An kühlen und frostigen Tagen lässt es sich in Greifswald wohl nirgendswo angenehmer umherspazieren als am Ryck. Gerade im Frühjahr und Sommer ist der knapp 31 Kilometer lange Fluss das präferierte Ausflugsziel zahlreicher Greifswalder und Angler. Für Segler und Kanufahrer dient der Ryck zudem als beliebte Reise- und Trainingsstrecke.
Autoren: Tom Peterson und Magnus Schult
Leidenschaftliche Frei- und Natur-Schwimmer sollten jedoch besser einen großen Bogen um den Fluss machen. Untersuchungen der letzten 10 Jahre testierten dem Gewässer einen mangelhaften Gesamtstatus in der Wasserqualität. So wurde 2013 die gesetzlich vorgeschriebene Höchstkonzentration an Quecksilber um fast das doppelte überschritten und auch in Bezug auf den Eintrag von Stickstoff schneidet der Ryck nicht gut ab. So gelangen jedes Jahr schätzungsweise 800 kg Phosphor und 1.700 kg Stickstoff durch die umliegenden Felder und Kläranlagen in den Fluss – und das mit weitreichenden Folgen. Der erhöhte Nährstoffgehalt führt gerade in den heißen Sommertagen zu einer explosiven Vermehrung von Algen, was wiederum zu einer verstärkten Zehrung des Sauerstoffgehaltes im Gewässer und einem verstärktem Fischsterben während der Laich-Saison („Pfingststerben“) führt.
Natürlich fällt sowas auf.
Mit diesen Prozessen beschäftigt sich auch Dr. Sven Dahlke, wissenschaftlicher Mitarbeiter der biologischen Station Hiddensee und Dozent an der Universität Greifswald. „Natürlich fällt das auf, wenn man die Fische treiben sieht, aber verglichen mit 2004 waren die letzten Jahre auch nicht so dramatisch.“, ordnet der Gewässerökologe das Fischsterben im Ryck vom letzten Jahr ein. Zumal unterliege dieses Phänomen sowieso natürlichen Schwankungen und der Stress beim Laichen führe schon natürlicherweise bei einem Teil der Tiere zum Tod. „Aber die Dimension, wie viele Tiere dabei absterben – das ist natürlich die Frage, ob das noch normal ist.“, merkt Dahlke an. Die genaue Ursache dafür ist bisher auch nicht wirklich bekannt. Vielmehr ist es wahrscheinlich eine Akkumulation verschiedener Faktoren, die hier eine Rolle spielen. So kämen etwa die hohen Temperaturen, ein erhöhter pH-Gehalt im Wasser durch fehlende Beschattung und ein hoher Nährstoffeintrag über die Felder als zusätzliche Stressfaktoren zum natürlichen Laichstress dazu.
Auch die Bevölkerung ist gefragt
Um unter anderen über diese Probleme zu informieren, trafen sich am 06. Dezember verschiedene Wissenschaftler und Vertreter aus der lokalen Stadtverwaltung und Landwirtschaft im Greifswalder Rathaus zu einem Symposium. Hierbei waren sich alle Beteiligten einig – der Ryck soll wieder sauber werden. „Sauber ist dabei nicht fest definiert“, wie Herr Stegemann vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie gleich zu Beginn anmerkte. Der höchste Anspruch bei Wasser wäre natürlich, es als Trinkwasser nutzbar zu machen. Beim Ryck sind die Anforderungen aber nicht ganz so hoch. Vielmehr soll er als natürliches Gewässer wiederhergestellt werden. Dies werde auch durch die Wasserrahmenrichtlinie der EU gefordert. Laut dieser müsse der Ryck bis 2027 bestimmte Kriterien erfüllen. Ob diese bis dahin erfüllt sind, wird durch viele aber bezweifelt. Deswegen sei neben der Wissenschaft auch die Politik gefordert. Darüber hinaus fordere die Wasserrahmrichtlinie auch gezielt die Bevölkerung mit einzubeziehen. In Greifswald geschieht dies etwa schon bereits durch eine kommunale Initiative, angestoßen durch den Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder, oder etwa durch den alljährlichen „Ryck-Jump“, bei dem auf die Wasserqualität des Flusses aufmerksam gemacht wird. Darüber hinaus könne man sich laut Dahlke auch kleinere Initiativen, wie etwa das Pflanzen von Weiden zur Vergrößerung der Beschattung durch Schüler- und Studentenprojekte vorstellen. „Dies muss aber natürlich alles in einen großen Plan mit münden.“, so der Gewässerökologe, der bereits selber in seiner Jugend regelmäßig Plötzen im Ryck geangelt hat.
Ob dieser Plan bis 2027 dann wirklich aufgehen wird, bleibt abzuwarten. Mangelndes Interesse besteht in weiten Teilen der Bevölkerung zumindest nicht und so kann man gespannt in die Zukunft des Rycks blicken.
Beitragsbild: Laura Promehl