Beim Stöbern in den digitalen Weiten traf ich auf den Lamarck-Zirkel. Zirkel? Natürlich ist damit nicht das Hilfsmittel aus dem Mathematikunterricht gemeint. Zirkel klingt irgendwie eingestaubt. Die Oma erzählte gelegentlich vom Schach-Zirkel an der Schule zu DDR-Zeiten. Aber der Lamarckzirkel in Greifswald ist kein bisschen eingestaubt, sogar ziemlich aktiv.

In den Gebäuden des alten Campus oder beim Gang zur Mensa trifft der an Fauna und Flora interessierte Student in der Regel nicht auf diese Gruppe – jedenfalls nicht inform von Aushängen etc. Im Netz wird man eher fündig. Da gibt es eine informative Seite, die nicht mehr gepflegt wird und einen Account bei facebook, wo aktuelle Infos zu Veranstaltungen wie z.B. Fachvorträgen veröffentlicht werden. Kurz und knapp: 1953 gegründet, nach dem Begründer der Biologie benannt, viele Aktivitäten – bis hin zu Singeabenden. Das Ziel des Studentenzirkels „Jean Baptiste de Lamarck“ ist die Förderung der biologischen Feldarbeit unter Studenten. Klingt interessant, also wurde ein Treffpunkt mit der Leiterin Tina vereinbart. An wen richtet sich der Zirkel eigentlich? „Wer Natur mag, mit erfahrenen Ökologen, Faunisten, Floristen in Austausch treten will, oder einfach studentische Traditionen pflegen und sich für den lokalen Naturschutz engagieren möchte, ist im Zirkel gut aufgehoben“, so Tina. Das Gebäude in Soldmannstraße wirkt modern. Im Raum befindet sich ein Terrarium mit kleinen Krebsen.

Regelmäßig finden Vorträge statt. Einen vielleicht noch höheren Stellenwert nimmt die Arbeit im Gelände ein. „Einer unserer wichtigsten Arbeitseinsätze“, so Tina, „findet seit 2008 halbjährig auf der Insel Hiddensee statt. Ziele dieser Arbeitseinsätze sind einerseits die Renaturierung der Küstendünenheide zwischen Vitte und Neuendorf durch die Entnahme von kleineren Gehölzen und insbesondere der schnell aufwachsenden Brombeere.“ Außerdem gibt es Pflegeeinsätze auf den Peenewiesen bei Gützkow – wer in Greifswald studiert sollte hier unbedingt mal einen Ausflug zur Peene machen, dem Amazonas Pommerns. Ein weiterer Einsatzort ist das Flächennaturdenkmal „Trollblumenwiese und Trockenhang bei Weitenhagen“. Für dieses Jahr ist noch ein weiterer Pflegeeinsatz auf Hiddensee und im Kieshofer Moor geplant. Das Kieshofer Moor, das ist ein Problem für sich. Korrekterweise finden vom Lamarckzirkel durchgeführte oder zumindest unterstützte Pflegemaßnahmen im Kieshofer Moor bereits seit 1993 statt. Da gab es sogar schon einen Brief an das Rektorat. Das Moor ist zu trocken. „Völlig intakte Moore in Mitteleuropa sind kaum mehr vorhanden. In solchen sehr baumarmen, oft sogar baumlosen Lebensräumen leben und wachsen spezialisierte Arten, die nur in Mooren gedeihen können. Moorschutz ist also auch Biotop- und Artenschutz.“

Das zweite Problem ist die Nutzung des Areals für die Studenten und Touristen. Durch das Gelände führt ein Steg. Er führte durch das Gelände – so ist es korrekt. Zusammen mit dem TV-Team machten wir eine Begehung durch einen Teil des Moores. Es ist wie eine Exkursion. „Auf Exkursionen sind wir deutlich als Biologen zu erkennen. Wir tragen bei Bedarf Gummistiefel und sind z.B. mit Fernglas, Fotoapparat, Kescher, Lupe etc. ausgestattet um möglichst viele Arten auf einer Fläche fangen, dokumentieren und bestimmen zu können. Außerdem dienen diese Exkursionen natürlich auch dem Wissens- und Erfahrungsaustausch.“, berichtet uns Tina, als wir über den Waldweg zum Tagesziel gelangen.

Eine Barriere versperrt den Zutritt zum Steg, der noch durch näheres Hinsehen erkennbar ist. Die Holzbohlen sind noch vorhanden, aber arg zugewachsen und glitschig. Es existierte ein zweiter, der schon fast völlig verschwunden ist. Der Eindruck ist überwältigend, auch wenn wir den Urzustand des ehemaligen Torfabbaus nicht kennen. Schmetterlinge, kleine Tierchen, das Grün, das Blubbern – Natur pur. In der Ferne ist der Horst eines Seeadlerpärchens zu sehen. Der Schein trügt aber. Das Problem wird uns gleich gezeigt. Hier stehen viele Birken, Kiefern sehen wir auch. Es ist einfach zu trocken und es darf nicht noch trockener werden. Wenn das Moor weiterhin Raum für gefährdete Pflanzen und Tiere bleiben möchte, dann muss der Grundwasserspiegel hier unbedingt wieder steigen. Aus studentischer Sicht wäre auch eine Sanierung des Stegs von Interesse. Touristen würde dieser bestimmt auch anziehen. Ungünstig erweist sich da nur die Lage an der B96, die wir abschließend wieder überqueren müssen.

Hier gibt es noch ein kleines Filmchen über unsere Exkursion.

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