Ein Beitrag von Tobias Bessert und Aaron Jeuther.

Seit 2003 lebt Dr. Mohammad Alkilzy in Greifswald, zurzeit ist er Dozent und Oberarzt an der Zahnmedizin mit dem Schwerpunkt Kinderzahnheilkunde. Dem gebürtigen Syrer reicht es jedoch nicht, nur in Greifswald und Umgebung Menschen mit Zahnschmerzen zu behandeln. Deshalb fasste er den Entschluss ein Zahnarztmobil einzurichten und mit diesem den Menschen in seiner Heimat zu helfen. Im webmoritz.-Interview spricht er über seine Motivation und den Stand des Projekts.

webmoritz.: Wie kamen Sie auf die Idee ein Zahnarztmobil für Syrien ins Leben zu rufen?
Alkilzy: Ich habe im Sommer 2013 meine Eltern in Syrien besucht. Dort war ich auch in den Flüchtlingslagern und habe gesehen, dass es dort medizinische Helfer gibt, aber in der Zahnmedizin große Mängel bestehen. Ich will helfen mit dem, was ich gelernt habe: Zahnarzt. Die Idee war, dass jemand mit einer mobilen Praxis – denn ohne Geräte kann man nicht helfen – dort Patienten behandelt. Ich kannte schon vorher den Sozialverein, Lien e.V. Er wurde zu Beginn der Krise in Syrien gegründet und versucht humanitäre Hilfe für Bedürftige in Syrien anzubieten. Diesem Verein habe ich das Projekt vorgestellt und der Vorstand hat sich bereit erklärt, Träger für das Zahnarztmobil zu werden. Wir haben dann eine Vorstellung des Projekts auf ihrer Website veröffentlicht.

Wie finanzieren Sie das Projekt und wie weit sind Sie?
Wir finanzieren uns über Spenden. Wir haben auch schon mit Werbung begonnen, zum Beispiel mit Flyern und Plakaten. Es gibt schon erste Spender. Unser erstes Ziel ist der Kauf eines gebrauchten Rettungswagens; ich habe schon einen in Greifswald gesehen. Wenn die Verhandlungen gut laufen wird der Wagen gekauft. Danach starten wir mit dem Umbau und dafür brauchen wir weitere Spenden – ich hoffe, dass uns Zahnärztinnen und Zahnärzte mit gebrauchten Geräten, Instrumenten und Materialien helfen. Die Resonanz ist gut und wir hoffen auf weitere Unterstützung. Die Kosten sind abhängig von den Sachspenden, die wir bekommen. Wenn ein Kollege oder eine Firma zum Beispiel einen Zahnarztstuhl spendet, dann sparen wir einen großen Teil der Kosten.

Sprechen Sie direkt Ärzte an, dass sie für das Projekt spenden sollen?
In der Onlineausgabe von „Zahnärztliche Mitteilungen“ (ZM) sind zwei Artikel erschienen. Wir brauchen die Sachspenden, da wir nicht alles kaufen können. Manche Zahnärzte haben sich auch schon gemeldet, manche haben auch schon Instrumente und Materialien geschickt. Die Montessori-Schule und Montessori-Hort Greifswald haben auch eine Spenden-Aktion für unser Projekt gemacht. Darüberhinaus brauchen wir auch Zahnärzte, die ehrenamtlich vor Ort behandeln.

An welche Zahnarztzielgruppe richten Sie sich mit ihrem Aufruf nach freiwilligen Ärzten?
Ich richte mich da nicht nur an Zahnärzte aus Mecklenburg-Vorpommern. Aus ganz Deutschland haben sich schon Kollegen gemeldet, sogar aus Dubai hat mir ein Zahnarzt geschrieben. Die Kolleginnen und Kollegen warten schon darauf, dass das Zahnmobil fertig wird, damit das Projekt zum Einsatz kommt. Wir werden, wenn wir so weit sind, einen Einsatzplan machen, sodass jeder Kollege in seinem Urlaub dort für ein bis zwei Wochen behandeln und helfen kann.

Gibt es denn schon einen groben Plan, wann die Reise losgehen kann und fahren Sie auch persönlich nach Syrien?
Wenn jetzt ausreichend Spenden kommen, hoffen wir, dass das Mobil in einem halben Jahr fertig ist. Wir werden es versuchen. Das ist von den Ressourcen abhängig. Ich werde die erste Fahrt machen. Man muss ja den Wagen hinbringen. Ich werde dann mit einem deutschen Kollegen dorthin fahren. Zunächst von Greifswald nach Italien, von dort mit der Fähre in die Türkei und von dort dann weiter in das Grenzgebiet in Nordsyrien. Dort gibt es einen Medizinerverein, der dort im Grenzgebiet arbeitet und sie werden uns einen Platz in ihrer Station anbieten. Dort bekommt das Zahnmobil ein zu Hause und einen Ort für die Sterilisation.

Haben Sie Kontakt zu ähnlichen Initiativen?
Ich habe Kontakt nach Hannover. Dort haben Frau und Herr Mannherz eine mobile Zahnarztpraxis gegründet. Mit dieser helfen sie Obdachlosen aus der Stadt und dem Umland. So etwas brauchen wir auch. Deshalb habe ich die Initiatoren vom Zahnmobil Hannover besucht und Ratschläge erhalten. In Hamburg gibt es ein ähnliches Projekt und auch in Madagaskar wird von Deutschen ein Zahnarztmobil betrieben.

Wie beeinflusst die aktuelle Lage in Syrien Ihre Planungen?
Im letzten Jahr hat sich viel verändert. Früher war der Konflikt zwischen dem Volk und der Regierung. Jetzt mischen sich viele Strömungen in den Bürgerkrieg ein. Schon bei meinem letzten Besuch war die Reise nicht gerade leicht, aber jetzt ist die Sache noch komplizierter. Wir beraten uns schon mit Hilfsorganisationen, die dort vor Ort arbeiten, wo es Bedarf gibt und wo es sicher ist. Wir wollen unser Personal dort nicht in Gefahr bringen und auch auf das Auto muss geachtet werden, aber natürlich kann man nicht alles berechnen.

Wie sehr schränkt die fehlende Zahnmedizin die Menschen dort ein?
Zwar gibt es dort Hilfsorganisationen, aber bei der Zahnmedizin gibt es Lücken und wir hoffen, dass wir diese schließen können. Bei meinem Besuch dort mußte ich ein 4-jähriges Kind sehen, das seit langer Zeit Zahnschmerzen hatte. Die Mutter klagte, dass sie ihrem Jungen ständig Schmerzsaft geben musste, damit er schlafen kann. Und das, obwohl eine Behandlung, wenn möglich gewesen, nur eine halbe Stunde gedauert hätte.

Wenn das Projekt erfolgreich verläuft, haben Sie Planungen auch in andere Gebiete zu reisen oder andere Leute zu motivieren auch solche Aktionen zu starten?
Wenn wieder Ruhe in der Region ist, kann man auch das Projekt in andere Krisengebieten verlagern, zum Beispiel nach Afrika. Wir hoffen, dass die Krise in Syrien bald vorbei ist, aber so einen Wagen kann man immer gebrauchen. Man kann auch im Frieden helfen, beispielsweise indem man auf die Dörfer in der Umgebung fährt.

Sie sind Dozent an der Zahnmedizin und haben jetzt dieses große Projekt. Wie bekommen sie das alles unter einen Hut?
Wenn man die Zeit gut managt, dann geht das. Ich helfe lieber, als eine Stunde vor dem Fernseher zu sitzen. Wenn man helfen kann, warum sollte man das nicht tun?

Vielen Dank für das Gespräch.

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Spendenkonto:

Kontoinhaber    Lien e.V.
Kontonummer 88354100
Bankleitzahl       10010010
IBAN DE 36100 100 10 0088 354100
BIC/Swift      PBNKDEFF
Verwendungszweck Zahnmobil für Syrien

Wenn du Sponsor werden oder sachspenden möchten, kontaktiere Dr. Mohammad Alkilzy
 unter folgenden Kontaktdaten:
Email: alkilzy@lien-for-syrians.com

 

Foto: Tobias Bessert