Doch das Gefühl, allein gelassen zu werden und nur aufgrund seiner Leistungen von Interesse zu sein, existiert durchaus auch in anderen Studiengängen, wie der Artikel „Einzelkämpfer an der Uni: Hilfe, wir vereinsamen“ aus dem Spiegel Online vom 07. Juli 2012 zeigt. In einer kleinen Stadt wie Greifswald mit einem Studentenanteil von über 20 Prozent sollte Anonymität doch wohl keine Rolle spielen?!
Das ist es also. Studieren. Erwachsen sein. Wie sehr man sich darauf gefreut hat, eine eigene Wohnung zu haben, endlich Zuhause auszuziehen und eine neue Stadt zu erkunden! Was sie dir nicht erzählen, macht den anderen, beachtlichen Teil deines neuen Lebens aus: Selbstorganisation, Selbstinformation und vor allem Selbstbehauptung. Denn wer will schon derjenige sein, der bei den Kommilitonen nicht mitreden kann?
Auch die Alltagsbewältigung stellten sich viele wohl leichter vor. Doch recht bald ereilt einen die verblüffende Erkenntnis, dass das Abendessen sich nicht allein kocht, die Wäsche sich nicht allein wäscht und dem Badezimmer nichts ferner liegt, als sich selbst zu putzen. Wie funktioniert eigentlich diese Ummeldung des Erstwohnsitzes, und woher kriege ich eine Selbstauskunft? Worauf muss ich bei einem Vertrag mit einem Telefonanbieter achten, und was mache ich bei Problemen mit der Heizung? Papa, hilf. Oder Mama.
Tatsache ist aber: sie sind nicht da. Auf dich kommt es an. Du musst dich informieren, du musst die Dinge zurechtrücken. Sicher kann man sich hier und da, ob vor Ort oder telefonisch aus der Heimat, Unterstützung suchen. Doch letzten Endes, und darauf läuft es immer wieder hinaus, bist du selbst am Zug. Das mag im ersten Moment (oder auch in den ersten Monaten) erschreckend klingen. Aber je eher man sich damit arrangiert, umso früher wird man wohl auch feststellen, dass nicht alles so grau ist, wie es flüchtigen Blicks aussieht.
„Manchmal frage ich mich schon, ob ich eigentlich noch ein Leben hab.“ Siehe da, auch den Mitstudenten sind solche Gedanken nicht fremd. Aber was heißt das, ein Leben haben? Spaß? Sinn? Oder doch Abwechslung? Das muss sicher jeder für sich selbst entscheiden.
Ich weiß nach einem Semester, was es für mich nicht heißt: Medizin studieren. Gefangen zwischen dem Streben nach Selbstdisziplin getreu dem Motto „Man wächst mit seinen Aufgaben“ und dem Wunsch nach einer altruistischeren Gesellschaft wird klar, dass ich mich bereits entschieden habe. Das bedeutet in gar keinem Fall, dass ich generell davon abraten will, sich für dieses Fach zu bewerben. Eher, dass man Durchhaltevermögen und Kraft mitbringen sollte für ein jedes Studium, und im Bedarfsfall dennoch genug Mut, einen neuen Weg einzuschlagen. Seid optimistisch, geduldig, ehrlich und aufrichtig euch selbst gegenüber. Dann wird der Gedanke „Das ist es jetzt also“ schon bald von einem Lächeln eurerseits begleitet werden. Oder wie Robert Frost einst sagte: „Ich kann das, was ich über das Leben gelernt habe, in drei Wörtern zusammenfassen: Es geht weiter.“
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