Seit mehreren Wochen gibt es Streit um die Theaterlandschaft in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Die großangelegte Demonstration in Neustrelitz und die Entlassung des Rostocker Intendanten sind nur die prominentesten Beispiele dafür, dass etwas im Argen liegt. Auf der Bürgerschaftssitzung am vergangenen Montag wurden zwei konkurrierende Konzepte für die Zukunft diskutiert.
Dass sowohl das Theater Vorpommern (TVP) mit den Spielstätten Greifswald, Stralsund und Putbus auf Rügen, als auch die Vorpommersche Landesbühne Anklam mit fünf Standorten finanziell schlecht aufgestellt sind, ist seit langem kein Geheimnis mehr. Eine ähnlich schwarze Zukunft wird für die Theater- und Orchestergesellschaft Neubrandenburg-Neustrelitz (TOG) gemalt. Das geht zumindest aus dem Eckwertepapier hervor, welches das Land kürzlich veröffentlichte und in dem mögliche Zukunftspläne grob umrissen und die aktuelle Lage geschildert werden. Geht man von diesem sehr übersichtlichen Schreiben aus, fällt bei TVP und TOG bis zum Jahr 2022 ein voraussichtliches Defizit in einer Gesamthöhe von knapp 28 Millionen Euro an, wenn das Konzept wie bisher weiterläuft.
Um diesen düsteren Zahlen voraus zu wirken, schlägt das Land eine Großfusion vor. Das dann entstehende „Staatstheater NordOst“ soll dann aus den Standorten der TVP und TOG bestehen und bedeutet unter dem Strich zwar eine mögliche Ausfinanzierung und Löhne nach dem Flächentarif, allerdings auch den Abbau von insgesamt 65 Stellen und das Ende des Vierspartentheaters in Greifswald. An unserem Standort soll laut dem Kultusministerium lediglich das Schauspiel und Ballett, verteilt auf 112 Arbeitsplätze und dem Sitz der Intendanz, erhalten bleiben. Auch mit möglichen Alternativkonzepten, von denen mit der Teilfusion oder der kompletten Autonomie zwei genannt werden, wird sich in dem Papier auf lediglich einer Seite auseinander gesetzt. Sollten sich die Kommunen für einen dieser Wege entscheiden, soll die finanzielle Unterstützung aus Schwerin auf ein Minimum reduziert oder gar ganz entzogen werden. Wüsste man es nicht besser, könnte man beim Lesen auf den Gedanken kommen, eine Drohgebärde gegen jeden, der nicht bereit ist den Kurs der Landesregierung mitzutragen, in Händen zu halten.
Bürgerschaft für finanzielle Sicherheit
Auf der Bürgerschaftssitzung wurde schnell klar, dass ein Großteil der Mitglieder und Fraktionen die Doktrin des Landes mittragen wird. Ein konkurrierender Antrag der Linken und den Grünen forderte den Erhalt der bisherigen Struktur und sollte sich über eine 2 Prozent Preiserhöhung bei einer 3,5 Prozent Einnahmensteigerung tragen. Der interfraktionellen Mehrheit war diese Rechnung jedoch zu optimistisch und wenig kalkulierbar. Bürgerschaftsmitglied für die SPD und Studentin Luisa Heide: „Auch wenn ich das Städtetheatermodell aus idealistischer Sicht bevorzugen würde, weist es doch einige Mängel auf, die nicht ignoriert werden dürfen.“
Ähnlich argumentierten andere Redner, die die Verhandlung mit dem Land suchen wollen und das gebotene Geld, für eine gesicherte Zukunft, dem möglichst breiten Kulturangebot an allen Spielorten vorziehen. So endete auch die Abstimmung dahingehend, dass der Oberbürgermeister beauftragt wurde, in Verhandlungen mit dem Land zu treten und eine Prüfung des Modells „Staatstheater NordOst“ und dem Erhalt des Städtetheaters nach wirtschaftlichen Vorgaben des Landes durchzuführen. Immerhin müssen sich auch die Parlamente der anderen Spielorte dem Konzept anschließen, was in Stralsund, wo man sich für kein vorliegendes Konzept aussprechen konnte, bereits misslang. Mit der Zusage der Bürgerschaft vor Ort ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, für Konzertbesuche oder Opern den Weg nach Neubrandenburg oder Stralsund auf sich nehmen zu müssen, in eine nahe Zukunft gerückt.
Fotos: Philipp Schulz (Bürgerschaft), axt via wikimedia-commons (Theater)
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