Autor: Michael Fritsche
Vor den Toren Greifswalds befindet sich dieses Dorf Görmin. Da unsere Hansestadt wächst, belebt es auch das direkte Umland. Das wirkt sich ebenso auf den Sport aus. Paradebeispiel für diese Entwicklung ist Berlin, in dessen Speckgürtel sich eine Vielzahl von Ober-, Verbands- und Landesligisten tummeln. Auch in Görmin hält sich der SV 90 schon eine ganze Weile mit beachtlichen Platzierungen auf Landesebene.
Das Peenetal-Stadion und die erste Herrenmannschaft sind die Aushängeschilder des Vereins. Es läuft gut. „An ein paar Stellen könnte es noch besser sein!“, so ein Fan der Görminer. Jede helfende Hand ist praktisch in diesen kleinen Vereinen willkommen. Unweit der sich schlängelnden Peene, oder wie der Fluss auch genannt wird – der Amazonas Vorpommerns, befindet sich ein Sportplatz mit überdachter Sitzplatztribüne, von welcher aus der Zuschauer einen SV 90 Görmin sehen konnte, der nur knapp den Sprung in die Verbandsliga verpasste. Der große Konkurrent in der abgelaufenen Saison hieß TSG Neustrelitz II. Görmin kämpfte dort nicht nur gegen diese Mannschaft, sondern auch gegen Regionalliga-Spieler und Abstimmungsfehler zwischen zwei Verbänden, dem Landesverband auf der einen Seite und dem Nord-Ostdeutschen Fußballverband auf der anderen. Ohne Begrenzung konnten somit Halb-Profis gegen die Feierabendfußballer der Landesliga eingesetzt werden. Unter Wettbewerbsverzerrung lässt sich die ganze Tragödie zusammenfassen. Die Görminer sagten: „Es hat nicht sollen sein. Dann greifen wir in der nächsten Saison wieder an!“. Vor diesem heutigen Spiel gegen den Spitzenreiter FSV 1919 Malchin lag Görmin auf dem dritten Platz und hatte den zweitbesten Sturm. Die Malchiner sind die mit der besten Abwehr der Liga – also gute Voraussetzungen für ein spannendes Spiel. Das sollte es auch werden.
Mit einem Paukenschlag zum Auftakt
Der Stadionsprecher hatte noch nicht seinen Text aufgesagt, da stand es schon 1:0. Das Spiel war noch keine Minute alt als Andreas Bahls die Abwehr der Malchiner durchdrang und zur Führung einschoss. So richtig fand Malchin keine Antwort. Von geschockt kann auch keine Rede sein, da sie sich eifrig bemühten und dabei noch recht harsch zu Werke gingen. Die Defensive der Görminer stand sicher und die Zweikampfstärke war die Basis des Erfolgs. Das Spiel bot Schnelligkeit, Engagement und Hektik. Für Außenstehende eine gute Unterhaltung. Das Nervenkostüm der Akteure und Fans wurde dagegen stark beansprucht. Im Vorwärtsgang brachten Rogee, Bahls und Meyer die Malchiner immer wieder in Nöte. Die beste Chance zum Ausbau der Führung war ein Pfostenschuss von Meyer in der 38. Minute. Die Halbzeitpause ließ den Puls sinken. Sensationelle 273 Zuschauer waren gekommen – unter ihnen auch 25 Malchiner mit einer Fahne zugegen. Eine interessante Mischung aus Rentnern, keifenden Frauen und der sportlichen Fraktion, die von den Ordnern nie aus den Augen gelassen wurden. Gesungen wurde leider nur einmal. Über den Inhalt von „Wir fahr’n nach Haus, ihr müsst hier wohn’“ ließe sich bestimmt diskutieren. Auf der anderen Seite hatten Görminer die ihren Sektor mit Bannern geschmückt, gaben häufig Schlachtrufe von sich und wedelten mit Fähnchen. Auf einem dieser standen ja fast eines Gebotes gleich die weisen Worte: „Auswärts muss man stinken!“.
Mit einem Knistern bis zum Ende
Und ab in Hälfte zwei. Mit dem gleichen Ehrgeiz und Tempo wurde das Spiel fortgesetzt. Langsam ging es aber ins Giftige über. Malchin musste nun kommen. Die Spielunterbrechungen aufgrund von Fouls häuften sich. Malchins Torwart Rene Müller hatte sich dazu noch eine blutende Wunde zugezogen, die behandelt werden musste. Die Nerven lagen bei Nico Libnow blank. Der Malchiner mit der Nummer 7, der schon wegen Reklamierens verwarnt worden war, meinte bei einem Freistoß im Strafraum gehalten beziehungsweise gefoult worden zu sein. Auf unfeine Worte folgte die zweite gelbe. Bekanntlich heißt zweimal gelb gleich vorzeitiges Duschen. Auf der einen Seite Häme und aus dem Gästeblock nun Beschimpfungen unterhalb der Gürtellinie in Richtung Schiedsrichter-Trio. Die Nachspielzeit rückte an und mit ihr der Malchiner Torwart, der sich bei den letzten beiden Standards zum Sturm gesellte. Der letzte Schuss von Köllmann auf das Tor von Matthias Passow, der sich doch noch einmal richtig lang machen musste, und dann war das Spiel vorbei. Görmins Truppe, die aus einem festen Kader Einheimischer besteht – also keine Studenten, bedankt sich brav für die Unterstützung. Ein letztes Knistern ist spürbar und es folgen die letzten bösen Blicke als sich Malchin und die SVG-Fans gegenüberstehen. Danach geht jeder friedlich seiner Wege. Die einen fahren dem Sonnenuntergang entgegen und die anderen müssen ja bekanntlich hier wohnen…
Für die Statistik:
Görmin spielte mit:
Passow, Gaedtke, Martens, Schult, Rogee, Bahls, Meinzer, D. Meyer, Schulz (75. Brennecke), Schultz, Damm
Malchin spielte mit:
Müller (68. Niemann), M. Appel (57. Gieseler), Pätzold, Baumann (69. Rümker) , Netling, Libnow, Jähnke, F. Appel, O. Meyer, Köllmann, Messing
Tor: 1:0 Bahls (1.)