Die gestrige konstituierende Sitzung des Studierendenparlamentes endete in einem Fauxpas. Um 7 Uhr Morgens, nach einem fast 12-stündigen Sitzungsmarathon stand fest: Die verfasste Studierendenschaft ist nicht mehr handlungsfähig.

Dass es keine normale konstituierende Sitzung werden würde, zeigte sich schon bereits um kurz nach 20 Uhr, als keine Sitzplätze mehr im Konferenzsaal der Universität frei waren. Vorsitzende und Mitglieder von 15 Fachschaftsräten, Vertreter aller Studentenclubs und andere Gäste waren zu der konstituierenden Sitzung des Parlamentes gekommen. Viele mussten mit dem Fußboden Vorlieb nehmen oder stehen. Bereits der TOP 2 „Berichte“ nahm mehr als 1 1/2 Stunden Beratung in Anspruch. Neben vielen Fragen an die Referenten des Allgemeinen Studierendenausschusses fiel schon zu diesem Tagesordnungspunkt mehr als einmal das Wort Personaldebatte. Normalerweise werden zu der konstituierenden Sitzung ausschließlich wichtige Ämter wie Präsidium, Haushaltsausschuss und Medienausschuss besetzt und die Geschäftsordnung und Sitzungstermine für die Legislatur bestimmt.

Kritik an AStA-Berichten

Besonders harsch in der Kritik stand die Planung des StuPa-Wochenendes, was am vergangenen Wochenende stattfand. Traditionell fahren die neuen Stupisten sowie Mitglieder des AStA und der moritz.medien in eine Jugendherberge in der Region. Dort finden verschiedene inhaltliche und formale Workshops statt, um die Arbeit der Legislatur vorzubereiten und zu planen. Da dieses Wochenende jedoch zu kurzfristig durch den AStA geplant wurde und die Teilnehmerzahlen schlecht waren, musst die Jugendherbergenreservierung wieder aufgegeben werden, wodurch Stornierungskosten von 1400 Euro entstanden. Das StuPa-Wochenende selbst fand in der Alten Augenklinik in der Rubenowstraße statt. Auch die Planung der Erstsemesterwoche, explizit das Fehlen eines Finanzplanes, wurde scharf kritisiert. Der harsche Umgangston und fehlendes Lob sorgten im Publikum für Unverständnis. Auch das Verhalten des neuen Mitglieds im Parlamentes und alten AStA-Finanzers, welcher sein Amt überraschend zu Beginn der Sitzung niedergelegt hatte und nun mehrfach Kritik an der Erstiwoche äußerte, welche er noch selbst mitorganisierte, traf bei vielen auf Unverständnis. Bereits während des Berichte-TOPs war klar, dass in den vergangenen Wochen und Monaten Gräben zwischen Parlament und AStA aufgerissen wurden, welche sich nicht durch Fragen wieder zuschütten lassen würden.

Dieses Bild manifestierte sich während des Tagesordnungspunktes „Fragen und Anregungen aus der Studierendenschaft“, als Micha Kutschnertschuk im Namen von 15 anwesenden Fachschaftsräten an das Parlament appellierte, keine Personaldebatte gegen den AStA zu führen. Er begründete diese Bitte mit der absoluten Handlungsunfähigkeit der Studierendenschaft, was sich auch negativ auf die Arbeit der FSRs, deren Geld durch den AStA verwaltet wird, auswirken würde.  Zudem warf er dem Parlament vor, bei einer Personaldebatte gegen den AStA nicht im Sinne der Studierenden zu handeln – eine Pistole auf der Brust des Parlamentes. Präsident Adrian Schulz wies diese Vorwürfe zurück. Er selbst wurde nur mit 14 Ja-Stimmen, was knapp der nötigen Mehrheit entspricht, im Amt bestätigt. Während seiner Bewerbung äußerten Mitglieder des AStAs „Unfähigkeit für den Posten“ und warfen ihm vor, die falsche Besetzung für das Amt zu sein. Sie unterstellten ihm, gezielt AStA-Referenten gegeneinander ausgespielt zu haben, indem er einige auf eine mögliche Personaldebatte vorbereitete. Diese Kritik gab er zurück und erklärte, dass er sich vorbehalte, weiter Gespräche mit Referenten zu führen und wieder so handeln würde. Sein alter und neuer Stellvertreter Stan Patzig wurde mit 17 Ja-Stimmen durch das Parlament bestätigt.

Personaldebatte und Rücktrittswelle

Die während der Sitzung offensichtlich gewordenen Probleme und unausgesprochenen Fragen kulminierten in einer Personaldebatte gegen den gesamten AStA, die erst gegen 3 Uhr morgens begonnen wurde. Bereits vor der Debatte trat Parlamentsmitglied Weronika Janusz von ihrem Mandat zurück. Die Debatte zog sich im folgenden bis knapp 7 Uhr morgens. Das Ergebnis postet der AStA selbst auf seiner Facebookpräsenz.

Nach der Debatte gaben drei weitere Mitglieder des Parlamentes ihr Mandat ab. Damit sind nur noch 19 stimmberechtigte Mitglieder im StuPa vertreten. Hinzu kommt, dass bis zu den Wahlen in der kommenden Woche keine Amtshandlungen durch den AStA ausgeführt werden können. Die verfasste Studierendenschaft steht somit mit einem handlungsunfähigen AStA und einem Parlament mit 19 von 27 Mitgliedern kurz vor der Minimalbesetzung. Am kommenden Dienstag wird in der ersten außerordentlichen Sitzung getagt.

 

EDIT, 15.14 Uhr, 18:36 Uhr: Unmittelbar vor der Personaldebatte sind bereits Christoph (Co-Finanzen), Anni (Co-Veranstaltungen), Mona (Co-Soziales) und Ebru (Co-Soziales internationalisierung) zurückgetreten. Per Beschluss wurden Fabian (Vorsitz), Timo (HoPo), Toni (Grafikdesign), Sara (Co-Antira) und Xenia (Ökologie) vom Studierendenparlament suspendiert. Lisa (Soziales), Tilman (Presse und Öffentlichkeit) und Dirk (Co-Fachschaften) gaben daraufhin ebenfalls ihren Rücktritt bekannt.

Beitragsbild: Magnus Schult (Symbolbild)