Die AFD regt sich mal wieder auf. Sie regt sich eigentlich immer auf, auch über Studierende in der Hochschulpolitik in Greifswald. Wer jetzt damit rechnet, dass es wieder einmal um einen gewissen Ernst Moritz Arndt und sein vorhandenes oder nicht vorhandenes Namenspatronat bezüglich der hiesigen Universität geht, der kann beruhigt sein, denn diesmal geht es um etwas ganz anderes. Es geht um das heiligste Örtchen einer jeden Einrichtung, und darum wer dieses betreten darf. Ja, es geht um Toiletten.

Eigentlich sollte es die Greifswalder Hochschulpolitik ja freuen, wenn sich ein Landtagsabgeordneter intensiv mit den Absichten einer im zukünftigen Studierendenparlament vertretenen Hochschulgruppe befasst, und sich noch vor der konstituierenden Sitzung dieses Parlamentes dazu genötigt fühlt seine Meinung zu diesem Thema bei Facebook zu posten. Diesmal mag es jedoch fraglich sein ob jede Menge Hasskomentare eine wilkommene Reaktion sind.

Bei dieser Geschichte zwischen Provinzposse und den großen Fragen der Zeit ist einiges zumindest bemerkenswert.
Aber was ist passiert? Der Student Till Junker wurde in das nächste Studierendenparlament gewählt. Dort fühlt er sich der Grünen Hochschulgruppe zugehörig und hat auch in ihrem Namen der Ostsee-Zeitung in Greifswald ihre Ziele mitgeteilt. Unter anderem stellte er hier die Forderung nach Unisex-Toiletten.
Nach diesem ersten Artikel, in dem einige der neuen Stupist*innen zu Wort kamen, beschäftigte sich die Ostsee-Zeitung noch einmal ausführlicher mit dieser Forderung.

Till Junker begründet diese so:

„Menschen dritten Geschlechts wie Intersexuellen oder Personen mit einer Transgender-Identität ist es nicht möglich, sich in eines der vorgegebenen Geschlechter einzuordnen. Zudem haben wir bei unserer Forderung die Studierenden mit Kind im Blick, wenn sie ein Kind des jeweils anderen Geschlechts auf die Toilette begleiten.“

Viel spannender als der eigentliche Artikel ist jedoch einerseits das Beitragsbild der OZ und andererseits der später folgende Post des AFD-Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes.

Auf dem Beitragsbild ist deutlich zu erkennen, dass das Schild einer Greifswalder Universitätstoilette mit einem selbst mitgebrachten Unisex-Toiletten-Schild mit Tesafilm überklebt wurde. Im Laufe des Textes wird zwar erwähnt, dass es, zum Beispiel aus Platzgründen, in der Universität bereits Unisex-Toiletten gibt, der weite Weg in die Franz-Mehringstraße zu einer echten Unisex-Toilette war für die Produktion eines Beitragsbildes aber anscheinend zu beschwerlich. Man handelte schnell und bastelte sich die Unisex-Toilette einfach selbst.

Durch die Forderung der Grünen Hochschulgruppe sah sich nun also auch der AFD-Abgeordnete Thomas de Jesus Fernandes dazu gezwungen per Facebook-Post in den „Gender-Wahn“ an der Universität einzugreifen. Unter dem Titel „Gender-Gaga endlich stoppen!“ beschwert er sich über diese Forderung und möchte unter anderem möglichst schnell alle Gleichstellungsbeauftragten abschaffen. Außerdem wähnt er einen „Kampf der Geschlechter“, sowie die Verletzung des Grundgesetzes:

„[…]Gender-Mainstreaming führt in seiner Anwendung regelmäßig zur Verletzung von Artikel 1-6 Grundgesetz, insbesondere von Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz, da es mit der Diskriminierung konkreter Personen – in der Regel von Männern – aus geschlechtsspezifischen Gründen einhergeht.[…]“

Dass Till Junker in seiner Forderung auch Studierende mit Kind im Blick hatte, für die Unisex-Toiletten eine Erleichterung darstellen könnten, wird in dem kompletten Post gar nicht erst zitiert.
Aber über diesen Aspekt könnte man sich ja auch nicht aufregen, denn es geht ja schließlich um Kinder.
Auch dass Unisex-Toiletten keine besonders große Änderung wären, da es sie längst aus wirtschaftlichen und Platzgründen an der Universität gibt, bleibt unerwähnt.

Alles in allem ein ganz normaler Facebook-Post also. Jedoch kann man eine spannende und diskussionsreiche Legislatur erwarten, wenn es schon vergleichsweise viel Wirbel um dieses Thema gibt, noch bevor irgendetwas passiert ist. Was mag dann erst auf StuPa-Beschlüsse folgen?
Auch könnte eben dieser Post wieder einmal der Greifswalder Hochschulpolitik ein gesundes Maß an völliger Selbstüberschätzung und Überbewertung der eigenen Wichtigkeit geben, die es für eine spannende, unterhaltsame und eventuell sogar erfolgreiche Legislatur braucht.

 

Artikel der Ostsee-Zeitung:

Greifswalder Studenten fordern Unisextoiletten

Digitaler Wandel im Stupa gefordert

 

AFD-Post