Autor: Michael Fritsche
Völlig unvoreingenommen ging ich neulich zum Derby der Weitenhägener gegen Behrenhoff und war erstaunt, dass dort dem Besucher nicht nur hohe Kreisliga-Fußballkunst geboten wird, sondern auch ein kleiner bunter Fanblock und ein gemütliches Vereinsheim. Den Aufstieg in die Landesklasse hat man hier in Weitenhagen vor den Toren Greifswalds fest im Blick. Wettstreiter Hohendorf zog aber bereits an der VSG vorbei und möchte noch ein gewaltiges Wörtchen um den zweiten Rang mitreden. Am 1. Mai trafen die beiden direkten Konkurrenten aufeinander.
Jetzt geht man schon mit ein paar Erwartungen an die Sache. Spitzenspiel, viele Zuschauer, rauchende Fanblöcke. Mal sehen, ob die Messlatte noch höher gelegt werden kann. Die erste Überraschung traf mich gleich am Eingang. Da waren echte Eintrittskarten – also nicht die von der Rolle! Das Wetter war super, vielleicht etwas zu super. Der leichte Wind ließ mich die sengende Sonne nicht so intensiv spüren. Aus dem durch die Strahlen verursachten aktuellen leichten Suff-Rot meiner äußeren Pelle wird wohl bald ein leichtes Südsee-Braun und man wird mich fragen: „Karibik, Malediven oder Balearen?“ – „Nein, nein, ich war in Weitenhagen!“
Soll das hier heute wirklich ein Spitzenspiel sein? Kaum Zuschauer und der Fanblock vom letzten Mal ist um die um die Hälfte geschrumpft. Spätestens nachdem Hohendorf in den ersten fünf Minuten schon zweimal gefährlich vor das VSG-Tor kam und ich bemerkte, dass man extra ein Schiedsrichtertrio entsandt hatte, war klar, dass dies kein Kaffeekränzchen werden würde. Allmählich füllte sich auch der Sportplatz. Letztlich waren doch noch circa 170 Zuschauer gekommen. Hohendorf hatte eine alte Sirene für Fliegeralarm im Gepäck und bei den „Rabauken“ der VSG wurde getrommelt und etwas gesungen.
Das Highlight spielte sich auf dem Rasen ab. Fast im Minutentakt gab es Szenen im Torraum der jeweiligen Hälften. Hohendorf wollte eine schnelle Entscheidung, doch Jens Naatz der VSG hielt in der 20. Minute aus etwa 25 Metern einfach mal drauf und plötzlich war er drin. Unhaltbar war der Treffer nicht, aber Torwart Nierichlok sah den Ball, der sich immer weiter dem linken Pfosten näherte, viel zu spät. Es war ein offener Schlagabtausch. Keiner der beiden hielt sich zurück. Die Zeit verging durch die zahlreichen Darbietungen in den Strafräumen dermaßen schnell, dass ich nicht schlecht staunte, als der Schiedsrichter plötzlich zur Pause pfiff.
In der zweiten Hälfte ließ Hohendorf nach beziehungsweise gelang es Weitenhagen sehr gut, die Gäste schon vor der Mittellinie abzufangen. Chancen gab es noch, aber es war kein Vergleich mehr zur ersten Hälfte. Weitenhagen machte die Reihen dicht und ließ so gut wie nichts mehr durch. Das Spiel wurde härter und emotionaler. Zweimal gab es eine Rudelbildung mit Schubsereien. Der Schiedsrichter ließ zwar sehr viel durchgehen, pfiff aber so mit seiner Konsequenz durch, sodass sich nach dem Spiel niemand über die Leistung beschweren dürfte. Nach einem Krimi mit sechs zusätzlichen Minuten stand der Sieger fest. Weitenhagen zog nun wieder an Hohendorf vorbei. Meine Einschätzung: Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen bis zum letzten Spieltag.
Fotos: Michael Fritsche