Katastrophenfilme liegen eindeutig im Trend. Mal geht gleich die ganze Welt unter wie in Roland Emerichs „2012“, dann werden lediglich einzelne Städte durch marodierende Echsen also known as „Godzilla“ zerlegt. Betrachtet man das Groß an Blockbustern dieser Gattung lassen sich zwei Grundregeln ausmachen. Erstens trifft es meistens Amerika. Zweitens eröffnen sich dem Helden immer neue Gefahrensituationen, die kontinuierlich an Dramatik und schieren Größe bzw. „Wow- Effekt“ zunehmen.
Dwayne Johnson ist der Star
Glaubt man diesen zugegebenermaßen willkürlich aufgestellten Maximen, ist „San Andreas“ ein Katastrophenwerk in seiner reinsten Form. Ray (Dwayne „The Rock’’ Johnson) ist Rettungshubschrauberpilot in Los Angeles und rettet gleich in der Eingangsszene den fleischgewordenen Stereotypen des amerikanischen Teenagers davor, mitsamt dem Auto in eine Schlucht zu stürzen. In Szenen wie dieser hat der Film seine besten Momente. Denn wenn ,,The Rock’’ seine markigen Sprüche in die Kamera sagt und hinter ihm die Sonne in den Rettungshubschrauber fällt, mag man das zwar etwas platt finden, doch der Held des Filmes hat etwas, was den anderen Protagonisten fehlt. Er verfügt über Charisma und einen gewissen Coolnessfaktor.
Die eigentliche Story ist dann auch sehr schnell erzählt. Im titelgebenden San Andreas- Graben treffen zwei Kontinentalplatten aufeinander. Das ist erstmal unproblematisch, doch wie Professor Lawrence vom geologischen Institut errechnet, finden dort Mikrobeben statt, die nach seinen Deutungsmethoden auf ein riesiges Beben mitten in San Francisco hindeuten. Selbstverständlich glaubt ihm keiner. Und so findet sich Blake, die Tochter Rays, plötzlich alleine in der auseinanderfallenden Stadt wieder. Das Beeindruckendste an Alexandra Daddarios Performance ist die Tatsache, dass sie um ganze 10 Jahre älter ist als ihre filmische Rolle. Eine schauspielerische Glanzleistung, der mit trotz Erdbeben der Stufe 9.6 perfekt sitzendem Makeup nachgeholfen wird. Blakes Mutter Emma bewegt sich auf einem ähnlichen Grad der Natürlichkeit und sieht aus wie direkt aus „Desperate Housewives“ entstiegen.
Die Lovestory geht vor
Der wirkliche Konflikt des Filmes sind dann auch nicht die kollabierenden Wolkenkratzer, sondern die Beziehung von Ray und Emma. Die tröstet sich nach einer schweren Beziehungskrise mit einem Baulöwen, der, wie sich im Laufe des Filmes herausstellt, ebenso reich wie moralisch verwerflich ist. Die Gegenüberstellung von Rays patriotischem Idealismus und Daniels ins Machiavellistische gesteigertem Egoismus wird dem Zuschauer dann dermaßen mit der Brechstange aufgezwungen, dass jeder Realismus flöten geht.
An Blakes Seite treten nach kurzer Zeit die Brüder Ben und Ollie. Leider bleiben auch diese beiden Figuren äußerst blass, scheinen sie doch nur als Archetypen und weniger als menschliche Charaktere gedacht zu sein. Ben sorgt für die romantische Komponente des Filmes, während Ollies Sprüche wohl als auflockerndes Element dienen sollen. Diese sind aber so unglaubwürdig aus dem Mund einer elfjährigen Figur, sodass das Ganze sehr künstlich wirkt.
Letztlich und trotz erwähnten Punkte leidet der Film vor Allem an einem: Während Ray auf der Suche nach seiner Tochter Land, Wasser und Luft durchkämmt, kommt selten Spannung auf. Das liegt zum einen daran, dass einem keine der Figuren ans Herz wächst. Darüber hinaus bewegt sich der Film so offensichtlich in vorgefertigten Abläufen, dass das Happy End unter der Flagge Amerikas sicher scheint.
Uneingeschränkt treue The Rock Fans werden vielleicht ihren Spaß an ,,San Andreas’’ haben, allen anderen Kinogängern ist es angeraten abzuwarten, denn der nächste Katastrophenfilm kommt bestimmt. Wahrscheinlich wird er besser sein als ,,San Andreas’’.
Kinofilm: San Andreas
Regisseur: Brad Peyton
Laufzeit: 115 Minuten
Filmstart: 28.05.2015
Cast: Dwayne Johnson, Carla Gugino, Alexandra Daddario,
Ioan Gruffudd, Archie Panjabi
Bildquelle: screenbinge.com