Der Freitag beginnt mit tropischen Temperaturen. Nachdem man wenig begeistert erkennt, dass auch das Minimum an Kleidung im Zelt noch zu viel ist und weiterhin ernüchtert feststellst, dass das erst die erste von vier Nächten war, ist es Zeit für ein leckeres Festivalfrühstück in Kombination mit einem bring-to-my-place Kaffee. Zähne putzen nicht vergessen, alternativ ein Schluck Pfeffi. Wir ziehen erstmal eine Runde übers Gelände um uns ein Bild von der Gesamtsituation zu machen. Vor den Toiletten und Duschen und das wird sich auch an den kommenden Tagen nicht ändern bilden sich zur Primetime lange Schlangen. Erstmal geht es Richtung Parkplatz, um noch ein paar Sachen zu holen. Auf dem Weg treffen wir auf schwer bepackte aber glücklich Angekommene, glückliche schwer Betrunkene, und mittelglückliche Müllsammel-Lotsinnen. Bereits jetzt macht sich ihr Engagement bezahlbar. Die schiere Zahl von Autos lässt uns erstmal grübeln, wo wir geparkt haben. Nach einigem Hin-und Her finden wir unser Verkehrsmittel unter einer 3cm Staubschicht von Motorhaube bis Kofferraum. Auf dem Rückweg fotografieren wir was das Zeug hält. Heiterkeit und Extase liegen in der Luft und natürlich der beißende Dixi-Geruch. Dennoch sehen die Leute gut gelaunt und glücklich aus. Wir auch beim Anblick dieser Bilder.
Gegen 15 Uhr machen wir uns auf in Richtung Pressezelt, vorbei an den wortkargen Securitys und großen Nightlinerbussen, vorbei an endlosen Containerbüros und vorbei an und diversen Künstlern, die wir nicht kennen, aber für Künstler halten, da sie Englisch sprechen. Hinter der Bühne angekommen sagen wir: „Moin, moin“ zu einigen Mitgliedern von Feine Sahne Fischfilet und klären letzte Details.
20 Meter weiter bereiten uns im Pressezelt auf unseren Einsatz vor. Im Pressebereich herrscht buntes Treiben. Neben den Journalisten bahnen sich auch die Jungs von Frittenbude einen Weg Richtung Interviewkabine. Auch die Band Madsen gibt im Hintergrund ein Interview. Bei kostenlosem Wasser und Kaffee checken wir nochmal die Kameras und gehen nochmal für kleine Pressevertreter auf das Abort. Auf der erfreulich konfortablen Toilette erklingt Vogelgezwitscher aus einem Lautsprecher, während im Hintergrund schon Adam Angst den Soundcheck machen. Wieder auf dem Festivalgelände knallt uns die Nachmittagssonne unermüdlich ihre Wärme ins Gesicht. Riesenrad und Bungeejumping gibt’s auch. Letzteres scheitert selbstverständlich nur am Geld. 70 Euro gibt die Festivalkasse dann doch nicht her. Getraut hätten wir uns allemal. Davon sind wir natürlich vollkommen überzeugt. Kontinuierlich springen Unerschrockene die 60 Meter Richtung Boden herunter – kann man machen, muss man aber nicht, die Aussicht vom Riesenrad ist ja auch ganz schön. Bevor es auf die Bühne geht, testen wir zu bei der niederländischen Hardcore-Punk-Band John Coffey schonmal den Fotograben an. Das funktioniert bestens:
Es ist kurz vor 17 Uhr und wir sammeln uns am Bühneneingang der Blue-Stage. In wenigen Minuten beginnt das Konzert von Feine Sahne Fischfilet. Ein erster Blick in Richtung Publikum lässt unsere Erwartungen immer mehr steigen: Das Publikum erfreut sich bester Laune und skandiert in rhythmischen Chorälen „Feine Sahne!“. Derweil geht Sänger Monchi hinter der Bühne auf und ab und erklärt uns: „Ich bin richtig aufgeregt!“. Er atmet tief durch und klatscht nochmal mit der Crew ab. Derweil beginnen nun ein paar Soundchecks auf der Bühne. Die Trompeten werden angespielt, Gitarrist Christoph singt ein paar Zeilen und gibt Anweisungen an den Tontechniker weiter. Auch Monchi ist nun auf der Bühne und die Band stimmt nochmal einen Song an, während im Publikum voreilig der erste Bengalo gezündet wird. Monchi klärt auf: „Digger das ist erst Soundcheck!“. Die Security taucht aus dem Nichts auf und führt den Übeltäter unter Protest seiner Freunde ab. Das Konzert beginnt ohne ihn. Es wird Nebel freigesetzt und die Band betritt unter tosendem Beifall die Bühne. „Moin, moin, wir sind Feine Sahne Fischfilet und wir sind heiß wie Sau!“ begrüßt Monchi in charmant norddeutschem Tonfall die Leute. Dann setzt die Musik ein, Staub wirbelt auf und das Publium gibt sich wild und ungehemmt den Klängen hin. Zwischen den Liedern gibt die Band immer wieder politische Statements preis, die im Publikum auf lautstarke Zustimmung stoßen.
„Das nächste Lied ist gegen all die Rassistenschweine, die in Freital sich formieren, die überall in der Bundesrepublik Bürgerinitiativen gründen und dann Menschen anzünden. […]Es geht nicht darum bei irgendwelchen Konzerten und Festivals hier Fahnen zu schwenken und Nazis raus zu rufen. Es geht darum, dass diese Schweine nämlich dort wo ihr wohnt oder irgendwo, wo ihr hinfahren könnt, wieder versuchen Leute anzuzünden, dass man sich dort querzustellen hat. Du brauchst nicht bei irgendwelchen Festivals irgendwas brüllen, irgendwas rufen, wenn du dich nicht dann gerade machst, wenn es drauf ankommt!“
Im Verlaufe des Konzerts toben sich die Leute aus, surfen auf der Crowd, pogen umher und singen was das Zeug hält. In ruhigen Momenten halten sie inne, lauschen aufmerksam und setzen sich hin, nur um im nächsten Moment hoch in die Luft zu springen.
„Das nächste Lied handelt darüber, wie affen… wie affengeil es gerade ist, wie AFFENGEIL es gerade ist Alter!“
Nach etwa einer dreiviertel Stunde ist das Ganze dann auch schon vorbei und wir müssen uns erst einmal hinsetzen. Wir waren gerade auf der Blue Stage mit Feine Sahne Fischfilet. Und wir sind komplett im Arsch. Doch noch ist der Tag lange nicht vorbei. Wir sammeln uns kurz, verabreden uns mit der Band für ein Interview und gehen fotografierend zu unseren Zelten. Unterwegs laufen uns Sänger Maurice und Gitarrist Michael von Bilderbuch über den Weg und gucken liebend gern einmal extra grimmig in unsere Kamera.
Zeit für eine kurze Verschnaufpause, Zeit die Beine hochzulegen. Während um 20 Uhr Madsen im Hintergrund zu ertönen ist, bereiten wir alles im Pressebereich für das Interview vor, während es sich Christoph, Max und Jacobus gemütlich machen. Im Vorfeld der Gesprächs- und Fragerunde ist es mittlerweile dunkel geworden. Frittenbudes Synthie-Sounds ballern auf der Blue Stage los und wir packen ein. Zeit rüberzugehen. Neben Frittenbude geben auch noch The Kooks ihr Können mit etwas sanfteren Klängen zum Besten.
Der Tag endet mit einer bombastischen Marteria-Show und einer wohlwollenden Dusche nach Mitternacht. Was für ein erster Festivaltag!