von Sebastian Bechstedt

Der Hochsommer hatte mit seiner Hitzewelle auch Greifswald im Griff als sich am vergangenen Wochenende bereits zum 35. Mal bei den Eldena Jazz Evenings renommierte und noch unbekannte Jazzkünstler das Saxophon, die Posaune oder auch die Tuba in die Hand gaben.

Und so schnappten sich die Jazzbegeisterten, die es am Freitag- und Samstagabend in die Klosterruine Eldena gezogen hatte, zumeist erst einmal ein kühles Getränk um anschießend die Konzerte im Klosterinnenhof oder auf einer der mitgebrachten Picknickdecken zu genießen. Die angestrahlte Klosterruine und die bestens aufgelegten Künstler sorgten für den Rest – ein tolles Jazzfestival war gelungen, auf dass die Veranstalter zu Recht stolz waren.

 

Ein Hauch von Rockkonzert in der Klosterruine

Musikalisch bot das Festival die ganze Palette des Jazz und teilweise auch noch darüber hinaus. So merkte man einigen Zuhörern an, dass sie sich beim zweifellos grandiosen polnischen Jazznachwuchs von Jazzpospolita fragten, ob das denn nun noch Jazz sei. Die vier jungen Männer, die mit der Aura einer Boyband à la Jonas Brothers auf die Bühne kamen und dort auch eher wie eine Rockband performten, machten mit ihrer Musik allerdings schnell klar, dass sie musikalisch deutlich erwachsener daher kommen als die häufig austauschbaren Boybands des Popmusik-Lagers. So boten Sie Jazz dar, welcher mit starken Einflüssen aus Pop und Rock angereichert ist und dabei eine Kraft entfaltet, die es schaffte auch den Skeptikern im Publikum ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, oder zumindest einen wippenden Fuß bei diesen zu hinterlassen.

Den gefälligeren Jazz für das zumindest am Freitag eher gediegene Publikum lieferten die renommierten Künstler rund um Uli Grumpert, einem der Jazz Größen der ehemaligen DDR. Dass dieser aus der Free-Jazz Ecke kommt war den Titeln dabei deutlich anzumerken. Smooth Jazz war also nicht zu erwarten – mit Titeln wie „Süßholz“ schafften Sie es aber einen beschwingten Abschlusspunkt für den Freitag zu setzen.

 

Sommernachtsträumereien und überraschend variable Posaunen

Das Gefühl sich in einem Sommernachtstraum wiederzufinden schaffte vor allem das um Wanja Slavin herum gegründete Projekt Lotus Eaters. Die ruhigen Stücke ließen einen zusammen mit dem grandiosen Wetter davon träumen in einer Eckkneipe irgendwo in den amerikanischen Südstaaten zu sitzen, während auf der Straße eine Jazzband ihre Instrumente erklingen lässt.

Größte Überraschung der zwei Tage war aber das Vertigo Trombone Quartet. Absolut beeindruckend was mit nur vier Posaunen und einer Tuba alles möglich ist. Musik wie aus einem Film Noir – und das mit Stücken wie „Filterkaffee“.

Das sich Electroklänge, Klassik- und Jazzmusik nicht ausschließen müssen, zeigten zum Ende der Jazz Evenings Sebastian Studnitzky und die Berliner Camerata mit ihrem Projekt „MEMENTO – orchestral experience“. Die melodischen und wunderschönen Stücke, u.a. benannt nach portugiesischen Autobahnausfahrten, rundeten ein gelungenes Wochenende Rund um die Jazzmusik ab.

Der Rezensent ist jedenfalls mit freudiger Erwartung auf die 36. Jazz Evenings zurückgeblieben und wird beim nächsten Filterkaffee der Deutschen Bahn wohl von einem leichten Posaunenklang im Kopf begleitet werden.