Geschrieben von Philipp Schulz, Tobias Bessert und Magnus Schult.
Eine Fußmatte spaltet die Nation. Muss die Wahl zum Oberbürgermeister wiederholt werden, weil eine Tür eines Wahllokals verschlossen war? Nun äußert sich die Fußmatte zu den Vorwürfen, sie sei an der geringen Wahlbeteiligung schuld und nimmt Stellung zu der Forderung, sie zum OB zu machen.
Hallo, schön dass das mit dem Interview geklappt hat. Sie sind ja eine schwer beschäftigte Fußmatte. Wie darf ich sie denn ansprechen? Herr oder Frau Fußmatte?
Nur Fußmatte. Der Hammer des Wahlbetrugs ist Unisex!
Die wichtigste Frage zuerst, wer wird deiner Meinung nach neuer OB?
Das ist eine schwierige Frage (kratzt sich an der Stirn). Beide Seiten haben ein Gutachten, das ihnen Recht gibt. Ich kann natürlich verstehen, dass Herr Hochheim nicht wegen 15 Stimmen verlieren möchte. Aber dann hätte er sich im Wahlkampf mehr anstrengen sollen. Er hatte ja auch wirklich nur sehr marginal plakatiert. Und notfalls gibt es in sieben Jahren wieder eine Wahl.
Auf deiner Facebook-Fanpage verlangen schon einige Leute, dass du neuer OB wirst. Wie stehst du zu dem Vorschlag?
Es gibt eine Fanpage von mir? Ich habe von diesen Vorschlägen aber auch schon gehört. Na klar würde ich gerne OB werden. Mir ist aber auch bewusst, dass das eine große Aufgabe ist. Alle sieben Jahre müsste ich mich gegen Einsprüche der CDU wehren und seltsame Wahlkampffilme drehen. Außerdem ist das vor einer Tür ja ein Full-Time Job. Gerade jetzt, wo ich einen neuen Vertrag bei dem Pommerschen Landesmuseum unterschrieben habe, denke ich nicht, dass ich die Zeit für eine solche Aufgabe finden werde.
Es gibt Stimmen die behaupten, dass du schuld an der geringen Wahlbeteiligung bist. Was sagst du zu diesem Vorwurf?
Klar haben in dem Wahllokal, in dem ich meine, nun ja, “Pflicht” vernachlässigt habe, nur knapp ein Viertel der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, aber das sieht in den anderen Wahlbezirken auch nicht anders aus. Und seien wir mal ehrlich, in allen Wahllokalen gleichzeitig kann ich auch nicht gewesen sein (schmunzelt).
Heute wird in der Bürgerschaft Greifswalds darüber abgestimmt, ob die Wahl wiederholt wird. Was denkst du wird passieren?
Ich bin nur froh, dass ich damit nichts mehr zu tun hab. Egal, wie sehr du dich anstrengst, am Ende bist du für alle nur wieder der Fußabtreter. Bedenklich finde ich, bei der ganzen Aufklärungsarbeit des Wahlprüfungsausschusses und den vielen Gutachten keiner auf die Idee gekommen ist, mal mich zu Fragen. Ich meine, hallo? Wenn einer weiß, was da abgegangen ist, dann ja wohl ich.
Hand auf’s Herz: Was ist wirklich passiert?
Um ehrlich zu sein, ist alles so lange her, ich kann mich gar nicht mehr genau dran erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich plötzlich das Gefühl hatte, von einer Last befreit worden zu sein. Und dann war die Tür auch schon zu. Wie das passiert ist, kann ich mir bis heute nicht erklären.
Kannst du uns verraten, wie lange die Tür zu war? Oder was der Leiter des Wahlbüros an diesem Tag an hatte?
Nein, leider nicht. Ich hatte keine Uhr dabei. Aber es muss gegen Mittag gewesen sein. Und natürlich; irgendwas aus Stoff. Das habe ich auch nie verstanden. Ihr macht Klamotten aus Stoff, pflegt Sie und gebt ewig viel Geld aus. Aber eine Fußmatte, auch aus Stoff, wird ignoriert und man trappelt auf ihr rum. Nicht cool! (schaut grimmig)
Das stimmt, eine verrückte Welt ist das. Was ist dein Lieblingsplatz in HGW?
Garantiert nicht mehr unter irgendeiner Tür. Seit ich von dem Vorschlag, ich soll OB werden, gehört habe, will ich mir unbedingt mal das Rathaus ansehen. Das ließe sich doch bestimmt einrichten oder?
Natürlich, sofort.
(Eine halbe Stunde später)
So das ist es. Das Greifswalder Rathaus.
Ok. Hier sitzen also die schlauen und wichtigen Menschen und entscheiden über die Stadt?
Naja, zumindest wird hier über die Stadt entschieden. Was würdest du als OB als erstes tun?
Jeder Haushalt sollte einen Türstopper zur Verfügung gestellt bekommen, damit die Rechte der Fußmatten gewahrt werden könnten. Den ganzen Tag als Fußmatte eine Tür aufhalten müssen, tut einfach nur weh.
Das ist ziemlich egoistisch, oder?
Natürlich nicht. Und selbst wenn. Die CDU versucht doch auch nur das beste für sich rauszuschlagen. Denken wir doch mal an den Frauenbeirat, der von den Konservativen einstimmig abgelehnt wurde. Da kann ich ja auch nichts für, dass keine Frau die Politik von denen mittragen kann. Und auch die Grünen haben doch bestimmt einen Pakt mit den örtlichen Gärtnereien geschlossen, um eine gewisse rauchbare Pflanze anzubauen. (lacht).
Was sind deine Pläne für die Zukunft, falls du nicht OB wirst?
Wie gesagt, jetzt wo ich den Platz im Museum habe, hoffe ich, dass ich bei einer Wanderausstellung mitmachen kann. Ich wollte schon immer wissen, wie es außerhalb von Greifswald aussieht. Außerdem war ich noch niemals in New York. Und dann hat mir die Universität einen Platz am Geologischen Institut angeboten. Da geht es irgendwie um die Probeentnahme von seltenen Erdarten. In dem Schreiben wird gesagt, das ich da irgendwie Experte sei.
Ok, wir sind gespannt. Und ich hoffe wir sehen uns wieder, so oder so. Danke für das aufschlussreiche Interview.
Ich habe zu danken.
Fotos: Magnus Schult
Hübsche Idee und ein durchaus unterhaltsames Interview. Kudos und weiter so!
PS: In einer perfekten Welt wäre dies freilich ohne den stellenweise politisch tendenziösen Subtext ausgekommen, aber ok, das war jetzt nicht allzu dramatisch; ich würde sagen, immer noch deutlich im "grünen Bereich" 😉