Banksy

Love is in the air: Banksy's Blumenwerfer auf der Rückseite einer Tankstelle.

Love is in the air: Banksy’s Blumenwerfer auf der Rückseite einer Tankstelle.

Die Demo zieht sich im kleinen Kreise immer noch hin und wir beschließen ein Bier trinken zu gehen. Ich will gerne das einzige Bier Palästinas probieren, Taybeh, aber Gabriel überredet mich zu Corona extra. Das war es dann auch mit meinem Entschluss nur regionale Produkte zu konsumieren. Wir gehen zusammen los und ich erkläre ihm, dass ich wegen der Banksy-Grafitti in Bethlehem bin. Das sagt ihm nichts, aber da er nichts vorhätte, würde er mich gerne begleiten. Auf dem Weg nach Beit Sahour, einer Nachbarsiedlung, die sich nahtlos an Bethlehem anschließt, reden wir über alles Mögliche: das Müllproblem im Nahen Osten, westliche Frauen im Vergleich zu arabischen, Sex vor der Ehe, das Leben in Palästina und in Deutschland und vieles andere. Unser Ziel ist eine Tankstelle an der Hauptstraße, an dessen Rückseite der Blumenwerfer gesprayt ist. Das Motiv ist weltberühmt, Gabriel kennt es aber nicht und freut sich, dass ich ihm noch etwas Neues in seiner Heimat zeigen kann. Wir drehen eine Runde mit dem Taxi über Al Dheisheh, ein Flüchtlingslager, in dem wir ein Kamel-Motiv von Banksy sehen, zurück zum Checkpoint, wo sich die Demo endgültig verflüchtigt hat.

Die Friedenstaube traut dem Frieden nicht

Die Friedenstaube traut der Aussicht auf Frieden nicht.

Ein paar Läden sind wieder geöffnet und die Besitzer spülen mit einem Gartenschlauch das Abwasser von ihren Eingängen. Endlich sehe ich die noch vor zwei Stunden unerreichbaren Motive und bin glücklich, dass doch noch alles geklappt hat. Wir gehen noch ein Stück die Mauer entlang. Die israelische Seite ist grau, die palästinensische dagegen voller Grafitti lokaler und internationaler Sprayer und Amateure. Alle paar Meter sind Plakate angebracht mit kurzen Geschichten, die sich alle direkt, oder indirekt um den Konflikt drehen. Es ist ruhig hier, fast schon unheimlich. Niemand ist entlang der Mauer unterwegs und kaputte Schilder zeugen von einst geschäftigen Läden. An einem Punkt kommen wir an einem Haus vorbei, das an drei Seiten von der Mauer umgeben ist. Die Bewohner können sich wohl noch glücklich schätzen, dass ihr Haus nicht bei der Konstruktion weichen musste. Es ist offensichtlich, dass die Mauer das Leben aus der Umgebung saugt. Immer mal wieder riechen wir einen Hauch von Tränengas und hören Explosionen, scheinbar wird an anderer Stelle weiterhin demonstriert.

 

Jenseits der Mauer

Gabriel bringt mich noch zum Bus. Es ist der Letzte für heute. Ich fahre los und lasse Gabriel zurück in Palästina. Am Grenzübergang müssen die Palästinenser aus dem Bus aussteigen und sich zur Passkontrolle in einer Reihe aufstellen. Als einziger mit nichtarabischer Herkunft darf ich sitzen bleiben und werde bequem im Bus kontrolliert. Als ich dem Soldaten meine Nationalität nenne, schaut er sich den Ausweis kaum an. Zurück in Jerusalem schlendere ich nochmal durch die Altstadt und lande an der Klagemauer. Die Juden feiern den Beginn des Sabbats an diesem Freitagabend. Viele tragen Festkleidung: dunkle Seidenumhänge und zylindrische Fellhüte, schwarz-weiße Anzüge. Es ist ein kleines Paradies, eine kleine Blase aus Beton.

 

Fotos: Iwan Parfentev