsten Mittag, da kein Sonnenlicht durch die Fenster drang. Dort konnten sie sich auch zum ersten Mal richtig waschen – und das nach fast 20 Tagen Tour.

Nach der angenehmen Erholung in der ehemaligen Militärbasis dachten die Männer schon, dass es fast geschafft wäre. Doch stellte sich früh heraus, dass dies eine sehr naive Einschätzung war.

Es folgten Tage und Nächte mit Orkanen und Schneestürmen, sodass die Tour tagelang nicht weitergehen konnte.

Dann fiel Zdeněk auch noch eines Abends plötzlich in Ohnmacht, nachdem er bei den Gaskochern den Druck zu hoch eingestellt hatte, um Benzin zu sparen.

Er war minutenlang bewusstlos und wachte in seinem Schlafsack mit heißen Flaschen auf der Brust auf. Er redete mit seinen Freunden, die ihn erst nur verwundert anstarrten bis er bemerkte, dass er Tschechisch sprach.

Nachdem er es noch auf Englisch versuchte und schließlich wieder Dänisch sprechen konnte, war er wieder unter den Lebenden.

Nach ein paar weiteren Tagen, die nur aus warten bestanden, kam es langsam zu Problemen mit dem Proviant und sie aßen nur noch die halbe Ration.

Anfang Mai hatte Zdeněk Geburtstag und sein Wunsch, dass die Wolken wieder aufbrechen würden, erfüllte sich. Sie feierten mit Waffeln und Rum, beides war eine sehr schöne Abwechslung von der normalen Diät und alle Reisende waren wieder bei guter Laune.

So konnte die restliche Reise unbeschwert aufgenommen werden.

Als sie die Ostküste Grönlands schon erblickten, lag nur noch ein nächtlicher Marsch von 30km vor ihnen.

Doch kurz vor der Küste wurde die Tour schließlich aus allgemeiner Erschöpfung abgebrochen. Sie mussten noch zwei Tage auf den Rettungshubschrauber warten, doch als er kam, beschreibt Zdeněk das Geräusch des Landens als die „schönste Musik“, die er seit langem gehört hatte.

Die vier kaputten Abenteurer verbrachten an der Ostküste Grönlands noch drei Tage im Hotel, nachdem sie im Krankenhaus einigermaßen hergerichtet wurden.

Dort berichtete die Polizei ihnen auch, dass es der kälteste April seit langem war und fast alle Expeditionen abgebrochen werden mussten.

Nach der Heimkehr leidet Zdeněk noch zwei Monate unter Alpträumen, in denen er einen Eisschlitten ziehen musste.

Auf die Frage, warum er die Expedition überhaupt gemacht hatte, antwortet Zdeněk Lyčka nur, dass das der Eisbär in ihm war. Denn in jedem Menschen stecke nach einer Inuidweisheit ein Eisbär, der manchmal zum Vorschein komme.

Mehr zu Zdeněk Lyčka und seinen weiteren Abenteuern erfahrt ihr bald beim moritz.tv.

Bilder: moritz.tv