Heute gibt es keine normale Kolumne, sondern ein Spezial. Hier könnt ihr die Rede lesen, die von den studentischen Senatoren direkt vor der Abstimmung über die Änderung des Namens verlesen wurde. 

Sehr geehrte Mitglieder des hohen Senats,

wir stellen Ihnen heute einen Antrag auf Änderung der Grundordnung zur Abstimmung. Wir schlagen eine Streichung des Zusatzes „Ernst-Moritz-Arndt“ im Namen unserer Alma Mater vor.Die vergangenen Wochen zeigten abermals die große Emotionalität der Debatte rund um unseren Namenspatron und auch die Verhärtung der Fronten. In großen Teilen ähnelten Darstellungen und Meinungsbilder in den Medien und sozialen Netzwerken der Debatte von 2009, an deren Ende ein Urteil über Arndt stand. Wir können nachvollziehen, dass auf der damaligen Bewertungsgrundlage die Entscheidung fiel den Namen beizubehalten. Denn wir stellen fest, dass schon seit jeher mindestens zwei Meinungen zum Werke Arndts existieren und wir meinen weiter, dass in diesem Diskurs – pro oder contra Arndt – keine Seite gewinnen kann – und auch gar nicht gewinnen sollte! Es gehört zum Wesen der Geschichtswissenschaft, dass historische Personen jeweils subjektiv durch den Betrachter oder die Betrachterin interpretiert werden. Unterschiedliche Interpretationen, sogar ganz gegensätzliche Verständnisse von einer Person oder einem Ereignis sind der Stoff aus dem die Geschichtswissenschaft gestrickt ist, sie bieten ein Spannungsfeld von dem der wissenschaftliche Diskurs lebt. Daher kann auf dieser Grundlage auch keine Entscheidung bezüglich der Beibehaltung oder Streichung des Patronats erfolgen. Wir sehen jedoch gerade in diesem diametralen Verhältnis den zwingenden Grund für die Umbenennung unserer Universität. Denn keinem Dozierenden, keinem Mitarbeitenden, keinem Studierenden sollte ein Patron vorgeschrieben werden, mit dem er oder sie sich nicht identifizieren kann, den er oder sie nicht akzeptieren kann oder von dem er oder sie sich nicht mahnen lassen möchte. Dieser Zustand steht im Kern unseres Antrages und nicht die Diskussion um Antisemitismus oder Nationalismus, wie uns meist vorgeworfen wird. Es ist die Frage, ob wir weiterhin ein Universitätsnamen tragen, der spaltet oder einen Namen, der eint und der einen gemeinsamen Nenner bezeichnet, hinter dem sich alle Mitglieder der Universität aber auch darüber hinaus alle Bürgerinnen und Bürger der Universitäts- und Hansestadt Greifswald vereinen können. Des Weiteren wird uns stets auch eine „Damnatio memoriae“ vorgeworfen, also dass wir Arndt und sein Werk aus der Geschichte tilgen wollen. Das möchten und das können wir auch gar nicht. Die Errungenschaften Arndts sollen mit der Namensänderung in keinem Falle geschmälert werden. Arndt wird auch weiterhin und auf ewig mit der Universität verbunden bleiben und hoffentlich in der Zukunft noch mehr im wissenschaftlichen Diskurs fortleben. Dazu möchten wir die Universität, ihre Angehörigen und alle Greifswalderinnen und Greifswalder in diesem Rahmen auffordern, egal wie die heutige Abstimmung ausgeht. Lassen sie uns also die Tradition, auf die so häufig rekurriert wird, hochleben und zu unserem ursprünglichen, über mehrere Jahrhunderte existierenden Namen zurückkehren. Lassen sie uns den Streit beenden, den hier niemand mehr führen möchte, den wir aber auch in der Zukunft nicht verhindern werden können. Lassen sie uns am heutigen Tage den Namen für unsere Universität wählen, den Arndtbefürworter und -kritiker gleichermaßen akzeptieren können und über den nicht diskutiert werden kann: Universität Greifswald.