Artikelbild Critical Mass-David VössingAm gestrigen Freitag, den 28. März, fand in Greifswald wieder eine Critical Mass statt. Etwa 30 Teilnehmer radelten gemächlich über die Greifswalder Hauptstraßen, um auf ihre Belange gegenüber dem motorisierten Verkehr aufmerksam zu machen. Erst kam es zu einer Autoschlange in der Anklamer Straße, dann zu einem kurzweiligen Stau in der Wolgaster Straße, da die Radfahrer von der Polizei gestoppt wurden.

Streit mit der Polizei

An der Ecke Wolgaster Straße/Karl-Liebknecht-Ring (Volksstadion) brachte die Polizei den geschlossenen Verband zum Stehen. Die Wolgaster Straße war durch Polizei und Radfahrer blockiert und es kam zu einem Verkehrsstau. Die beiden Polizisten warfen den Radfahrern vor, den Verkehr zu behindern und daher müssten sie auf den Radweg ausweichen. Die Radfahrer entgegneten, dass sie nach der Straßenverkehrsordnung (hier Paragraph 27 Absatz 1) als geschlossener Verband die Hauptstraße benutzen dürften, unabhängig von ihrer Geschwindigkeit.

Ist ein Bagger ein Verkehrshindernis?

Es kam zu einer längeren Diskussion. So fragten die Radfahrer, ob dann nicht auch ein Bagger mit etwa 20 Stundenkilometer eine Verkehrsbehinderung darstelle. „Sie sind aber kein Bagger“, wich ein Polizeibeamter der Frage aus und bemängelte, dass die Radfahrer nicht wie gesetzlich vorgeschrieben in Zweier-Reihen gefahren seien. Tatsächlich sind einige Radfahrer auch teilweise mindestens zu dritt nebeneinander gefahren. Erst wollte die Polizei die Weiterfahrt nur auf dem Radweg zulassen, nach Rücksprache mit dem Revier wurden Zweier-Reihen zugelassen.

Den Radfahrer folgten  länger werdenden Autoschlangen, sodass die Autofahrer zu gefährlichen Überholmanövern neigten.

Den Radfahrer folgten länger werdende Autoschlangen, sodass die Autofahrer zu gefährlichen Überholmanövern neigten.

Gefährliche Überholmanöver

Die Radtour führte die 30 Teilnehmer quer durch die Stadt  bei durchschnittlich 10 bis 15 Stundenkilometern. Dadurch fühlten sich einige Autofahrer provoziert, die meisten blieben aber ruhig. Die provozierten Autofahrer hupten teilweise lautstark und versuchten die Kolonne zu überholen, was bei Gegenverkehr gefährlich wurde, wenn die Autos wieder einschwenkten, obwohl sich rechts noch Radfahrer befanden. Bei den Überholvorgängen missachteten viele Autofahrer durchgezogene Linien oder fuhren auch mal verbotenerweise links an einer Verkehrsinsel vorbei. Diese Verstöße hat die Polizei nicht festgestellt, weil sie zu den Zeitpunkten nicht vor Ort war.

Brenzlige Situation im Kreisverkehr

Während der Radtour durch die Stadt wurden auch mehrere Kreisverkehre passiert, in denen die Radfahrer jeweils zwei oder drei Runden drehten. Da die Radfahrer in Verbänden wie ein Fahrzeug anzusehen sind, kam es zu einer brenzligen Situation im Kreisverkehr am Hauptbahnhof. Nachdem die Hälfte der Radfahrer in den Kreisverkehr eingefahren waren, sicherte ein Radfahrer die Zufahrt, indem er die in den Kreisel kommenden Autos zum Halten zwang. Ein Autofahrer, der hupend auf seiner Vorfahrt beharrte, lieferte sich ein unkonstruktives Wortgefecht mit dem Radfahrer. An den Zufahrten sind Verbotsschilder für Radfahrer montiert, ob diese auch für Radfahrer in  Verbänden gelten, ist juristisch nicht eindeutig.

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Wer hat Vorfahrt? Zu einer brenzligen Situation kam es im Kreisverkehr am Hauptbahnhof.

Critical Mass fordert Gleichstellung

Die Teilnehmer wollten mit ihrer Aktion auf ihre Belange gegenüber dem motorisierten Autoverkehr hinweisen. Dazu gehören die Slogans „we are traffic“ („Wir sind der Verkehr“) oder „Uns die Straße“. Die Aktionen, die keine angemeldete Demonstrationen sondern eher spontan sind, sollen den Straßenraum durch den Radfahrer teilweise zurückerobern. Damit soll der Radfahrer wie jeder anderer motorisierte Verkehrsteilnehmer gleichgestellt werden. In den vergangenen Jahren wurde der Fokus dahingehend verschoben, dass Radfahrer als gesondertes Objekt angesehen werden.  Dies zeigt sich vor allem in Radwegen, die den Radfahrer von Straße holen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Die Critical Mass soll immer am letzten Freitag im Monat stattfinden. Das ist der traditionelle Termin für solche Fahrten, den es auch in anderen Städten wie Rostock, aber auch Hamburg oder Berlin gibt. Auf Facebook kann man sich auf dem Laufenden halten. Bereits vor einigen Jahren und im letzten Sommer gab es monatliche Aktionen.

Ende am Marktplatz

Die etwa eineinhalbstündige Radtour führte von der Mensa am Schießwall durch die Anklamer Straße über die Walter-Rathenau- in die Wolgaster Straße, wo es zum Stopp mit der Polizei kam. Dann ging über den Karl-Liebknecht-Ring und die Beimlerstraße weiter und am Südbahnhof vorbei und über die Gützkower Land- und Osnabrücker Straße zurück über die Bahnhofstraße, bis die Tour am Marktplatz beendet wurde.

Zum Abschluss der Tour regten die noch übrig gebliebenen Teilnehmer ihre Fahrräder in die Luft.

Zum Abschluss der Tour reckten die noch übrig gebliebenen Teilnehmer ihre Fahrräder in die Luft.

Fotos: David Vössing